WOCHENBLATT-Interview mit Bürgermeister Jüppner
Neues aus »Jüppner-City«

Manfred Jüppner | Foto: Das Rathaus trägt die Hausnummer 2, doch in Mühlingen ist Bürgermeister Manfred Jüppner die Nummer ein. Im WOCHENBLATT äußerte er sich zu aktuellen Entwicklungen.swb-Bild: sw
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  • Foto: Das Rathaus trägt die Hausnummer 2, doch in Mühlingen ist Bürgermeister Manfred Jüppner die Nummer ein. Im WOCHENBLATT äußerte er sich zu aktuellen Entwicklungen.swb-Bild: sw
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Mühlingen. Mühlingen ist »Jüppner«-City. Denn Manfred Jüppner, seit 1983 Bürgermeister der Gemeinde, kennt fast jeden Pflasterstein, jeden Asphalt-Millimeter, jeden Dachziegel in der Kommune. Doch auch neue Aufgaben kommen auf den erfahrenen Verwaltungschef zu - wie die Breitbandversorgung, die ins Stocken geraten ist. Ein Gespräch mit dem Gemeindeoberhaupt über wichtige Mühlinger Themen.

WOCHENBLATT: Die Breitbandversorgung, das ehrgeizige, zusammen mit Eigeltingen betriebene Projekt, liegt nicht mehr im anvisierten Zeitplan.
Manfred Jüppner: Ja, aber diese Verzögerung liegt nicht in unserem Verantwortungsbereich. Wir mussten gezwungenermaßen das Fachingenieurbüro wechseln, und angesichts der übervollen Auftragsbücher sind wir froh, dass schnell ein Nachfolgebüro gefunden werden konnte. Aber das neue Büro musste sich erst in die Planung einarbeiten, so dass es zu Zeitverlusten gekommen ist. Und immer mehr Mitbürger wollen einen Glasfaseranschluss haben, deren Anschluss nicht im Ursprungsplan enthalten war. Das freut uns, und wir nehmen es als großes Kompliment für unsere bisherigen Bemühungen. Aber dadurch entsteht noch viel mehr Arbeit – und auch das braucht seine Zeit. Es ist auch nicht so, dass bisher nichts passiert ist: Das Leerrohrsystem mit einer Länge von über 30 Kilometern wurde bereits verlegt, und die Breitbandgesellschaft, an der wir beteiligt sind, bereitet gerade die Ausschreibung für das Einblasen der Glasfaser vor. Somit gehe ich davon aus, dass wir den Breitbandausbau nicht mehr in diesem Jahr abschließen können. Mit Kosten von etwa 4,5 Millionen ist es eines der größten Projekte der Gemeinde Mühlingen. Und dieses gehört nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde gehört. Die Politik nennt dies Marktversagen.
Hinzu kommt, dass die Thüga ihre Erdgasleitungen verlegt und wir Synergien nutzen wollen, um kostengünstig weitere Breitbandleerrohre legen zu können.

WOCHENBLATT: Mit den hohen Ausgaben für den Breitbandausbau konnten Sie sich wohl vom schuldenfreien Haushalt der Gemeinde verabschieden?
Manfred Jüppner: Wegen der günstigen Konditionen und dem sehr guten Angebot haben wir einen Kredit über 700.000 Euro bei der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) aufgenommen. Da wir gerade sehr viele Baustellen haben, war diese Geldaufnahme nötig, logisch und vernünftig. Doch durch die Verzögerung der Bauarbeiten beim Breitbandausbau sind wir sehr liquide. Wir hätten das Geld aus heutiger Sicht aus Liquiditätsgründen nicht gebraucht, sind jetzt aber froh die nötigen Finanzmittel für andere Investitionen verfügbar zu haben.

WOCHENBLATT: Viel Zeit hat die Gemeinde auch in das Naturschutzgebiet Schwackenreuter Seenplatte investiert. Gibt es aktuelle Entwicklungen?
Manfred Jüppner: Für die Schwackenreuter Seenplatte erstellt das Regierungspräsidium Freiburg gerade Managementpläne mit dem Ziel, dass sich bestimmte Arten und Pflanzen in gewünschte Richtungen entwickeln. Die Aktion erfordert einen hohen personellen und finanziellen Aufwand, und ich bin von ihrem Nutzen nicht überzeugt. Schließlich gelten im Naturschutzgebiet ja schon strenge Vorschriften, so dass viele Eingriffe gar nicht möglich und zulässig sind. Ich bin dafür, die Natur sich selbst zu überlassen und dieser keine Regel überzustülpen.

WOCHENBLATT: Investiert wird auch in Baugebiete?
Manfred Jüppner: Ja, Bauplätze und Wohnungen sind sehr gefragt, es herrscht Wohnungsmangel und darum sind wir kräftig am Erschließen von Baugebieten. Im erweiterten »Oberen Haldenäcker« in Zoznegg wurde eine kleine Erschließungsstraße gebaut, in »Vettersbrunnen-Breite II« in Mühlingen mit 26 Plätzen laufen die endgültigen Erschließungsmaßnahmen, »Im Grün« in Gallmannsweil haben wir zehn Plätze, und im Baugebiet »Göhren«, ebenfalls in der Kerngemeinde, sind 17 Bauplätze entstanden. Etwa zwei Drittel der Plätze Im Göhren sind schon vergeben, aber wir wollen nicht alle unsere Grundstücke sofort verkaufen, sondern noch Reserven behalten. Die Ausschreibung für die Erschließung des Baugebiets »Breite-Greithofösch II« in Zoznegg haben wir wegen des zu erwartenden Preisanstiegs von rund 70 Prozent auf den Spätherbst oder Winter verschoben. Die Plätze sollen im Sommer 2019 baureif sein.

WOCHENBLATT: Zoznegg kann ja auch mit der in privater Trägerschaft geführten Gemeinschaftsschule punkten. Ist dieses Projekt ein Standortvorteil?
Manfred Jüppner: Dafür sprechen zumindest die Schülerzahlen. 74 Jungen und Mädchen werden mit Start des neuen Schuljahres an der »Weiherbachschule« unterrichtet, mit jedem Jahrgang kommen etwa 30 Schüler hinzu, und die Nachfrage ist sehr gut. Doch finanziell kommt die Schule jetzt in das kritische dritte Jahr. Denn neu gegründete Schulen in privater Trägerschaft erhalten ja erst nach drei Jahren eine staatliche Unterstützung. Die ersten beiden Jahre haben die Verantwortlichen gut hinter sich gebracht – auch dank des Zuschusses der Gemeinde in Höhe von etwa 150.000 Euro im Jahr. Doch in diesem dritten Jahr werden dringend sehr hohe private Spenden benötigt. Ich halte die Gemeinschaftsschule im Sinne einer weiteren Wahlmöglichkeit neben Realschule und Gymnasium für Eltern und Schüler für sehr wichtig.

WOCHENBLATT: Die Flüchtlingsthematik beschäftigt die Republik. Ist das auch in Mühlingen ein Thema?
Manfred Jüppner: In Mühlingen leben etwa 20 Flüchtlinge in gemeindeeigenen Wohnungen, weitere sind privat untergekommen oder zählen nicht mehr zum Personenkreis der sogenannten Anschlussunterbringung. Diese Menschen machen uns keine Probleme. Das Problem ist, dass es an Wohnraum fehlt. Vor allem, weil in den Gemeindewohnungen auch obdachlose Deutsche untergebracht werden müssen. Aber hier versuchen wir, wie gesagt, durch die Ausweisung von Bauland den Markt zu entlasten. Gleichwohl suchen wir Wohnraum für diesen Personenkreis.

WOCHENBLATT: Wie geht es den jungen Männern, die noch immer unter den Folgen des Brandunglücks vom September 2014 in Gallmannsweil leiden?
Manfred Jüppner: Die vier jungen Männer sind auf einem guten Weg, denn sie befinden sich alle in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung. Wegen der schwer wiegenden Verletzungen sind aber immer wieder Behandlungen oder kleinere operative Eingriffe nötig. Auf dem Spendenkonto befinden sich noch etwa 200.000 Euro, die wir auch in den nächsten Jahren für Leistungen einsetzen werden, die die Kassen nicht übernehmen. Dazu gehören zum Beispiel Kuraufenthalte. Wobei sich die Krankenkassen bislsng sehr großzügig gezeigt haben. Und alle Vier bekommen aus den Spendenmitteln eine finanzielle Ausbildungsbeihilfe.

WOCHENBLATT: Viele Bürgermeister-Urgesteine wie Alfred Mutter oder Artur Ostermaier sind ja inzwischen nicht mehr in Amt und Würden, Peter Kessler aus Moos hat sein Amt vor Ablauf der Wahlperiode zur Verfügung gestellt. Sie sind seit 1983 Bürgermeister von Mühlingen. Wie sind Ihre Zukunftspläne?
Manfred Jüppner: Ich werde im November 66 Jahre alt, und für mich gelten noch die von der vorherigen grün-roten Landesregierung erlassenen Vorschriften. Mit 68 Jahren, also in zwei Jahren, müsste ich aufhören oder bei Neuwahlen noch einmal antreten. Im Falle einer Wiederwahl könnte ich noch bis zu einem Alter von 73 Jahren im Amt bleiben. Aber das ist Zukunftsmusik. Darüber habe ich mir noch keine tieferen Gedanken gemacht.

- Matthias Güntert

Autor:

Redaktion aus Singen

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