Aktion gegen Wissenslücken für 6. Klassen
"Meet a Jew" im Nellenburg-Gymnasium

David und Gregor warem im Rahmen der Aktion "Meet a Jew" des Zentralrats der Juden in Deutschland in die sechsten Klassen des Nellenburg-Gymnasiums Stockach gekommen, um damit auch Unwissen zu minimieren. | Foto: Heimbach/ NBG
  • David und Gregor warem im Rahmen der Aktion "Meet a Jew" des Zentralrats der Juden in Deutschland in die sechsten Klassen des Nellenburg-Gymnasiums Stockach gekommen, um damit auch Unwissen zu minimieren.
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Stockach. „Wer von euch kennt einen Juden oder eine Jüdin?“, fragen Religionslehrer Gunter Heimbach und Ethiklehrerin Angela Wolf-Lenz die Schüler der 6. Klasse zu Beginn ihrer Unterrichtsstunde im Stockacher Nellenburg-Gymnasium. Niemand meldete sich. Kein Wunder! Nur etwa 100.000 Menschen jüdischen Glaubens leben in Deutschland. Das erläuterte David, der mit seinem Freund Gregor genau in dieser Unterrichtsstunde in der 6c zu Gast war. Die beiden Jungen sind deutsche Juden. Sie stellten sich den Fragen der Kinder am Nellenburg-Gymnasium.

Was essen Jüdinnen und Juden? Dürfen sie sich tätowieren lassen? Wie viele Juden tragen eine Kippa? Viele Jugendliche wissen nur sehr wenig über den Alltag jüdischer Menschen in Deutschland.

Die Initiative „Meet a Jew“ hat sich zum Ziel gesetzt, das zu ändern. Unter dem Motto „Miteinander reden, statt übereinander“ kommen jüdische Jugendliche an Schulen oder in Vereine und geben Einblicke in ihren Alltag und beantworten Fragen. Das Projekt des Zentralrats der Juden will in lockerer Gesprächsatmosphäre persönliche Begegnungen ermöglichen.

Das Thema Holocaust soll dabei eher am Rande vorkommen. Vielmehr geht es um die Gegenwart. „Meet a Jew“ ermöglicht einen offenen Austausch und einen unbefangenen Zugang zum modernen jüdischen Leben in Deutschland. Bundesweit engagieren sich über 300 Jüdinnen und Juden ab 14 Jahren ehrenamtlich im Projekt. Ziel der Begegnung ist es, das oft verfestigte Bild von Juden in der Gesellschaft aufzubrechen und eine Vielzahl von authentischen jüdischen Stimmen und Perspektiven vorzustellen.

Die Fachschaften Religion und Ethik in der Abteilung Gesellschaftswissenschaften des Nellenburg-Gymnasiums haben am vergangenen Mittwoch vor der Fastnacht an diesem Programm teilgenommen. Schülerinnen und Schüler aller 6. Klassen kamen dabei ins Gespräch mit jüdischen Jugendlichen und Erwachsenen. Sie erfuhren, dass keineswegs alle Juden religiös sind, dass sie in vielen Dingen ähnlich „ticken“ wie nichtjüdische Jugendliche.

Sie lernten etwas über jüdische Feste und Bräuche. Und vor allem, sie lernten jüdische Menschen kennen, die sehr unterschiedlich sind. Im Vordergrund stand weniger die Vermittlung von Wissen, sondern der lebendige Austausch auf Augenhöhe.
„Wir haben die 6. Klassen für dieses Projekt ausgewählt, um frühzeitig etwas gegen Falsch- oder Unwissen zu unternehmen,“ erläutert Susanne Schlemmer, Abteilungsleiterin am Nellenburg-Gymnasium.

Eine solche Begegnung bewirkt, was normaler Schulunterricht nicht erreichen kann. Wer Juden persönlich kennt, ist weniger anfällig für Stereotype und Vorurteile.
So erfuhren die Nellenburg-Kids, dass jüdische Jugendliche genau wie sie auch gerne Fifa, Rocket League oder Fortnite zocken, dass bei vielen allerdings am Sabbat das Handy und andere elektronische Geräte ausbleiben. Noch nicht einmal die Bundesliga- Ergebnisse werden dann am Samstag abgerufen.

David und Gregor erzählten aber auch, wie sie als Schüler blöde Bemerkungen und Witze im Unterricht aushalten mussten, als dort der Holocaust durchgenommen wurde. Es machte die Sechstklässler betroffen, als die beiden Jungen erzählten, dass viele Synagogen in Deutschland heute von der Polizei geschützt werden müssen.

Die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer am Nellenburg-Gymnasium sind begeistert von der Aktion. Die Fachschaften Religion und Ethik wollen das Projekt in den folgenden Jahren fortführen. In Zeiten von wachsendem Antisemitismus ist ein solches Projekt ein Baustein zur Demokratieerziehung. Und das wiederum ist eine wichtige Aufgabe, die Schulen in der heutigen Gesellschaft zukommt.

Text von: Angela Wolf Lenz

Autor:

Presseinfo aus Singen

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