Gedenkfeier 75 Jahre Theresienkapelle Singen
»Ein Ort für Frieden und Versöhnung«

Im Bild der Vorstand des Fördervereins Theresienkapelle Singen mit der Vorsitzenden Carmen Scheide, Kassier Uwe Schemel, dem Ehrenmitglied und -bürger Willi Waibel, Pius Netzhammer als zweitem Vorsitzenden und OB Bernd Häusler nach der Feier. | Foto: swb-Bild: Uwe Johnen
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  • Im Bild der Vorstand des Fördervereins Theresienkapelle Singen mit der Vorsitzenden Carmen Scheide, Kassier Uwe Schemel, dem Ehrenmitglied und -bürger Willi Waibel, Pius Netzhammer als zweitem Vorsitzenden und OB Bernd Häusler nach der Feier.
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Singen. Einst, an einem Sonntag, es war der 9. November 1947, wurde in Singen in der Fittingstraße eine kleine Kapelle feierlich geweiht. Bereits damals war diese kleine Kapelle etwas Besonderes, denn es war eine kleine Andachtskapelle eines Zwangsarbeits- und Kriegsgefangenenlagers. Dieses Jahr jährt sich die Weihe der einzig erhaltenen Lagerkapelle in Deutschland zum 75. Mal. In einer kleinen Gedenkfeier wurde am Sonntag diesem historischen Tag gedacht.

»Wir möchten auf die Bedeutung des Ortes für Singen und die Region hinweisen«, begrüßte die Historikerin und Vorsitzende Dr. Carmen Scheide des Fördervereins Theresienkapelle Singen die zahlreich erschienenen Gäste. »Die Geschichte dieser Kapelle ist eng mit den Kriegsfolgen des Zweiten Weltkriegs und der hiesigen Erinnerungskultur verbunden.«
Oberbürgermeister Bernd Häusler nahm sich bei seinem Grußwort die Zeit, auch die zahlreich erschienenen italienischen Gäste zu begrüßen und erneuerte seine Einladung an die italienische Gemeinde, wieder hierher zurückzukehren.

Der 9. November ist insgesamt ein sehr denkwürdiges Datum, und so zählte Bernd Häusler einige Ereignisse auf, die sich in Deutschland zugetragen hatten, allen voran die Reichspogromnacht. »Der 9. November 1947 jedoch war ein Tag der Hoffnung«, erinnerte er. »Unser Erzfeind Frankreich reichte uns mit Capitaine de Ligny zur Versöhnung durch den Bau dieser Kapelle die Hand.« Umso schrecklicher seien nun die Bilder, die man aus der Ukraine sehe, sagte er vor allem in Hinblick auch auf die Partnerstadt Kobeljaky, deren Partner- und Freundschaft dadurch entstanden war, dass viele aus dieser Stadt damals Lagergefangene waren. Im Hinblick auf die Kapelle versicherte er, dass diese auch langfristig erhalten werden solle.

Dass die Kapelle heute noch existiert und sowohl als Gedenkstätte als auch als Mahnmal fungiert, ist wohl dem außerordentlichen Engagement des Singener Ehrenbürgers Wilhelm Josef Waibel (Jahrgang 1934) zu verdanken.
In seiner Feierrede erzählte er über die Geschichte dieser denkwürdigen Kapelle. »Heute vor 75 Jahren stand ich als Messdiener hier«, erzählte er. Es war eine bewegende, nachdenkliche Rede. »Willi« Waibel malte in Worten das grässliche Bild des Krieges, wie er ihn als Kind in Singen kennengelernt hatte und erzählte, dass er recht schnell Einblick in das Lagerleben gehabt habe. »Mit der neuen Führung durch Capitaine de Ligny kehrte auf einmal Menschlichkeit in das Lager ein. Das Depot 231/B bekam nach kurzer Zeit eine Gefangenenkapelle und recht bald begann der Bau dieser Kapelle. Das war Friedens- und Versöhnungsarbeit der höchsten Form«, lobte er.

Kritisch betrachtete er die 60er Jahre und stellte die Frage, ob die damaligen Verantwortlichen versucht hätten, durch »Nichtinteresse« die Vergangenheit in Vergessenheit geraten zu lassen. So kam es, dass mehrfach überlegt worden war, diese Kapelle abzureißen.

Carmen Scheide ordnete die Geschichte der Kapelle in einem Gesamtkontext zu Gefangenenlagern ein und berichtete über die physischen und psychischen Belastungen der Inhaftierten. »Der Bau dieser Kapelle war eine Sinnstiftung, dass für die Inhaftierten eine sinnvolle Arbeit entstanden ist«, erklärte sie. In einem Lichtbildervortrag zeigte sie Dokumente aus ihrer Recherchearbeit und betonte, dass gerade in den 50er Jahren der Abriss kurz bevorstand. In den 80er Jahren stellte man in einem weiteren Mängelbericht fest, dass die Renovierung eine halbe Million D-Mark kosten würde.
»Es ist ein Wunder, dass diese Kapelle nie abgerissen wurde. Heute feiern wir in einem kleinen Kreis das Jubiläum. Am 14. Mai 2023 wollen wir aber bei schönem Wetter zu einem großen Fest alle Singener einladen«, verkündete sie zum Abschluss.

Autor:

Uwe Johnen aus Singen

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