Singen auf dem Weg nach 2035
Zwar viel getan – aber noch ziemlich viel zu tun fürs Klima

Singen bräuchte zur Stärkung der lokalen Stromerzeugung noch viele Flächen für Photovoltaik, wenn schon Windkraft kein Thema ist. Im Bild die im letzten Herbst in Betrieb gegangene Anlage des Bürgervereins Beuren, die die Stadt Singen beliefert. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
2Bilder
  • Singen bräuchte zur Stärkung der lokalen Stromerzeugung noch viele Flächen für Photovoltaik, wenn schon Windkraft kein Thema ist. Im Bild die im letzten Herbst in Betrieb gegangene Anlage des Bürgervereins Beuren, die die Stadt Singen beliefert.
  • Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
  • hochgeladen von Oliver Fiedler

Singen. Die Stadt Singen will bis 2035 klimaneutral werden, genauso wie Konstanz als die Stadt des Klimanotstands und wie die »Umwelthauptstadt Radolfzell«. Damit wären die Städte schneller dran als das Land Baden-Württemberg, das sich diese Marke auf 2040 gesetzt hat, die EU ja erst auf 2050. Im Singener Gemeinderat wurde nun das neue Klimaschutzkonzept vorgestellt, das freilich für die ganze Stadt noch jede Menge Hausaufgaben bereithält. Und es zeigten sich doch viele Gemeinderäte skeptisch, ob das angesichts der vielen Herausforderungen an die Stadt überhaupt zu schaffen sei.

Singen hatte wie die meisten anderen Städte und Gemeinden in 2013 schon eine Klimaschutzstrategie verabschiedet und seither wurde auch einiges getan, wie auch die Verfasser des neuen Klimaschutzkonzepts vom Unternehmen »endura kommunal« würdigen, denn in vielen Punkten wurde bei neuen Planungen das Fernziel schon angesetzt, beispielsweise beim Scheffelareal oder mit der Umstellung auf »Ökostrom« oder der Teilnahme am »European Energie Award«, wo man doch auch zunehmend als Stadtverwaltung Punkte sammelt – und die Stadt hat ja mit Johanna Volz seit 2020 auch eine Klimaschutzmanagerin, die hier aus vielen Einzelteilen einen roten Faden zusammensetzen will, mit Blick auf 2035 in der Ferne, aber vielen Zwischenschritten, die auch immer wieder bilanziert werden sollen.

Industrie sorgt für Sonderrolle

Was den Ausstoß von CO₂ in Singen betrifft, so ist die Zahl schwindelerregend: Für 2019 haben die Berater von »endura« hier 552.077 Tonnen CO₂ errechnet. 58 Prozent davon stammen aus der Industrie, die eben die Stadt vor besondere Herausforderungen stellt. Vom Unternehmen Fondium ist bekannt, dass man dort bereits bis 2030 klimaneutral produzieren will, also mit erneuerbaren Energien zur Gegenrechnung, auch der Pharma-Standort von Takeda hat sich ähnlich engagierte Ziele gesetzt, mit neuem Biokraftwerk und Photovoltaik auf allen Dächern, von anderen Unternehmen war da bislang weniger zu hören. »Wenn es die Industrie schafft, sich in Richtung Klimaneutralität zu bewegen, käme Singen große Schritte voran«, so die »endura«- Berater in der Sitzung des Gemeinderats.  Einzelne Mittelständler, wie etwa »Wefa« im Industriegebiet, sind hier sogar schon so weit.
Die privaten Haushalte sind beim CO₂-Ausstoß mit 17 Prozent dabei, der Sektor Verkehr mit 13 Prozent und das weitere Gewerbe, wie Handwerk zum Beispiel, mit weiteren 13 Prozent. Der Anteil der Stadtverwaltung, die freilich Vorbild sein muss, ist mit einem Prozent verschwindend gering.

Gas ist noch dominierend

Auch was die Energieträger betrifft, wird deutlich, vor welchen Aufgaben die Stadt hier steht: 60 Prozent des Energiehungers der Stadt werden nach den Zahlen von 2019, die als Basis für das von September 2021 bis November 2022 erstellte Konzept zugrunde lagen, mit Gas gestillt. Auf Platz zwei folgt Kohle (unter anderem für die Industrie) mit 24 Prozent, 15 Prozent ist Heizöl auf Platz drei, Strom hat aktuell einen Anteil von elf Prozent. Die erneuerbare Wärme liegt erst bei einem Prozent Anteil. Was den Strom betrifft, dessen Anteil im Rahmen einer Energiewende deutlich steigen würde, wenn man nur auf die aktuellen Vorgaben für Wärmepumpen blickt, wird deutlich, vor welchen Aufgaben die Stadt steht, die natürlich in der Weise vorgearbeitet hat, indem ja Stadtwerke und Thüga schon zur gemeinsamen Netzgesellschaft vereint wurden, um hier vorwärtszukommen: Mit 184.809 Megawattstunden wird der lokale Stromverbrauch angegeben, von denen derzeit erst 17 Prozent (31.725 Megawattstunden) auf dem Stadtgebiet erzeugt werden. 50 Prozent davon kommen per Photovoltaik, 37 Prozent aus Biomasse. Wasserkraft spielt eine minimale Rolle, ist aber natürlich auch ein Baustein. Was Photovoltaik anbetrifft, deutete OB Bernd Häusler in der Sitzung auch an, dass nicht aller Strom der Stadt auch auf städtischem Gebiet erzeugt werden müsse, angesichts der knappen Flächen und des hohen Energiebedarfs, und man auch woanders diesen Strom gewinnen könne. Im Landkreis gibt es ja bereits einige Gemeinden, zum Beispiel Mühlingen, bei denen ein Mehrfaches des eigenen Energieverbrauchs auf der Gemarkung durch die Sonne erzeugt wird.

Umsetzung in vielen Schritten

Was eine Umsetzung des Klimaschutzkonzepts betrifft, so haben die Berater von »endura« einen sehr großen Katalog an Maßnahmen angelegt, der auf Alternativen wie auch auf mögliche Einsparungen setzt. Deutlich wurde auch gemacht, dass die vielen damit verbundenen Prozesse von den BürgerInnen auch mitgestaltet werden müssen, um auch mitgetragen zu werden. Deshalb findet am Freitag, 5. Mai, um 18.30 Uhr eine nach eigenen Angaben »zukunftsweisende« Informationsveranstaltung im Bürgersaal des Rathauses als Einstieg für die Umsetzung erster Schritte statt. Dort soll auch die entwickelte »Kommunale Wärmeplanung« vorgestellt werden, die ein Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität ist hinsichtlich von Nahwärmenetzen zum Beispiel, die es außer bei der Hegau-Baugenossenschaft in Singen noch gar nicht gibt. Interessierte werden gebeten, sich per E-Mail an klima@singen.de zu der Veranstaltung anzumelden, weil der Platz im Saal natürlich begrenzt ist.

Singen bräuchte zur Stärkung der lokalen Stromerzeugung noch viele Flächen für Photovoltaik, wenn schon Windkraft kein Thema ist. Im Bild die im letzten Herbst in Betrieb gegangene Anlage des Bürgervereins Beuren, die die Stadt Singen beliefert. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
Singen bräuchte zur Stärkung der lokalen Stromerzeugung noch viele Flächen für Photovoltaik, wenn schon Windkraft kein Thema ist. Im Bild die im letzten Herbst in Betrieb gegangene Anlage des Bürgervereins Beuren, die die Stadt Singen beliefert. | Foto: Fiedler
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

8 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.