Fondium nach Zeit der Krisen auf Zukunftskurs
»Wir haben das bis jetzt alles gemeinsam geschafft«
Singen. Das war fürwahr keine leichte Zeit für das Werk von Fondium in Singen gewesen, und überhaupt die ganze Zeit schon seit dem Management-Buy-Out der einstigen Gießerei des Georg-Fischer-Konzerns, der selbst für sich keine Zukunft mehr sah im Thema Eisengießerei. Für das Management-Team von Fondium war es eine Herausforderung, auch in der Verantwortung zu den vielen Beschäftigten in den beiden Werken Singen und Mettman, trotz aller Krisen zu beweisen, dass der Eisenguss eben doch Zukunft hat.
Das WOCHENBLATT unterhielt sich dazu mit Achim Schneider, einem der drei Geschäftsführer von Fondium. Und er sagt klar: »Das ist uns auch gelungen.« Und der Dank geht für ihn an die Mitarbeitenden, die diese Herausforderungen in der Produktion bestehen mussten. »Wenn wir hier als ›Familie‹ nicht so gut zusammengehalten hätten und gemeinsam auf die Ziele hingearbeitet hätten, dann hätten wir das auch nie geschafft.«
Und die Liste der Herausforderungen ist lang. Erst die Steigerung der Rohstoffpreise, sprich Schrott, der hier ressourcenschonend recycelt wird, dann Kohleknappheit nach dem Kriegsausbruch im Frühjahr, schließlich Lieferkettenprobleme bei vielen Metallen, die hier für die Legierungen benötigt werden, und schließlich auch die exorbitante Steigerung der Energiepreise. »Auch wenn wir die Steigerung unserer Kosten irgendwann an unsere Kunden weitergeben können, müssen wir das alles erst mal vorstrecken. Das bekommen wir auch nie ganz zurück«, macht er die angespannte Lage dieses Jahres deutlich. »Wir müssen jetzt mit der Automobilindustrie über Mehrpreise reden, das geht gar nicht anders«, unterstreicht Achim Schneider. »Schon vor der Tariferhöhung haben wir einfach einen Inflationsdurchschlag, den wir weitergeben müssen«, sieht er in die nächsten Wochen und Monate. »Wir haben glücklicherweise besonders bei den sicherheitsrelevanten Teilen eine Marktmacht, weil wir die einzigen hier in Europa sind, die entsprechende Standards liefern können«, sagt er zuversichtlich. Man habe die Auftragsbücher gegenwärtig voll und wäre sogar froh, noch weitere Mitarbeitende einstellen zu können, vor allem, weil man gerade in der Nutzfahrzeugindustrie den Schwerpunkt habe, der nach wie vor boomt. »Die Pandemie spielt uns gewisserweise in die Hände, weil viele Unternehmen durch die Lieferkettenprobleme gebrandmarkt wurden und nun auch wieder nach regionalen Lieferanten suchen«, sagt Achim Schneider.
»Trotzdem müssen wir unsere Abhängigkeit aus dem Automobilbereich verringern«, ist ein Weg in die Zukunft. Einen Achtungserfolg hat man mit der zunächst verrückten Idee eines Grills als Marke »Ignium« erreicht, denn sogar die Feinschmecker-Magazine sind dafür auf den Geschmack gekommen und immer mehr Länder tauchen in der Vertriebsliste auf. »Die Technologie, die wir da mit einer extremen Dünnwandigkeit entwickelt haben, sorgte zum Beispiel dafür, dass wir einen ersten bedeutenden Auftrag von der Möbelindustrie erhalten haben, was ein weiterer Anfang für einen Wandel ist.«
Und »Dekarbonisierung« ist das wohl wichtigste Stichwort für die Zukunft. Die in diesem Jahr erreichte Eröffnung eines »Reallabors« in Kooperation mit der HTWG Konstanz soll hier durch die Zusammenführung von Forschung und Industrie Türen öffnen, die das Singener Fondium-Werk zum Vorbild für die Eisengießereien auf der ganzen Welt machen könnte, ist die Vision des Fondium-Geschäftsführers. »Unser großer Kupolofen, der ja jetzt schon Wärme an die benachbarte Maggi für deren Produktion liefert, ist dabei auch das Zentrum der Zukunft des Werks. Den versuchen wir nicht nur zu halten, sondern auch zum Zukunftsobjekt für Klimaneutralität zu machen, die wir uns übrigens schon für 2030 vorgenommen haben«, macht er die Vision deutlich. Strom für den Ofen wäre übrigens keine Alternative, dann bräuchte das Werk dreimal so viel wie die ganze Stadt Singen. Deshalb soll der Ofen nun nicht nur auf Bio-Koks umgestellt werden können, der für Achim Schneider sogar hier in der Region produziert werden könnte, aus Holzresten oder Pflanzenabfällen der Landwirtschaft zum Beispiel. Dort könnte man auch noch das entstehende CO2 absaugen und aufbereiten, denn in vielen Industrien ist das inzwischen ein rares Gut, weiß Achim Schneider um ein mögliches Produkt, das dann keiner fossilen Herkunft mehr wäre. Und auch die Abwärme ließe sich noch effektiver nutzen, so dass hier noch ganze Quartiere in der Stadt mit Wärme oder Energie versorgt werden könnten – die Abwärme könnte sogar geeignet sein, den Bio-Koks selbst hier vor Ort herzustellen.
»Mit unserem Team hier vor Ort werden wir das schaffen können«, unterstreicht Achim Schneider. Und das ist eine ganz besondere Dankbarkeit.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
Kommentare