Singener Jahrbuch in Beuren getauft
Ein Gedächtnis zum immer wieder neu Aufschlagen
Singen-Beuren. „Wir wollten eigentlich schon in 2020 die Jahrbuchtaufe hier in Beuren feiern“, begrüßte OB Bernd Häusler am Donnerstagabend die rund 150 Gäste im „Curana“, doch das „C“-Wort und die damit verbundenen Beschränkungen haben die Würdigung in der neuen Halle nicht aufgehoben. Schließlich konnte in dieser 56. Ausgabe die vielen Jahrestage der Eingemeindungen gewürdigt werden, wenn auch Beuren mit dem 50. Jahrestag als Stadtteil von Singen, ebenso wie Bohlingen, etwas später dran ist. Dafür feiert der Musikverein Beuren in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag und empfing die Gäste dieser „Wieder wie normal“-Feier mit festlichen Klängen unter der Leitung von Ralf Futterknecht.
36 Beiträge von 45 AutorInnen sind das Jahrbuch für 2021, und viele davon hätten selbst Vorschläge für Beiträge gemacht, freut sich der OB über das rege Interesse an der Publikation. Die vier Gemeinden Überlingen, Friedigen, Schlatt und Hausen ziehen über die Ortsvorsteher Bilanz über ihre 50 Jahre als „Singen“ und wie sie sich ihre Identität gewahrt haben. Drei Beiträge über „C“ gibt es auch in diesem Jahrbuch. Mit einem Rückblick auf das Kreisimpfzentrum in der Stadthalle, über die Kultur in „C“-Zeiten und wie das Singener Standortmarketing agierte in dieser Krise immer neuer Verordnungen, die über Nacht meist gültig wurden. „Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihr nur den Geschmack der Katastrophe nehmen“, zitierte der OB hier Max Frisch.
Stadtarchivarin Britta Panzer kündigte „ein richtig gutes Jahrbuch“ an, das hier in Zusammenarbeit mit Verleger Klaus-Michael Peter entstanden ist. Einer der Autoren ist Dr. Michael Hübner („Die vergessenen Partnerstädte in den USA“), der eine achtwöchige Reise des einstigen OBs Theopont Diez mit einigen Gemeinderäten und vor allem dem Stadtbaumeister Hannes Ott beschreibt und in die 1950er Jahre mit ihrer Politik zwischen West- und Ostblock, als Deutschland „neutral“ werden sollte, zurückblickt. Dr. Martin Stübig vom Hegau-Gymnasium erzählt die Geschichte, wie lang der Weg war, in Singen ein Schülerforschungszentrum auf den Weg zu bringen, wofür es ja viele Partner benötigte, um Singen in Sachen Fachkräftegewinnung zum Leuchtturm zu machen, mit einem eigens dafür gegründeten Verein. Ali Knoblauch hat sich im Interview den Brand der Scheffelhalle zum Thema genommen, zumal er als eines der aktuellen Flaggschiffe der Poppele-Zunft natürlich eine Menge an Erinnerungen zu bieten hat. „Die Scheffelhalle war genau das Gegenteil dieser schönen Halle“, blickte er in das Weit der „Curana“. Aber genau ihre Schwächen waren ihr Charme unter dem Motto: „Für fünf Wochen war es unser Zuhause.“
Klaus-Michael Peter erinnerte sich daran, dass er schon 1977 als junger Mann seinen ersten Kontakt mit dem Jahrbuch hatte. Er habe schon gedacht, man mache wieder ein Kriegsjahrbuch. Man habe damals noch nicht gewusst, was für Herausforderungen dieses Jahrbuch in Sachen „Lieferketten“ und Drucktermin werden würde, aber das Papier sei zum Glück beizeiten schon geordert worden. Und wenn er zurückblicke, dann sei es sogar schon das achte „Kriegsjahrbuch“ in diesen 56 Jahren. Interessant sei für ihn der Blick von Axel Huber über die T4-Aktionen der Euthanasie in der Zeit des Nazi-Regimes als wichtige Aufarbeitung.
Viele Jubiläen finden ihren Platz in dem Jahrbuch, wie 50 Jahre VHS im Landkreis, 50 Jahre Netzhammer-Großhandel, 50 Jahre Narrenverein Buronia Beuren, 50 Jahre Musikverein Hausen, 100 Jahre Wein Baumann, 20 Jahre Förderverein Stadtpark, 20 Jahre Schulsozialarbeit in Singen, es gibt einen Blick auf den neuen Bahnhofplatz, auf 125 Jahre Stromversorgung in Singen, auf die Erfahrungen der Hegauer Teilnehmer bei den „Paralympics“ in Tokyo und noch viel mehr. Und natürlich die Nachrufe auf bedeutende Personen, die in 2021 verstorben sind: Johannes Matern, Manfred Engesser, Helmut Weber, Wolfgang Bangert. Kurz gesagt: Eine spannende Reise der Erinnerungen, die man beim Aufschlagen immer wieder neu antreten kann.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
Kommentare