50 Jahre Landkreis Konstanz
Narrengericht und WOCHENBLATT krönen die Top-5-Angeklagten der Geschichte
Stockach. Als das WOCHENBLATT seine Leser nach Bildern und Geschichten aus den vergangenen 50 Jahren Landkreis Konstanz fragte, waren es die Narren aus Stockach, die als erstes den Finger hoben. Überraschend war das nicht, blickt doch das Stockacher Narrengericht selbst auf eine illustre Geschichte zurück. Und so kamen WOCHENBLATT und Narren zusammen, um die Top-Angeklagten der vergangenen fünf Jahrzehnte zu krönen.
Platz 5 – Angela Merkel
Im Jahr 2001 musste sich die damalige CDU-Bundesvorsitzende und spätere Bundeskanzlerin und „Mutter der Nation“. Angela Merkel, vor dem Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stockach verantworten. Die Anklage warf ihr vor, Gläser immer nur halbvoll einzuschenken, den badischen Dialekt zu verabscheuen und sich mit Gregor Gysi zu treffen. Die Narren sprachen die CDU-Politikerin schuldig. Dies war aber nicht das Ende der Geschichte: Die Verurteilte weigerte sich über Jahre beharrlich, ihre Strafe zu begleichen. Erst ein Mahnbrief im Jahr 2008, der von einer aufmerksamen Stockacher Bürgerin verfasst wurde, brachte sie zur Besinnung und sie beglich ihre Schuld von eineinhalb Eimern Wein – inklusive Verzugszinsen.
Platz 4 – Frank-Walter Steinmeier
Der damalige Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag und heutige Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, stand im Jahre 2011 in Stockach vor Gericht. Die Klagepunkte: Verrat an den Linken und Betrug. Scheinbar versuchte der Beschuldige, das Gericht zum Narren zu halten, indem er als Friedrich Engels – einem der Väter des Marxismus – auftrat. Sein Bekannter aus Studienzeit und Dann-Intendant am Stadttheater Konstanz, Christoph Nix, mimte passend dazu den Karl Marx. Die Scharade flog allerdings auf. Nicht zuletzt, weil dem Beklagten während der Verhandlung der angeklebte Bart abfiel. Steinmeier wurde schuldig gesprochen und zur Rekordstrafe von viereinhalb Eimern Wein verurteilt. Nachtragend ist Steinmeier offensichtlich nicht: Erst vor kurzem statteten die Narren dem Verurteilten einen Besuch im Schloss Bellevue in Berlin ab.
Platz 3 – Renate Künast
Nicht nur die großen Parteien mussten sich vor dem Narrengericht in Acht nehmen. 2010 erfuhr die Bundesfraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, dass auch die kleineren Parteien im Auge behalten werden. Die Anklage wog schwer: Machtgeilheit, Gewaltbereitschaft und Wahnvorstellungen. Dass die Grünen Meister im Reden sind, haben sie vor dem Narrengericht des Öfteren bewiesen und auch Künast hat sich – wenn man den Narren Glauben schenkt – recht gut geschlagen. Genützt hat es ihr nichts: Sie wurde schuldig gesprochen und zu eineinhalb Eimern Wein verurteilt. Zudem musste sie bei der Stockacher Bürgermeisterwahl kandidieren. Letzteres ist sie allerdings schuldig geblieben.
Platz 2 – Peter Müller
Ins Saarland ging die Anklageschrift im Jahr 2005, als der damalige Ministerpräsident und heute Bundesverfassungsrichter, Peter Müller, in Stockach antreten musste. Ihm wurden klägliche Schauspielerei, Selbstüberschätzung, Machtbesessenheit und Prinzipienlosigkeit vorgeworfen. Die Verhandlung nahm allerdings eine überraschende Wende. Offensichtlich konnte er das Narrengericht auf seine Seite bringen. Denn als bisher einziger Angeklagter wurde Peter Müller in sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen. Um die Weinversorgung abzusichern, wurde ihm aber wegen Ungebührlichkeit gegenüber dem Gericht eine Ordnungsstrafe von zwei Eimern Wein auferlegt.
Platz 1 – Franz Josef Strauß
Für das Siegertreppchen geht es weiter in der Geschichte zurück. So weit, dass sich sogar die Narren nicht mehr besinnen können, warum sich dieser Angeklagte vor Gericht verantworten musste. 1979 saß der damalige Ministerpräsident von Bayern, Franz Josef Strauß, auf der Anklagebank. In Erwartung einer großen Zuschauerschaft hatten die Narren vorsorglich die Contravis-Halle angemietet. Aufsehen erregte Strauß dadurch, dass er per Hubschrauber anreiste. Wie auch immer die Anklage lautete, das Narrengericht sprach den Bayern schuldig. Und weil er aus Bayern kam, durfte er ausnahmsweise die Strafe in Bier statt in Wein bezahlen.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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