Geburtstagsfeier im Wichernsaal
Die AWO Kreis Konstanz feiert das 50-jährige Bestehen
Singen/Kreis Konstanz. Es gab richtig was zu feiern im Wichernsaal der Luthergemeinde Singen. Dort zelebrierte am Freitag, 22. November, der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) nicht nur das 50-jährige Bestehen, sondern - alle Angebote zusammengerechnet - auch über 250 Jahre Sozialpsychiatrie in Singen.
Durch den Nachmittag führte Nora Schlenkrich, Fachbereichsleiterin für das Betreute Wohnen und die Tagesstätte. Man könne auf Jahre von Geschichte, Tradition und besonderen Ereignissen blicken, meinte sie und versprach den Gästen Einblicke in die Historie der AWO und in die tägliche Arbeit.
Über beides gab es dann auch vieles zu erfahren. So erzählte Werner Neidig, ehemaliger AWO-Geschäftsführer, der in diesem Jahr das 25-Jährige feiert, von der Entwicklung der Sozialpsychiatrie, die ihm von Beginn an ein persönliches Anliegen gewesen sei. Über die Vereinsaktivitäten berichtete Franziska Doderer, Vorsitzende des Fördervereins Sozialpsychiatrie. "Gemeinsam bewegen wir so vieles", so ihr Urteil. Und über Veränderungen bei den gesetzlichen Regelungen sprach Reinhard Zedler. Er sieht die Gesellschaft an einem Punkt angekommen, an dem körperliche und geistige Behinderungen fast gleichgestellt sind. Doch gebe es "Luft nach oben", etwa bei sozialpsychiatrischen Diensten speziell für alte und junge Menschen und auch das Thema Notfalldienst sei noch nicht gelöst.
AWO-Kreisgeschäftsführerin Regina Brütsch zog eine positive Bilanz: "Wir sind ganz gut unterwegs." Sie dankte für die Unterstützung durch den Förderverein und den Landkreis, mit dem man an einem Punkt sei, an dem auch finanziell gut in die Zukunft geblickt werden könne. Für 2024 betrage das Budget 1,7 Millionen Euro, verriet die AWO-Geschäftsführerin. Das zeige, dass psychische Erkrankungen nicht mehr so tabuisiert werden, wie zu früheren Zeiten. "Da hat unser Dienst immense Leistung betrieben, dieses Tabu zu brechen."
Grußworte gab es vom Singener Gemeinderat Hans-Peter Storz, der sich dafür entschuldigte, der einzige Vertreter der lokalen Politik zu sein, da sich der Gemeinderat in einer zweitägigen Klausurtagung zum städtischen Haushalt befand. "Psychiatrische Erkrankungen sind etwas Gemeines", sagte er. Man sehe sie nicht und man höre sie nicht und Betroffene würden sich deshalb fragen, was mit ihnen nicht stimmt und sich zurückziehen. "Man muss die Menschen begleiten, man muss ihnen eine Struktur im Leben geben", meinte Storz. "Vielen Dank für alles, was Sie leisten. Die Menschen brauchen es." Dank gab es auch von Kreissozialamtsleiterin Diana Frey. Die AWO sei ein wichtiger Partner und leiste einen wichtigen Beitrag dazu, dass Versorgungsstrukturen im Landkreis weiter verbessert werden können. "Ich bin froh, auf so ein starkes Netzwerk bauen zu können."
Ganz persönliche Beiträge gab es von verschiedenen "Klienten", wie die Betreuten seitens der AWO-Mitarbeiter genannt werden: von Gesangseinlagen über ein Kurzinterview bis hin zu Erfahrungsberichten. So teilte beispielsweise Stephan Funke ein Erlebnis, als er beim Arzt ein EKG machen lassen wollte und mit ihm in "Babysprache" gesprochen wurde. Das habe ihn in seiner Annahme bestätigt, dass psychisch Kranken die Intelligenz genommen werde. Wertschätzung und als Mensch wahrgenommen zu werden, sehe er aber als Bedingung, um psychisch Erkrankte in die Gesellschaft zu integrieren.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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