Machtübernahme in Singen
Der Poppele hat nun wieder das Sagen in der Stadt
Singen. In der Stadt unter dem Hohentwiel haben wieder die Narren das Sagen. Am Schmotzigen Donnerstag wurden Oberbürgermeister Bernd Häusler, Bürgermeisterin Ute Seifried und der Gemeinderat "voraussichtlich bis Aschermittwoch" von Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk und einer närrischen Schar entmachtet. "Ab sofort herrscht meine Zunft in Singen", verkündete der Poppele vom Rathaus-Balkon.
Kampflos geschlagen geben wollte sich der OB allerdings nicht. Erst verbarrikadierte er sich in seinem Büro, dann kettete er sich an den Schreibtisch fest. Schließlich wollte er sich noch ans Rathaus kleben, doch war Kleber im ganzen Land ausverkauft. "Was harte OB-Arbeit ist, davon ihr doch gar nichts wisst", spottete Häusler. Zuftmeister Glunk kündigte hingegen selbstsicher an: "Heute ist der Tag, an dem wir zeigen, wie man eine Stadt regiert."
Bevor die Narren Bernd Häusler ziehen ließen, musste der abgesetzte OB noch zeigen, dass er handwerklich etwas auf dem Kasten hat. So musste er eine vier Reihen hohe Mauer aus Backsteinen bauen. "Nicht ganz so schlecht", lobte Zunftmeister Glunk. Und auch Gemeinderat Ralf Knittel, der die Mauer abnahm, meinte, dass sich OB Häusler nicht allzu schlecht angestellt hat, für jemanden, der noch keinen Tag gearbeitet habe. Auch beim Nägelhämmern stellte sich der OB – diesmal zusammen mit Bürgermeisterin Seifried – nicht zu schlecht an, sodass beide ein Lob der Narren erhielten.
Bilder der Entmachtung des Singener Oberbürgermeisters gibt es hier:
Auch der Gemeinderat durfte zum Abschluss Worte an die närrische Versammlung richten. Das Märchen vom Oberbürgermeister, der Singen schöner machen wollte, erzählten die Grünen. Sie erzählten von OB Bernd, der Parkplätze abschaffte, damit die Leute in die Parkhäuser fahren, aus jedem Leerstand eine Kita machte und die Stadtbusse im Zehn-Minuten-Takt fahren ließ. Eine Sache sei ihm aber nicht gelungen: das Thema Gleichberechtigung. "Das hast du völlig vergessen."
DIe SPD bediente sich dem Fasnetmotto und sang zusammen mit den Narren "Rucked zämme!". Bei der Frage nach dem Klinikstandort, bei den Kitaplätzen, im Straßenverkehr, bei dem die einen das Auto aus der Innenstadt, die anderen einen Parkplatz vor dem Haus wollen, und bei der Scheffelhalle, bei der es – anders als bei anderen Projekten – sehr schnell voran gehe. Den Poppele versuchten sie gar für ihre Liste bei den nächsten Wahlen anzuwerben, da dieser offensichtlich wisse, wie man ein Bauvorhaben voranbringt.
Die Freien Wähler entpuppten sich als neue Öko-Partei. Zusammen mit der versammelten Menge gründeten sie eine neue Narrenzunft: die Luuuuftschlangeuuuufdrüler. Diese sammle alle geblasenen Luftschlangen auf und drehe sie wieder zusammen. Das mache sie zur ökologischsten Zunft. Als Vertreterin der CDU richtete Gemeinderätin Angelika Berner-Assfalg wenige Worte an die Narren. Sie trauerte der Machtübernahme im Ratssaal nach, wo es warm und trocken gewesen sei.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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