Thomas Fritz Jung liest "Von Wand zu Wand"
Ein Abschluss voller Erinnerungen

Museumsleiter Christoph Bauer, Helena Vayhinger vom Kunstverein Singen und Schauspieler Thomas Fritz Jung zum Abschluss der Ausstellung "Von Wand zu Wand" des Kunstverein Singen.  | Foto: swb-Bild: of
  • Museumsleiter Christoph Bauer, Helena Vayhinger vom Kunstverein Singen und Schauspieler Thomas Fritz Jung zum Abschluss der Ausstellung "Von Wand zu Wand" des Kunstverein Singen.
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Singen. Ein besonderer Abschluss für eine besondere Ausstellung. "Von Wand zu Wand" hatte der Singener Kunstverein das Projekt genannt, bei dem Mitglieder des Kunstvereins wie Freunde des Museums ihre Lieblingsbilder dem Museum auf Zeit geliehen hatten, damit sie hier von der privaten Wand an die Wände des Museums wechseln konnten. Eine zuweilen kuriose Mischung war da entstanden, bei der jedes Bild seine eigene Geschichte, sogar mit Botschaften der Leihgeber vermitteln könnten, nämlich warum sie zum Lieblingsbild wurden. Helena Vayhinger, die die Finissage begleitete, zeigte sich begeistert von der Resonanz dieser Ausstellung, die auch die Leihgeber immer wieder in das Museum führte, um ihre Lieblingsbilder hier in einem ganz anderen Kontext zu erleben.

Das Thema Erinnerungen spielte dann auch beim Abschluss der Ausstellung eine Rolle. Es waren die Erinnerungen von Karl H. Bittel, der 1947 in Singen geboren wurde, hier aufwuchs, die Hohentwielstadt aber 1969 in Richtung München verließ und sich dort dann als Schriftsteller etablierte, der bekannt wurde unter anderem mit seinem "Eine Art Verrat", in dem die Konflikte zwischen Thomas Mann und seinem Sohn analysierte. Kurz nach diesem Buch hatte er "Singen. Ein Anfang" verfasst, seinen Rückblick auf eine Jugend hier unter dem Hohentwiel, was im Jahr 2009 vielleicht etwas mit seinem 60. Geburtstag zu tun hatte, denn das sind oft auch Lebensmarken, bei denen man zurückblickt, das eigene Leben nicht unkommentiert verstreichen lassen will. Bittel selbst konnte zu diesem Ausstellungsfinale nicht kommen. Statt seiner las Schauspieler Thomas Fritz Jung, der die rund 100 Gäste dieser Finnissage in kurzen Episoden in die Zeit eintauchen liess, als Singen vor allem Industrie war, als mit Mitarbeiter der Alu mit der Werkszeitung "Der Arbeitskamerad" das Wirtschaftswunder erleben sollten, als alles auf die "Sozis" schimpfte, auch der Vater von Bittel, der natürlich als "Aluminianer" lebte, als das "Wunder von Bern" ein neues Selbstbewusstsein nach dem "verlorenen Krieg" schuf und als natürlich die Beatles und die Rolling Stones eine neue Zeit einleiteten, und man am Samstag in Fichtennadelbad sich frisch machte, als die Friseure alle Versuche über die Haartracht zu "Stones" zu werden mit ihrem Fassonschnitt vernichteten. Als man in der Schule noch Besinnungsaufsätze schreiben musste und Bittel selbt als Musiker Fuß zu fassen versuchte. Eine kuriose Zeitreise war was, die Thomas Fritz Jung hier vortrug und die Besucher mit solchen Zeitbildern fesselte. Ein schönes Finale, dem der Kunstverein aber auch seine Geschichte zufügen konnte. Denn 1947, da gab es auch in Singen schon die erste Kunstausstellung der Nachkriegszeit, die das Bild der "Hörimaler" zu etablieren begann. Und nun ist "Von Wand zu Wand" auch schon ein Teil der Singener Kunstgeschichte geworden.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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