Benefizkleinkunst im Adler Post
Florian Wagner – der Schalk am Klavier

- Mit seinem hoch unterhaltsamen Programm sorgte Musikkabarettist Florian Wagner im Adler Post mehrfach für Begeisterungsströme.
- Foto: Walter Tankred
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Stockach. Es passiert ja nicht oft, dass man in ein Konzert geht, um mal ein richtig schlechtes Lied zu hören. In Stockach geschah dies aber kürzlich. Denn dort war am 26. April der aus München stammende Musikkabarettist Florian Wagner im Bürgerhaus Adler Post zu Gast und gab sich bei einem vom Lions Club Stockach organisierten Benefizkonzert die Ehre.
Im Programm stand auch ein „Schlechtes Lied“, welches unter anderem durch eine schlechte Melodie, schlechte Reime, ein schlechtes Solo, unerwartete Pausen, schlechten Rhythmus, ein paar Wiederholungen, die nerven und stör‘n, ein paar Wiederholungen, die nerven und stör’n und Wiederholungen, die nerven und stör’n, glänzte. Nicht zu vergessen die Wiederholungen, die nerven und stör’n. Doch dazu später.
Was Florian Wagner zu einem Ausnahmekünstler macht, ist seine äußerst sympathische Art, mit dem Publikum umzugehen – so bewiesen gleich zu Beginn der Veranstaltung. Hier wurden einige Zuspätkommer in ein äußerst amüsantes Gespräch mit dem Künstler verwickelt, welcher wissen wollte, woher die Personen jetzt erst kamen, die Veranstaltung hätte ja schließlich schon angefangen. Die Antworten der Befragten wurden vom Künstler derart witzig kommentiert, dass das Publikum sich bereits in den ersten zehn Minuten kaum noch halten konnte vor Lachen. Was für ein gelungener Einstieg.
Im Laufe des Konzertes kam es dann immer wieder zu Lachanfällen seitens des Publikums, welches der Künstler schon allein durch die Liedtitel auf seine Seite gezogen hatte. Songs wie „Der größte Penis auf der Welt“ oder „Ich liebe Hitler und hasse Kinder“ schienen zwar im ersten Moment weder jugendfrei noch politisch korrekt zu sein, entpuppten sich aber zum Beispiel als großartige Persiflage des Körperkults der Gangsterrapper-Szene oder waren eigentlich eine Ode an den Kontext. (Bemerkung des Autors: Kontext ist das Drumherum einer Information, ohne welches sich selbst der klügste Satz so verloren fühlt, wie ein Pinguin in der Wüste). Wagner sitzt definitiv der Schalk im Nacken. So auch beim Song „Dates, die ich seit meiner letzten Show hatte“, der darum gar nicht erst anfing. Oder auch seinen Ideen, die nicht für einen ganzen Song gereicht haben.
Welch Glück für Stockach, dass es sich Wagner überhaupt hatte einrichten können, die Einladung zum Gastspiel wahrzunehmen. Nach eigenen Worten nämlich sei sein Terminkalender eigentlich schon voll gewesen. Ein freier Termin habe sich erst ergeben als Wagner einen neuen, noch leeren Terminkalender gekauft habe. Doch Scherz beiseite: Der blutjunge und dazu auch noch nett anzuschauende Sänger, Pianist, Komponist, Arrangeur und Kabarettist mit freundlichen, braunen Augen, welcher an der Hochschule für Musik und Theater München Schulmusik und Gehörbildung studierte, ist nämlich ein vielbeschäftigter Mann. Er lehrt sowohl an der Hochschule für Musik und Theater als auch an der Ludwig-Maximilians-Universität schulpraktisches Klavierspiel, war 2015 der Pianist der Tour-Version des Musicals „Ich war noch niemals in New York“ und 2016 von „Tanz der Vampire“ und war der musikalische Leiter des Musicals „Sarg niemals nie“ in der Berliner Neuköllner Oper in 2014. Das Musical „Perfect Town“, zu welchem er die Musik komponiert hatte, wurde 2015 uraufgeführt. Mit seinem Bruder Dominik Wagner gibt es das Duo „Ass-Dur, das regelmäßig in Deutschland auf Tournee ist. Und auch mit dem Programm „The Flo must go on“ tourt Wagner durch deutsche Lande und generiert immer mehr Fans.
Kein Wunder also, dass Viele im Publikum bereits die Liedtexte mitsingen konnten und den Künstler feierten, wenn er selbst arrangierte Medleys der 80er, 90er und 00er Jahre zum Besten gab. Äußerst erheiternd waren auch seine Paraphrasen bekannter Popsongs wie Britney Spears‘ „Oops, I did it again“ im Stil von Rachmaninow oder Helene Fischers‘ „Atemlos“ als stamme es aus der Feder von J.S. Bach. „Man müsste Klavier spielen können. Wer Klavier spielt, hat Glück bei den Frau’n“, hatte Johannes Heesters bereits 1941 gesungen und bis heute wohl Recht behalten.
Die Veranstalter des Benefizkonzert, der Lions Club und das Stockacher Kulturzentrum freuten sich über die eifrig herbei geströmten Zuschauer, die den Saal komplett füllten. Durch die Veranstaltung konnte eine beachtliche Summe eingenommen werden, die zwei zentrale Förderprojekte des Lions Clubs unterstützt: Einerseits kommt das Geld dem ökumenischen Projekt „Ferienfreiplätze Bodman-Ludwigshafen“ zugute, das Kindern aus einkommensschwachen Familien eine erholsame Ferienzeit am Bodensee ermöglicht. Andererseits wird der Schüleraustausch zwischen dem Nellenburg-Gymnasium und seiner Partnerschule im ukrainischen Lemberg finanziell gefördert. In seiner Ansprache dankte der Präsident des Lions Clubs Stockach, Nikolaus Langner, dem Publikum und den Sponsoren für ihre großzügige Unterstützung sowie dem Stockacher Kulturzentrum – vertreten durch Sabine Luther-Kögel – für die gelungene organisatorische Begleitung des Abends.
von Walter Tankred


Autor:Redaktion aus Singen |
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