Kennst Du Deinen IBAN?

Geldgeschäfte sind so eine Sache für sich! Das mit dem Online-Banking erfreut sich zwar immer größerer Beliebtheit, doch bei den Spionage-Debatten der jüngsten Zeit wird dieser Bereich gerne ausgeklammert, denn wenn es um die Sicherheit im Netz geht, hat eben die große Parteipolitik das Sagen! Jetzt, da die Bundestagswahl vorüber ist, die Piraten auf selbige Schiffe zurückgedrängt sind, kommen wir wieder zu die ganz praktischen Fragen: Kennst Du Deinen IBAN?

Dass ich einen solchen habe, ist mir zwar irgendwann mitgeteilt worden, doch was bewegt das die Welt, solange ein Snowden in Moskau auf dem Flughafen umherirrt? Dass sich im Februar kommenden Jahres etwas im Bankgeschäft ändert, ist dann durchgesickert: Doch was juckt mich jetzt etwas, was so rund um die Fastnachtszeit im nächsten Jahr von Bedeutung sein dürfte? Meine Bankgeschäfte sind gemacht, Daueraufträge wie Abbuchungsermächtigungen laufen ja automatisch weiter! Aber es wird ja neue Kontonummern geben? Dass das alles nicht so schlimm ist, stand in der Zeitung: Voran die Kennung für Deutschland, dann die Bankleitzahl und am Ende die eigene Kontonummer. Oder war es anders? Auf jeden Fall kein Grund zur Panik, denn das kann man ja im Kopf behalten.

Plötzlich kommt ein Brief von der Krankenkasse. Sie braucht eine Unterschrift für den Zahlungsverkehr im kommenden Jahr. Das ginge ja noch, doch sie will doch glatt noch den IBAN und den BIC wissen?! Mit denen war ich noch nie am Stammtisch zusammen gesessen. Und jetzt kündigt sich der IBAN schweißtreibend an: Wo habe ich den gelassen? Verschlampert? In einem Papierhaufen versteckt? Oder gleich dem Papierkorb anvertraut? Ja, bei Gelddingen hört die Freundschaft auf! Und da wird auch die beste Ehefrau leicht nervös und kann sich vorstellen, mit dem Kochlöffel in der Hand etwas anderes als sonst zu machen.

Die Eventualitäten erinnern mich an eine Szene aus den späten 70er Jahren. Mit Essen hatte das auch zu tun, denn in der alten Kantine der Georg-Fischer AG fand die Rentnerweihnachtsfeier statt. Für Journalisten ist dies von alters her ein Pflichttermin, weil dort wurde wie jedes Jahr das Tuch des Schweigens über der bisherigen Jahresbilanz ein wenig gelüftet. An diesem Samstagmorgen waren die Gesprächspartner merkwürdig sensibilisiert: Die Zeit der Auszahlung der Gehälter in einem Briefumschlag war schon längst Geschichte. Doch in diesem Jahr bekamen die Rentner erstmals auch ihr Weihnachtsgeld auf das Bankkonto überwiesen! Für harte Männer, die der Hitze des Hochofens ein Leben lang getrotzt hatten, war dies angeblich ein schwerer Schlag: „ Jetzt kennt meine Frau daheim auch noch die Höhe meines Weihnachtsgeldes!“

Würde das einen Aufstand geben? Eine Palastrevolution im Lichterschein des stattlichen Weihnachtsbaums? Oder gar eine Essensverweigerung bei der Weihnachtsfeier? Ein „Veggiday“ war noch nicht angedacht, so dass sich die Revolution in Grenzen hielt. So konnten alle nach einer stilvollen Feier tief durchatmen. Die Chefs aus Schaffhausen hatten vom Murren unterm Twiel nichts mitbekommen. Der letzte Akt der Revolution im betrieblichen Zahlungsverkehr war vollzogen.

Aber wo bekomme ich heute meinen IBAN her? Da hilft nur der demütige Anruf bei meiner Bank. Das ist schwierig, denn meine vertrauten Gesprächspartner an der örtlichen Banktheke erreiche ich nicht, denn wozu gibt es die allwissende Zentrale , das Call Center? Mir bleibt nichts anders übrig, als der strammen Stimme an der Telefonleitung gegenüber zu bekennen, dass ich meinen höchstprivaten IBAN nicht kenne: Also kurzum, wo finde ich den? Die Dame schien ob der dreisten Frage leicht verärgert zu sein. „Noch so ein Schnarchzapfen,“ schien sie zu denken. „Einer mehr, der meine Nerven auf eine harte Probe stellt – und das kurz vor der Mittagspause!“ Und dann erbarmte sie sich meiner: „ Hinten, auf der Rückseite Ihrer Bankkarte!“

Jetzt hatte sie mir einen Stoß versetzt, denn auf die Plastikkarte, die alle Tore zum finanziellen Glück dieser Erde öffnet, habe ich noch nie geschaut – erst Recht nicht auf die Rückseite! Ich dankte artig und schnaufte tief durch. Jetzt kannte ich meinen IBAN und meinen BIS. Plötzlich war ich richtig stolz, denn jetzt konnte ich bei meinen Freunden und Nachbarn den Test machen: „Kennt Ihr Euren IBAN?“ Sie kannten ihn nicht, vor allem wenn man sie mit der Frage überrumpelt. Ich aber wusste auf einen Schlag, dass ich neue Überweisungsträger für mich, aber auch für die Vereinskonten brauchte. Und nicht etwa noch bis Februar warten durfte. Der Brief der Krankenkasse hatte mich geheilt. Wenn das immer zu einfach ginge . . .

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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