Narrengericht wird im Rahmen des Stockacher Sommerabends zu »Badener des Jahres« gekürt
Das »Badner Lied« wächst über sich hinaus

Badner des Jahres  | Foto: »Das ist ja Badens Glück«: Narrenrichter Jürgen Koterzyna sowie Ingrid Müller und Rüdiger Homberg vom Verein »Bund Freiheit statt Baden-Württemberg«.swb-Bild: sw
  • Badner des Jahres
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Stockach. Das ohnehin schon reichliche »Badner Lied« ist um vier weitere Strophen reicher geworden. Das Stockacher Narrengericht überreichte die Erweiterung der badischen Nationalhymne mit ihren rhythmischen Versen an den Verein »Bund Freiheit statt Baden-Württemberg« (B. F. s. B. W.). Diese Gruppierung aus Karlsruhe hatte das Narrengericht zuvor zu »Badnern des Jahres« gekürt und damit seine alljährlich zu vergebende Auszeichnung nach Stockach gebracht. Begründung: »Die Badener zeichnen das Narrengericht dafür aus, dass die Richter seit Jahrhunderten das Leben und die Gerichtsbarkeit - vor allem in der Zeit der Narretei - nicht allzu ernst nehmen«. Verliehen wurde diese ganz besondere Würdigung im Rahmen des Stockacher Sommerabends auf dem Gustav-Hammer-Platz am Freitagabend, 14. Juli.

In einer kurzen Ansprache hatte Präsidentin Ingrid Müller ihre Gruppierung vorgestellt: 1977 von drei Personen gegründet, begeht der »Bund Freiheit statt Baden-Württemberg« in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Etwa 500 Mitglieder tummeln sich in seinen Reihen, und Ziel ist die »Loslösung Badens von der künstlichen Verwaltungseinheit Baden-Württembergs«. Für die sehr stark Heimatverbundenen, so legte Ingrid Müller in wenig badischem Zungenschlag dar, ist es beschlossene Sache, dass sie sich auflösen, sobald die Ablösung vom bisherigen Bundesland Baden-Württemberg erfolgt ist. Seit 1992 verleiht der Bund die Auszeichnung »Badener des Jahres« an Personen oder Gruppierungen, die Baden zu Bekanntheit verhelfen. Nicht jeder heißt die Würdigung freundlich willkommen: Der SC Freiburg hatte 1996 auf die Ehrung verzichtet, da er auch schwäbische Fans habe, die es nicht zu vergraulen gelte. Seither wird laut Ingrid Müller im Vorfeld abgeklärt, ob die Würdigung auch willkommen ist. Beschlossen werden die Preisträger auf der Jahreshauptversammlung des Bundes, und zu Ehren kamen auch schon Schlagersänger Tony Marshall, der Fußballtrainer und ehemalige Spieler Winfried Schäfer oder die Biermarke »Tannenzäpfle«. Laut Vizepräsident Rüdiger Homberg legt der Bund Wert auf den Zusatz »augenzwinkernder Badnerbund«.

Narrenrichter Jürgen Koterzyna ließ sich stellvertretend für das Narrengericht und seine Gliederungen den Orden um den Hals hängen. Er habe nicht damit gerechnet, diese Auszeichnung zu erhalten. Schließlich habe Karlsruhe als Sitz des Vereins doch ein eigenes Gericht, das Bundesverfassungsgericht, das aber oft auch mit Narren besetzt sei. Damit stehe das Narrengericht über dem Bundesverfassungsgericht, so die kühne Schlussfolgerung in der humorvollen Rede. Dass die Auszeichnung am 14. Juli verliehen worden war, ist nach Ansicht des Narrenrichters ein Zeichen voller Symbolkraft. Schließlich wurde an diesem französischen Nationalfeiertag 1789 die Bastille als Symbol für rigide Staatsgewalt gestürmt und somit die französische Revolution mit allen ihren gravierenden Folgen ausgelöst. Zu der Boxerin Regina Halmich, ebenfalls »Badenerin des Jahres«, sieht Jürgen Koterzyna Parallelen: Das Narrengericht sei ebenso »schlagfertig« wie sie. Doch ein Leichtgewicht wie die Boxerin sei es nicht. Dass die Abgrenzung auch in den sportlichen Bereich hineinstrahlt, hob der Narrenrichter ebenfalls hervor: Er wünsche dem Karlsruher SC den Wiederaufstieg und dem VfB Stuttgart den Wieder-Abstieg, so das wenig sportlich-faire Anliegen.

Als Gastgeschenk an die badischen Patrioten überreichte Jürgen Koterzyna eine Flasche mit Hans-Kuony-Sekt, der Hausmarke des Narrengerichts. Und vier weitere Strophen für das »Badner Lied«, die von einem durchaus ausgeprägten Selbstbewusstsein zeugen:

»In Stockach nah dem Bodensee

regiert das närrisch' Blut.

Der Adel und die Politik

zieh‘n vor den Narren ihren Hut.

Der Hofnarr Kuony hat dereinst

durch weisen Rat brilliert.

Zum Dank wurd' ihm ein Privileg

für seine Heimatstadt spendiert.

Seit 1351 ist‘s

verbrieft für alle Zeit:

In Stockach sei ein Narrengericht

und sonst kein and‘res weit und breit.

So lebt des Hofnarren Kuonys Geist

in Stockachs Narretei.

Hebt an das Glas und stoßet an,

dass dies auch alle Zeit so sei.«

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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