Ungeschminkt und ungekünstelt: Schlagersängerin Mary Roos
Der Glanz ist geblieben

Mary Roos  | Foto: Kleine Frau mit großer Bühnenpräsenz: Mary Roos.swb-Bild: sw
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Stockach. Shakehands zum Abschied? Nein, eine Umarmung muss schon sein. Die spontane Geste passt zu Mary Roos. Ist nicht einstudiert und rundet das Gesamtbild einer Künstlerin ab, die ohne große Umstände in der Massenumkleide der Stockacher Jahnhalle voll derber Sprüche an den Wänden ungeschminkt, mit Brille und Pullover ein Interview gibt. Heute Stockach, morgen Singen. Zwei Auftritte hat die Schlagersängerin am Bodensee, organisiert von der Sparkasse Hegau-Bodensee, zu denen sie mit der Bahn in Begleitung ihrer Fan-Clubvorsitzenden angereist ist. Aufgefallen ist sie nicht. Wenn man sich nicht in Szene setzt, erklärt die 69-Jährige, ist man ein ganz normaler Fahrgast.

Sich in Szene setzen, ist ihre Sache nicht. Das kleine Temperamentsbündel mit der großen Ausstrahlung ist nicht abgehoben. Trotz großen Hits in der Hightime des deutschen Schlagers mit »Nur die Liebe lässt uns leben« oder »Arizona Man«. Sie leidet nicht im Schatten früherer Erfolge, sondern glänzt im Licht gegenwärtiger Lebensfreude. Das Showbusiness ist ihr Business. Schon mit vier Jahren wollte sie Sängerin werden, versichert Mary Roos glaubhaft. Im Hotel der Eltern hatte sie einen kleinen Auftritt, ein Mann von der Plattenfirma entdeckte sie, fortan war sie auf Tour und attestiert sich dennoch eine glückliche Kindheit. Nur die mitreisende Lehrerin war streng: »Als einzige Schülerin kam ich immer dran.«

Tina York, ihre ebenfalls singende Schwester, hat das Showleben mehr geprägt: Als Kandidatin im RTL-Dschungelcamp hatte sie beharrlich behauptet, stets im Schatten von Mary Roos gestanden zu haben. Die kann das nicht nachvollziehen: Tina York, sagt sie, war etwa mit der »Liechtensteiner Polka« zeitweise erfolgreicher als sie. Die anderen beiden Geschwister sind als Kfz-Mechaniker und Krankenschwester rampenlichtfrei.

Das Rampenlicht gefällt Mary Roos, aber sie sonnt sich nicht darin. Eigentlich heißt sie Rosemarie, ein englisch klingender Künstlername musste in den 70ern schon sein – also der umgedrehte Vorname Mary Roos. Böhm heißt sie auch. Ein Überbleibsel aus der Ehe mit Gottlieb Wendehals alias Werner Böhm. Ihn kannte sie schon sieben Jahre vor der Eheschließung. Ein Zwilling sei er privat, mit zwei Seelen in seiner Brust. Ihm verdankt sie Sohn Julian, für den sie ihre Karriere sechs Jahre lang auf Eis legte. Er betreut Künstler hinter der Bühne, und sie erklärt, dass sie mit seinen Partnerinnen gut auskommt und es keine Mutter-Freundin-Eifersüchteleien gibt. Freundlich, offen und sympathisch zeigt sich Mary Roos – Gesundheit und Dynamik sind ein Geschenk, sagt sie und verweist stolz auf ihr gut ausverkauftes Kabarett-Programm. Und wie geht es weiter? Die Antwort könnte ein Schlagertitel sein: »Mal schauen, was das Leben noch so bringt.«

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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