Stockacher Schulleiter für dreigliedriges Schulsystem
»Gemeinschaftsschule ist ein Experiment«

Foto: Für das dreigliedrige Schulsysten; Michael Vollmer vom »Nellenburg-Gymnasiums«, Manfred Kehlert von der Realschule und Wolf-Dieter Karle von der Grund- und Werkrealschule Stockach (GuW).swb-Bild: sw
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Stockach (sw). Eine Lanze für das dreigliedrige Schulsystem brechen Michael Vollmer vom »Nellenburg-Gymnasium«, Manfred Kehlert von der Realschule und Wolf-Dieter Karle von der Grund- und Werkrealschule (GuW) in Stockach. Auch mit Blick auf die Gemeinschaftsschule in Eigeltingen meinen die Schulleiter: Ihre Schulformen haben sich bewährt.

In der Aufteilung der Schüler auf die verschiedenen Schularten nach Klasse vier sehen die Rektoren keine Sortiererei: Erfahrene Pädagogen würden den Eltern einen neutralen Rat zur Schulwahl geben, so Wolf-Dieter Karle. Probleme gibt es dabei aus Sicht von Michael Vollmer erst, seit die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung aufgehoben wurde und die Eltern frei entscheiden können. Das würde in manchen Fällen zu überforderten Schülern führen.

Baden-Württemberg hatte seiner Meinung nach über Jahrzehnte ein erfolgreiches Schulmodell, das trotz Dreigliedrigkeit auch höhere Abschlüsse ermöglicht habe: 58 Prozent der Stockacher Realschüler und 30 Prozent der Absolventen der Werkrealschule würden nach der zehnten Klasse auf ein berufliches Gymnasium gehen. Eine »Abschulung« der Kinder und Jugendlichen, also der Wechsel von Gymnasium auf Realschule oder Realschule auf die Hauptschule, würde nach Möglichkeit vermieden: »Wir versuchen, unsere Kinder, soweit es geht, mitzunehmen.« Und das gelingt laut Manfred Kehlert auch: An der Realschule hätten von 710 Schüler nur 1,2 Prozent die Klasse wiederholen müssen.

Die Gemeinschaftsschule muss sich dagegen nach Ansicht der Pädagogen erst bewähren. Sie sei ein Experiment und könne noch keine Abschlüsse vorweisen - im Gegensatz zum etablieren dreigliederigen Schulsystem. Man müsse von der optimal-visionären Vorstellung von Gemeinschaftsschule Abstand nehmen, so Wolf-Dieter Karle. Sie ist seiner Ansicht nach nicht das allein selig Machende - im Schuljahr 2012/'13 hätten sich in Stockach von 96 Schülern nur drei für die Gemeinschaftsschule entschieden.

Auch mit der Idee des gemeinsamen Lernens haben die Schulleiter ihre Probleme. Manfred Kehlert: »Nicht alle Schüler sind gleich begabt. Daher ist es wichtig, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten gefördert werden und zu einem Abschluss kommen.« Er finde den Tenor der Gemeinschaftsschulen »Wir machen alles« spannend. Denn gerade am Beispiel der Inklusion könne man sehen, wie viele Hürden bei einer gemeinsamen Beschulung zu nehmen seien: »Für jedes Kind muss es entsprechend seiner Begabung eine Schule geben.«

Die Lernformen an der Gemeinschaftsschule werden zudem auf den Prüfstand genommen. Manfred Kehlert stellt klar, dass es neue Lernformen auch im dreigliedrigen Schulsystem geben würde. Und, so Wolf-Dieter Karle, die Kinder bräuchten Führung, und der Lehrer könne nicht nur Lernbegleiter sein. Das habe in den 70er und 80er Jahren die Benutzung des Sprachlabors im Fach Englisch gezeigt - dieses Modell sei grandios gescheitert. Michael Vollmer ergänzt, dass auch Spitzenschüler sich dagegen wehren würden, wenn die schulische Interaktion zwischen Lehrer und Schüler ausgeblendet würde.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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