Mundart und Hochsprache: die Eleganz des Alemannischen
Dialekt in aller Munde

Foto: Karl Bosch führte amüsant durch ein Stück deutsche Sprachgeschichte.swb-Bild: sw
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Stockach (sw). Na ja. Immerhin. Einmal hat sich der Dialekt gegenüber der Schriftsprache durchgesetzt. Das korrekte Partizip von »winken« lautet eigentlich »gewinkt«. Doch hier wird allgemein das in der Mundart gebräuchliche »Gewunken« benutzt. Eine Ausnahme, führte Karl Bosch, Deutschlehrer in Rente und Narrenrichter a. D., in seinem Vortrag über das Bodensee-Alemannisch im Kulturzentrum »Altes Forstamt« in Stockach aus. Sonst sieht er die Mundart eher auf dem Rückzug: Menschen bleiben nicht mehr ihr Leben lang am Heimatort und ihr heimischer Dialekt wird woanders nicht verstanden, die Medien fördern die Hochsprache, der Dialekt wird nicht anerkennt und als etwas Abwertendes, Eigenartiges, Aussterbendes abgestempelt. Solcher Wertungen enthielt sich Karl Bosch in seinem kurzweiligen Vortrag, der die richtige Mischung aus Fakten und Unterhaltung bot.

Gewürzt mit verbalen Kostproben legte der Referent dar, dass Alemannisch auf die »Alemannischen Gedichte« aus dem Jahr 1803 von Johann Peter Hebel zurückgehe und in sechs Ländern gesprochen werde. In Deutschland, der Schweiz, Österreich, oberhalb von Trient in Italien, in Liechtenstein und im französischen Elsass ist die Mundart in unterschiedlichen Ausprägungen in aller Munde. Beeinflusst wird das Alemannische vom Germanischen, Keltischen und Galloromanischen mit Einflüssen von Latein, Hebräisch und Französisch.

Kennzeichen sind die Verwendung der Suffixe »-le« oder »-li« und das Fehlen des Genitivs, da nicht »Vaters Frau«, sondern »die Frau vom Vater« gesagt wird. Andere Artikel im Stile von »der Butter« und andere Wortbedeutungen wie bei der Verwendung von »Teppich« im Sinne von »Decke« sind weitere Merkmale. Außerdem gibt es im Alemannischen die doppelte Verneinung: »Ich bin kein großer Redner nicht.«

Als gesprochene Sprache verändert sich der Dialekt ständig. So wird laut Karl Bosch der kratzende Kehllaut, der aus einem »Kind« ein »Chind« macht, in Singen nicht mehr verwendet. Und die Satzstellung des Schriftdeutschen wirkt auf die Mundart ein. Beispiel: »Er bekommt viel Lob, weil er hat alles richtig gemacht.« Hier erfolgt im Nebensatz keine Umstellung der Wörter mehr. Eine Rechtschreibung gibt es für den Dialekt mit seinen besonderen Lautkombinationen nicht, doch Karl Bosch las einige amüsante, aber auch tiefschürfende Gedichte in Mundart vor. Und manchen Witz. Eine gestohlene Uhr ist zum Beispiel eine Waise, denn sie wird nun von fremden Leuten aufgezogen.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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