Ukraine-Kinder zu Gast in Stockach
Eine andere neue Welt
Stockach (sw). Der junge Mann hat‘s drauf. Alex, so erklärt Stockachs Bürgermeister Rainer Stolz, habe ihn ständig im Tischtennis besiegt. Er sei einfach zu ungeduldig gewesen und habe den Ball ständig über den Tisch geschlagen - und so hatte der Junge die Nase vorn. Alex hält sich zusammen mit sechs anderen Kindern und Jugendlichen aus Krementschuk und Komsomolsk in der Ukraine zum Erholungsurlaub in Stockach auf. Seit Freitag, 16. August, erleben die Neun- bis 17-Jährigen zusammen mit ihren Betreuerinnen Julia Ivakina und Chylj Ljubow sowie Übersetzer Pawlo Holubowytsch spannende Tage mit einem abwechslungsreichen Programm - Besuch im »Sea Life« in Konstanz, Vorführungen der Polizeihundestaffel, Abstecher zum Rheinfall nach Schaffhausen oder einen Besuch beim Hofgut Braunenberg. Das hat Tradition: Seit 2006 kommen Kinder und Jugendliche, die im Reha-Zentrum für Menschen mit Behinderungen in Krementschuk betreut werden, im Sommer auf Einladung der Stadt nach Stockach. Ermöglicht werden diese Ferientage durch Sponsoren, Spender und viele Helfer.
Dieser Aufenthalt ist nach Angaben der Betreuerinnen kein kurzfristiges Unterfangen, das schnell vergessen ist. Viele Kinder und Jugendliche würden noch heute von ihren Erlebnissen in Deutschland erzählen, manche hätten danach große Fortschritte in ihrer Entwicklung gemacht, und von der »ersten Besuchergeneration« würden inzwischen zwei ehemalige Gäste studieren und zwei junge Frauen seien bereits Mutter geworden. An dem Reha-Zentrum, so berichten Julia Ivakina und Chylj Ljubow, werden 220 Kinder und Jugendliche im Alter von null bis 18 Jahren psychologisch, physisch, therapeutisch und logopädisch betreut.
In den letzten Monaten habe sich die Lage der Einrichtung stark verbessert, die Politik habe ihr mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und die Betreuungszeiten hätten verlängert werden können. Eine Erweiterung der Räumlichkeiten sei in Planung.
Und auch für die Gäste ist einiges geplant. Sie konnten in diesem Jahr dank Sponsoren mit dem Flugzeug nach Deutschland kommen - somit wurde ihnen eine anstrengende Bus- oder Zugfahrt mit einer Dauer von bis zu 50 Stunden erspart. Die langen Fahrzeiten, so erklärte Bürgermeister Rainer Stolz beim Pressetermin, kamen auch durch die langwierigen Formalitäten an Grenze und Zoll zustande. Doch mit dem Flugzeug ging es schneller, und so können die Kinder und Jugendlichen ihren Aufenthalt aus vollem Herzen genießen. Auf Deutsch stellten sie sich gekonnt vor: Sie kommen aus Krementschuk und Komsomolsk und haben Hobbys wie malen, schwimmen, Computer spielen oder trommeln. Und jetzt kommt noch eines hinzu - das Erzählen der Erlebnisse in Deutschland.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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