Fachstelle Sucht
Wachsende Herausforderungen und Aufgaben bei der Arbeit mit suchtkranken Menschen

Sie werfen Menschen, die von der Sucht loskommen wollen, den Rettungsring zu: Lars Kiefer (von rechts), Sandra Hartmann und neu im Team die Studentin Lisanne Mönch. | Foto: Tobias Lange
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Landkreis Konstanz. Wie viel ist die Suchtberatung wert? Diese Frage stellen sich Entscheidungsträger von Kommunal- bis Landesebene, wenn es um die Finanzierung von Beratungsstellen wie die Fachstelle Sucht im Kreis Konstanz geht. Bei einem Pressegespräch berichteten Lars Kiefer und Sandra Hartmann, was die Mitarbeiter der Fachstelle im vergangenen Jahr geleistet haben, vor welchen Herausforderungen sie stehen und was sie von der Politik fordern.

Die Finanzierung der Einrichtung werde zu zwei Dritteln vom Landkreis über die Kreisumlagen, die die Gemeinden leisten, getragen, erklärte Lars Kiefer. Das übrige Drittel müsse selbst erwirtschaftet werden. Dazu gebe es einen Zuschuss vom Land in Höhe von derzeit 17.900 Euro pro Fachkraftstelle. "Die Fördermittel sind seit 1999 nicht erhöht worden", berichtete Kiefer. Das bedeutet, dass sämtliche Preissteigerungen komplett von den Kommunen und den Einrichtungen selbst gestemmt werden mussten. Die Forderung: Eine Erhöhung der Landesmittel auf 25.000 Euro. Ein entsprechender Antrag für das Landeshaushaltsjahr 2023/24 wurde allerdings nicht berücksichtigt.

Es ist aber nicht nur die finanzielle Situation, die die Arbeit der Fachstelle Sucht erschwert. Denn die Zahl der Anlaufstellen etwa für Entgiftungen ist kleiner geworden: Die Kliniken in Radolfzell und Engen sind geschlossen, in Singen werde es schlicht nicht mehr gemacht. Übrig geblieben sei das Zentrum für Psychiatrie Reichenau. Die fehlenden Anlaufstellen "erschweren uns die Arbeit hier", meinte Lars Kiefer.

Trotz aller Widrigkeiten stehen die Suchtberater zu ihrer Arbeit. So erzählte Sandra Hartmann, die sich um Suchtberatungen und ambulante Rehas kümmert, von drei Klienten, die die ambulante Behandlung erfolgreich absolviert haben. "Wenn es von Erfolg gekrönt ist, dann ist das etwas, was mich sehr zufrieden stimmt", sagte sie. Und die Arbeit entwickelt sich weiter. Die Fachstelle Sucht ist nun auch bei "DigiSucht" beteiligt. Hier können Menschen anonym Fragen zum Thema Sucht stellen, was die Hemmschwelle der Kontaktaufnahme herabsenken soll.

Mehr als 5000 Gespräche mit suchtkranken Menschen

Wie viele Menschen die Angebote der Fachstelle Sucht nutzen, zeigt ein Blick in den Jahresbericht 2022. Demnach wurden an den beiden Standorten in Singen und Radolfzell mit 645 Personen 5405 Gespräche geführt. 62 Prozent - also 400 Personen - waren männlich und 38 Prozent - 245 Personen - weiblich. Das Durchschnittsalter lag dabei bei 45 Jahren. Zehn Prozent der Klienten waren unter 20 Jahre alt, die ältesten über 79. Für 63 Personen wurde eine stationäre Reha vermittelt, bei 48 eine ambulante Entwöhnungsbehandlung und bei 37 eine Nachsorge durchgeführt. 114 Angehörige, darunter 28 Kinder und Jugendliche, fanden Unterstützung.

Die häufigsten Suchtarten, die bei der Fachstelle im vergangenen Jahr auftauchten, überraschen. Denn obwohl das Rauchen laut Lars Kiefer das Suchtmittel Nummer eins ist, findet es sich nicht unter den Top drei. Nikotin sei eigentlich überall und immer verfügbar, werde aber oft nicht als Sucht empfunden und wenige wollen wirklich damit aufhören, erklärte Kiefer.
Auf Nummer eins der Suchtarten, die dort aufschlugen, kam 2022 mit 76 Prozent der Alkohol. Mit 7,5 Prozent folgte "problematischer Medienkonsum", beispielsweise Internetsucht, und mit fünf Prozent zwanghaftes Glücksspiel. Einen wachsenden Anteil habe laut Lars Kiefer das digitale Glücksspiel, bei dem es weniger Kontrollen von außen - beispielsweise Einsatzlimits - gebe. "Die Schuldenspirale dreht sich da sehr schnell."

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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