ETO Magnetic als größter Arbeitgeber der Stadt feiert 70. Geburtstag
Ihr Herz schlägt in Stockach
Stockach. Keine Geburtstagsparty ohne Geburtstagskuchen! Die riesige Torte mit den schmackhaft versteckten Kalorien schnitt Dr. Michael Schwabe mit sichtlichem Wohlbehagen an - und es war auch höchste Zeit, denn hinter dem Geschäftsführer hatte sich bereits eine Schlange Wartender gebildet. Selbst in der Warteschleife sieht sich ETO Magnetic indes nicht: Die Firma im Stockacher Industriegebiet »Hardt« ist nach eigenen Angaben auch zum 70. Geburtstag auf einem guten Weg. Etwa 2.300 Menschen, davon rund 1.000 in Stockach, arbeiten an sieben Standorten für das Unternehmen, erklärte Michael Schwabe beim Festakt zum Jubiläum in der neu errichteten Firmenhalle. Und der Umsatz von 300 Millionen Euro im Jahr 2017 kann im laufenden Jahr wohl auf 350 Millionen gesteigert werden. Ein jährliches Wachstum von fünf bis acht Prozent sei angepeilt, derzeit seien es aber zehn Prozent. 1.200 verkaufsfähige Produkte hat ETO nach den Worten seines Geschäftsführers zu bieten, 95 Produktfamilien gehören zu ihrem Portfolio, und 1,3 Verkaufsprodukte würden pro Sekunden im Durchschnitt entstehen.
Zwei Botschaften wurden am Samstagnachmittag, 30. Juni, beim Festakt quer durch viele Redebeiträge deutlich. Einmal das klare Bekenntnis zum Standort Stockach. »Das Herz der ETO-Gruppe ist und bleibt in Stockach«, erklärte Karl F. Maierhofer von der ETO-nahen Christa- und Hermann-Laur-Stiftung. Und diese Aussage gelte trotz aller Internationalität. Und die zweite Botschaft war, dass der ETO-Erfolg auch auf die Schaffenskraft der Mitarbeiter zurückzuführen sei.
Weinerlichkeit, Zukunftsängsten und Klageliedern zeigte Professor Claudius Marx von der IHK Hochrhein-Bodensee die rote Karte: 1948, das Gründungsjahr der ETO, der Elektroteile Oberuhldingen, sei ein Jahr voller Unsicherheiten gewesen. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten das deutsche Wirtschaftswunder, die Fortschritte in der Bildung eines europäischen Binnenmarkts und die Entwicklung der Bundesrepublik noch nicht abgesehen werden. Dennoch hätten Christa und Hermann Laur den Schritt zur Firmengründung gewagt. Heute, in der Rückschau, wüssten die Nachgeborenen, dass die beiden Unternehmer recht daran taten - doch damals war das nicht klar. Auch heute würde wieder Unsicherheit herrschen, so Claudius Marx. Auf vielen Veranstaltungen würden die Digitalisierung und ihre viel zu langsame Umsetzung und damit der Untergang Deutschlands beschworen: »Nach zwei solchen Veranstaltungen und einem Fußballspiel könnte man fast depressiv werden.« Das aber sei nicht nötig: Denn trotz Digitalisierung und Fortschritt würde es auch immer Menschen brauchen, die sie bedienen, entwickeln und umsetzen. Ohne die Hardware würde es niemals gehen. Beispiel: automatisiertes Fahren. Dazu seien Menschen nötig, die etwa für die Sicherheit im Straßenverkehr und andere Voraussetzungen sorgen würden. Claudius Marx sieht also in einer sich rasch verändernden Welt Grund für Optimismus und Zukunftsfreudigkeit.
SPD-Stadtrat Thomas Warndorf hieb indessen in Vertretung von Bürgermeister Rainer Stolz herzerfrischend auf die Großen der Weltpolitik ein. Beim Überbringen der Geburtstagswünsche an den größten Arbeitgeber der Stadt fand der bekennende Sozialdemokrat deutliche Worte: Testosteron gebeutelte Akteure wie Donald Trump, Recep Tayyip Erdoğan, Wladimir Wladimirowitsch Putin und andere »bis nach Bayern hinein« müsste niemand fürchten: »Gemeinsam wollen wir weiterhin stark bleiben« Dann seien diese Bedrohungen kein Thema mehr. Reiner Horlacher von der Bodensee Standort Marketing GmbH in Konstanz gratuliere im Namen von Landrat Frank Hämmerle zum runden Geburtstag.
Karl F. Maierhofer machte einen Rückblick in die ETO-Historie: 1948 im Gründungsjahr sei die Lage im zerbombten Nachkriegsdeutschland schwierig gewesen. Doch im Unterschied zu heute habe eine Stimmung von Aufbruch und Aufschwung die Menschen angetrieben und habe auch Unternehmerpersönlichkeiten wie Christa und Hermann Laur ergriffen. Das Ehepaar war kinderlos und machte sich Sorgen um die Zukunft seines Lebenswerks. Die anfängliche Idee, die Firma den Mitarbeitern zu übereignen, sei an der zu erwartenden Erbschaftssteuer gescheitert. Der habe da Beispiel der Robert-Bosch-Stiftung die Idee zur Gründung einer Stiftung reifen lassen. Nach dem unerwarteten Tod von Hermann Laur 1979 wurde die Idee in der Tat umgesetzt.
Die ETO befand sich danach auch unter der Leitung von Gerhard Straub auf einem guten Weg, so Karl F. Maierhofer. Und an ihren beiden damaligen Standorten in Oberuhldingen und Eigeltingen stieß die Firma an ihre räumlichen Grenzen. Daher sei, auch durch den Einsatz des damaligen Bürgermeisters Franz Ziwey, 1992 der Umzug nach Stockach erfolgt. Die Firmenchefs, so Karl F. Maierhofer, hatten damals Fähnchen in eine Landkarte gesteckt, wobei jedes Fähnchen den Wohnort eines Mitarbeiters markierte. Die meisten Fähnchen sammelten sich in Stockach - und auch so war der Standortwechsel beschlossene Sache. Und trotz Internationalität schlägt hier weiterhin das Herz der Firma.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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