WOCHENBLATT-Interview mit dem Beklagten 2020 vor dem Narrengericht Stockach, Cem Özdemir.
»Habe früh gelernt, alle Angriffe abzuwehren«

Cem Özdemir närrisches Interview | Foto: Der Beklagte vor dem Narrengericht Stockach, Cem Özdemir, trat dort bereits 2015 als Zeuge auf. Er stellte sich dem WOCHENBLATT zum närrischen Interview. swb-Bild: Archiv/sw
  • Cem Özdemir närrisches Interview
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Stockach. Das WOCHENBLATT sprach im närrischen Interview mit dem diesjährigen Beklagten vor dem Stockacher Narrengericht, dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir.

WOCHENBLATT: Sie haben bereits Erfahrung bei der Verhandlung 2015 als Zeuge für den Beklagten Peter Altmaier sammeln können. Wird Ihnen das zugute kommen?
Cem Özdemir: Ja und Nein. Zum einen habe ich natürlich reichlich Erfahrung gesammelt und weiß, was mich erwartet. Zum anderen sind Kläger und hohes Gericht vermutlich immer noch sauer, weil ich mit meiner exzellenten Entlastungsstrategie für den Saarländer Altmaier ein so mildes Urteil erwirken konnte und ihnen so jede Menge Strafwein durch die Lappen ging.

WOCHENBLATT: Wie sehr zittern sie vor Kläger Wolfgang Reuther? Als CDU-Mann wird er nicht zimperlich mit Ihnen als Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen umgehen?
Cem Özdemir: Mittlerweile kenne ich die Anklagepunkte und es gibt wahrlich keinen Grund zum Zittern. Leider sind die Vorwürfe alle streng geheim. Das liegt sicher daran, dass der Kläger selber weiß, dass sie allesamt völlig haltlos sind. Trotzdem halte ich mich besser an die strenge Vertraulichkeit. Andernfalls würde mich vor dem hohen Gericht vermutlich viel Grobes und wenig Günstiges erwarten.

WOCHENBLATT: Wie froh sind Sie, in Ihrer Ecke den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, als Zeugen zu haben?
Cem Özdemir: Der Beistand von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist natürlich Gold wert. Er ist ja quasi eine eigene Instanz. Eine Eminenz von unzweifelhafter Integrität und tadellosem Leumund.

WOCHENBLATT: Wie viel ist seine Unterstützung wert?
Cem Özdemir: Er ist nicht nur unglaublich Fasnets-erfahren, er saß ja selbst schon einmal auf der Stockener Anklagebank. Mit seinen drei Eimern plus 200 Litern Bier kam er ja leider wenig günstig davon. Wir kennen uns schon so lange, er kann für mich bürgen. Am Ende kann mit einem solchen Leumund nur ein Freispruch stehen.

WOCHENBLATT: 2018 erhielten Sie die Goldene Narrenschelle der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. Reicht das, um in Stockach landen zu können?
Cem Özdemir: Ich bin, seit ich Peter Altmaier rausgeboxt habe, Stockacher Laufnarr und habe nach meiner eigenen Narrenschellen-Verleihung im Folgejahr die Laudatio für meinen Nachfolger, den Freiburg-Trainer Christian Streich gehalten. Einerseits schwer vorstellbar, dass das hohe Gericht einen der ihren verurteilt. Andererseits dürstet es sie natürlich nach dem Strafwein… Von dem darf sich das Gericht übrigens im unwahrscheinlichen Falle einer Verurteilung allerdings nicht allzu viel versprechen – ich bin ja bekanntermaßen ein Schwabe, mehr als ein Drei-Männer-Wein ist da nicht drin.

WOCHENBLATT: Das Narrengericht spricht betont ihre »gefürchtete und manchmal nervige, gar herabwürdigende Schwertgosch«. Besteht auch hier die Gefahr, dass Sie sich um Kopf und Kragen reden?
Cem Özdemir: (lacht) Von solchen Provokationen im Vorfeld lasse ich mich nicht kleinmachen! Um freigesprochen zu werden, rücke ich mit allen zur Verfügung stehenden rhetorischen Kniffen an.

WOCHENBLATT: Mit welchen Charaktereigenschaften wollen Sie der Strafe entgehen?
Cem Özdemir: Ich bin ja nicht bekannt dafür, vor schwierigen Aufgaben wegzulaufen. Als Arbeiterkind überzeuge ich das hohe Gericht mit schwäbischem Fleiß und pietistischer Bescheidenheit. Als ehemaliger Handballtorwart habe ich schon früh gelernt, alle Angriffe abzuwehren.

- Marius Lechler

Autor:

Redaktion aus Singen

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