Das Selbstverständnis von Holger Seitz, dem neuen Rektor des »Nellenburg-Gymnasiums« in Stockach
Ein Visionär und Problemlöser
Raum Stockach. Er und das Stockacher »Nellenburg-Gymnasium« - sie haben sich wohl gesucht und gefunden. Zumindest outet sich Holger Seitz, der neue Rektor und Nachfolger von Michael Vollmer, im Interview als Fan der Schule. Obwohl erst seit dem 13. August im Amt, spricht er bereits von »Wir«, wenn von dem Gymnasium die Rede ist. Er ist bekennender »G9«-Befürworter, des an der Schule angebotenen neunjährigen Wegs zum Abitur. »Bildung braucht Zeit«, philosophiert er. Der enge Kontakt zum benachbarten »Schulverbund Nellenburg« aus Haupt-, Werkreal- und Realschule ist ihm wichtig. Und obwohl er die naturwissenschaftlichen Fächer Chemie, Biologie und Geographie auf Lehramt studiert hat, hat der 1969 in Marburg an der Lahn Geborene eine ausgeprägte musische Note. Das passt zum Profilfach Musik in Stockach. Auch hier weiß der neue Schulleiter ein passendes Zitat: »Kultur ist nicht das fünfte Rad am Wagen der kognitiven Wissenschaften, sondern die Luft in den Reifen.«
Und bei Holger Seitz ist die Luft noch lange nicht raus. Mit dem Vorschlaghammer möchte er nicht auf das Schulfundament einschlagen. Doch, fein dosiert, pädagogischen Kitt in die Gymnasialmauern einfügen, das möchte er schon. Die Stärkung der Berufsorientierung und die Vernetzung mit den Betrieben vor Ort liegen ihm am Herzen, und die prägenden Schnittstellen zwischen der vierten und der fünften Klasse mit dem Übergang auf die weiterführende Schule und zwischen der Mittel- und der Oberstufe möchte er auf den Prüfstand stellen. »Ich komme nicht mit einem fertig geschnürten Vorschlagspaket«, erklärt der geschiedene Vater zweier erwachsener Kinder, aber Visionen hat er sich eingepackt auf seinem langen Weg nach Stockach.
Denn bis zum Gang in die Hans-Kuony-Stadt waren einige berufliche Stationen zwischen geschaltet: Dem Studium in Würzburg folgte das Referendariat ebenfalls in Bayern. Dem katastrophalen Arbeitsmarkt für Lehrer im staatlichen Bereich danach waren seine zwei Jahre an einer christlichen Schule in Hamburg geschuldet, in Augsburg baute er später an einem Gymnasium eine Modellklasse für Hochbegabte auf, und am Goldberg-Gymnasium in Sindelfingen kamen Erfahrungen in der Schulleitung hinzu. Holger Seitz arbeitete als stellvertretender Schulleiter und wegen einer Erkrankung des Stelleninhabers ein Jahr lang in Personalunion als Rektor und Konrektor. Dabei hat er gemerkt: »Schulleitung macht mir Spaß.« Schulentwicklung, Personalfragen und Visionen für den laufenden Betrieb sind seine Sache.
Und er weiß schon jetzt: Stockach ist sein Ding. Auch aus einem persönlichen Grund. Sein Patenkind lebt in der Bodenseeregion - somit ist ein enger Kontakt möglich. Und sein neuer Wohnsitz in Orsingen kommt Holger Seitz sehr gelegen - so kann er mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Tischtennis ist sein anderes sportliches Hobby, und die surrealistische Kunst um Salvador Dalí und Max Ernst haben es ihm angetan. Nicht nur aus Anschauung, sondern bald auch aus eigenem Schaffen. Eine Leinwand hat er sich bereits gekauft. Bislang ist sie noch leer. Doch Holger Seitz möchte sie bald füllen. Zu sagen, meint er, hat er genug.
Holger Seitz hat also auch eine musische Note - privat durch die Verbundenheit mit der Kunst und beruflich durch seine pädagogischen Maximen. Eine seiner Kernfragen lautet etwa: »Was brauchen Schüler im 21. Jahrhundert?«. Seine Antwort - Fähigkeiten, die Digitalisierung und Maschinen nicht übernehmen können. Und das sind Empathie, Kreativität, Frustrationstoleranz, menschliche Kommunikation. Diese Kenntnisse möchte er, ergänzend zur kognitiven Wissensvermittlung, stärken. Denn: »Ein Schulleiter ist ein Problemlöser.«
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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