Bundestagswahl 2025
Bürgermeister fragen, Kandidaten antworten

Kreis Konstanz/Berlin. Der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 ist in vollem Gange. Wenn es um Bundespolitik geht, finden allerdings oft die Auswirkungen auf die Kommunen wenig Beachtung. Deswegen hat das WOCHENBLATT den Bürgermeistern der Region angeboten, Fragen an die Bundestagskandidatinnen und -kandidaten zu stellen.

Die Spielregeln waren folgendermaßen: Jeder Oberbürgermeister und jede Bürgermeisterin und jeder Bürgermeister durften bis zu drei Fragen stellen. Ein großer Teil der Rathauschefs nutzte die Gelegenheit, einige Bürgermeister sprachen sich untereinander ab und einigten sich auf gemeinsame Fragen. In diesen Fällen nennen wir den Bürgermeister, der uns die Fragen hat zukommen lassen.

Die eingegangenen Fragen wurden von der Redaktion anschließend thematisch geordnet und zusammengefasst. Der so entstandene Fragenkatalog ging an die Bundestagskandidatinnen und -kandidaten aus dem Landkreis Konstanz.

Finanzen

Benjamin Mors, Thomas Auer und Susen Katter fragen: Wie wollen Sie die finanzielle Situation der Kommunen verbessern, angesichts der zunehmenden Übertragung von Aufgaben durch Bund und Land und wie stehen Sie dahingehend zum Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, der zahlt“?

Andreas Jung (CDU):
Ich bin dafür: Keine neuen Gesetze mit Zusatzkosten für Kommunen. Solide Finanzausstattung, die auch Anreize für Wirtschaft und Arbeitsplätze setzt.

Lina Seitzl (SPD): Grundgesetz und Landesverfassung verpflichten Bund und Land, den Kommunen ausreichend Geld zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung zu stellen. In der ablaufenden Wahlperiode hat der Bund die Kommunen erheblich entlastet. Für zusätzliche Aufgaben wie die Ganztagesbetreuung oder die Digitalisierung der Schulen gibt es hohe Bundeszuschüsse.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Das geltende Prinzip der Konnexität funktioniert bei Projekten wie dem Ausbau der Kinderbetreuung nicht gut. Ich bin offen für ein Steuersystem wie in der Schweiz, bei dem Steuern zuerst an die Gemeinde fließen und diese für ihre Finanzierung selbst verantwortlich ist.

Rosa Buss (Grüne): Kommunen stecken in einem Teufelskreis. Wir setzen auf eine faire Unterstützung bei kommunalen Altschulden. An die Kommunen übertragene Aufgaben müssen vollständig von Bund und Ländern übernommen werden.

Bernhard Eisenhut (AfD): Die von Bund und Ländern präsentierten finanziellen Lösungen haben eine immer geringere Halbwertszeit und ändern nichts an der grundsätzlichen Überforderung der Kommunen. Wir sind nicht nur der Ansicht, dass der Besteller bezahlen sollte, sondern der Verursacher sich auch um die Umsetzung kümmern sollte. Nicht die Kommunen haben etwa die Massenzuwanderung zu verantworten, sondern Bund und Länder. Entsprechend sollten die Kommunen mit den daraus folgenden Aufgaben auch nicht belastet werden.

Lars Hofmann (Linke):
Die finanzielle Situation der Kommunen ist ein Desaster. Die Linke fordert eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen, einschließlich Schuldenschnitte und höherer Zuweisungen. Das Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, der zahlt“ wird unterstützt, um Überlastungen zu vermeiden und kommunale Selbstverwaltung zu sichern.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Damit die Kommunen ihren Aufgaben nachkommen können, sollte das Konnexitätsprinzip im Grundgesetz verankert werden: Neue Gesetze und Regelungen gibt es nur dann, wenn auch das Geld dafür von der Bundesebene kommt

Thorsten Otterbach (unabhängig): Auch für mich als Gemeinderat in Öhningen ist klar: Wer bestellt, der zahlt! Es ist ein Unding, dass EU, Bund und Land neue Gesetze erlassen, ohne sich um die Finanzierung zu scheren. Kommune, Landkreis, Land, Bund, EU: Neue Ausgabenideen ohne Ende – überall fehlt sehr viel Geld. Wo soll das herkommen? Es sind Prioritäten zu setzen.

Sebastian Knau (Volt): Das Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, der zahlt“) muss konsequent umgesetzt werden, damit Kommunen nicht auf Kosten eigener Mittel Aufgaben übernehmen müssen, die ihnen von oben auferlegt wurden.

Marcus Röwer und Ralf Baumert fragen: Wie kann der Bund die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen stärker unterstützen beziehungsweise sichern, insbesondere im Hinblick auf steigende Ausgaben bei sinkenden Einnahmen?

Andreas Jung (CDU): Mit Stärkung der Selbstverwaltung und Finanzautonomie. Mehr Bundesmittel zur freien Verfügung statt über bürokratische Programme.

Lina Seitzl (SPD): Die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern lässt außerhalb von Fördermitteln für konkrete Zwecke keine unmittelbaren Zuschüsse an Gemeinden durch den Bund zu. Der Bund hat – vor allem aufgrund von Initiativen der SPD – den Ländern höhere Anteile an der Umsatzsteuer zugewiesen. Erhalten die Länder mehr Geld, zum Beispiel durch die von uns geforderte Vermögenssteuer, haben sie bessere Möglichkeiten, um den Gemeinden zu helfen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Der Bund sollte sich zunehmend auf seine originären Aufgaben beschränken – mit der Ausnahme der Bildung, wo ich eine Reform des Bildungsföderalismus fordere. Aufgaben der Länder sollte der Bund nur in Ausnahmefällen bezuschussen.

Rosa Buss (Grüne): Über die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort sollen die Kommunen entscheiden – deshalb stellen wir den Kommunen Gelder künftig direkt zur Verfügung. Der von uns geplante Deutschlandfonds hilft, die Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu erhöhen. Die Verteilung der Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss den tatsächlichen Aufgaben und dem Investitionsbedarf entsprechen, um im ganzen Land gute Lebensverhältnisse zu ermöglichen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Dass der Bund für jeden Asylantragsteller eine jährliche Pauschale zahlt, hat die erforderliche Flexibilität bei der Finanzierung der Unterbringung von Asylbewerbern nicht sicherstellen können. Stattdessen stehen zahlreiche Kommunen immer wieder vor dem Problem, Asylkosten nur dann stemmen zu können, wenn dafür gleichzeitig an anderer Stelle die kommunale Handlungsfähigkeit eingeschränkt wird. Diese Ausgaben könnten und müssten wegfallen.

Lars Hofmann (Linke): Die Ampel hat eine Entschuldung versprochen, passiert ist nichts. Die Linke will die Kommunen durch die Abschaffung der Schuldenbremse, eine Vermögensteuer und einen Altschuldenfonds entlasten. Zudem sollen Sozialleistungen stärker vom Bund getragen werden, um Kommunen zu entlasten und ihre Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Der Bund kann das insbesondere durch eine gute Wirtschaftspolitik bewerkstelligen: höhere Einnahmen aus der Gewerbesteuer und anderen Steuerarten erhöhen die Handlungsfreiheit der Kommunen. Punktuell, wie bei den Ganztagesschulen, wird der Bund weiter unterstützen.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Der Schuldenstaat mit immer neuen ungedeckten Schecks ist eine Zumutung für die junge Generation. Die Kommunen nehmen Grundsteuer, Gewerbesteuer, den Anteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer sowie Finanzzuweisungen durch das Land ein. Es ist daher richtig, kein weiteres Geld mit der Gießkanne zu verteilen.

Sebastian Knau (Volt): Die zunehmende Übertragung von Aufgaben auf Kommunen durch Bund und Länder erfordert eine strukturelle Reform der kommunalen Finanzierung. Volt setzt sich für eine Föderalismusreform ein, die klare Verantwortlichkeiten und eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen sicherstellt.

Christoph Stolz fragt: Welche Maßnahmen planen Sie, um sicherzustellen, dass kommunale Aufgaben künftig mit einer klaren und langfristigen Finanzierung unterlegt werden können, ohne von Förderprogrammen abhängig zu sein?

Andreas Jung (CDU):
Der Anteil der Kommunen an den Gemeinschaftssteuern muss erhöht werden.

Lina Seitzl (SPD): Mit den bereits genannten Maßnahmen werden wir die finanzielle Situation der Kommunen entlasten. Förderprogramme des Bundes sind lediglich ein zusätzliches Instrument, um gezielt in bestimmten Bereichen zu unterstützen und zu fördern.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP):
Es braucht dringend eine Fokussierung auf das Wesentliche und eine klare Aufgabenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen. Entsprechend müssen die Finanzströme angepasst werden.

Rosa Buss (Grüne): Der Deutschlandfonds hilft, die Spielräume für dringend notwendige Zukunftsinvestitionen zu erhöhen. Er ist aber kein Ersatz für die Aufgabe, im Haushalt stärker zu priorisieren und effizienter mit den vorhandenen Einnahmen umzugehen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Der Kommunen sollten einen höheren Anteil von der Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer bekommen. Dadurch würde eine Verbesserung des finanziellen Handlungsspielraums der Gemeinden bewirkt, die durch Förderungen nicht ausreichend gewährleistet ist.

Lars Hofmann (Linke): Die Linke fordert eine bedarfsgerechte, gesetzlich gesicherte Finanzierung kommunaler Aufgaben durch den Bund. Dazu gehören eine gerechte Steuerpolitik, Entlastung bei Sozialausgaben und die Abschaffung unsicherer, befristeter Förderprogramme zugunsten langfristiger Finanzierung.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Das gelingt durch das Konnexitätsprinzip: Wenn der Bund beispielsweise in der Sozialgesetzgebung Gesetze beschließt, die eins zu eins in den Kommunen aufschlagen, sollte er diese übernehmen. So bleibt den Kommunen mehr Spielraum für wichtige freiwillige Leistungen wie Spiel- und Sportplätze.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Für besondere Projekte sind Fördermittel angebracht, allerdings in drastisch vereinfachten Verfahren.

Sebastian Knau (Volt): Förderprogramme sind oft kurzfristig und bürokratisch aufwendig. Stattdessen muss die Kommunalfinanzierung durch eine Modernisierung der Gewerbesteuer und eine bessere Verteilung der Einkommen- und Umsatzsteuereinnahmen stabilisiert werden.

Kita/Schule

Benjamin Mors und Thomas Auer fragen: Ab dem Schuljahr 2026/27 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, aber schon heute fehlen Fachkräfte in der Betreuung, etwa in Kitas. Ist der Rechtsanspruch unter diesen Vorzeichen umsetzbar und wo sollen die Arbeitskräfte dafür herkommen?

Andreas Jung (CDU): Der Bund muss Länder und Kommunen auch weiterhin bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs unterstützen. Beim Personal müssen auch Wege für Quereinsteiger mit Aus- bzw. Fortbildungen ohne Abstriche bei der Qualität vorstellbar sein.

Lina Seitzl (SPD): Der ab 2026 schrittweise geltende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist für mehr Chancengleichheit zentral. Während einige Bundesländer eine flächendeckende Ganztagsbetreuung bereits weitgehend umgesetzt haben, hängt Baden-Württemberg weit hinterher. Viele Eltern wollen mehr arbeiten, haben aber keine ausreichenden Betreuungsplätze für ihre Kinder. Das können wir uns nicht leisten!

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Dieser Anspruch wurde von der GroKo beschlossen. Um Personalmangel entgegenzuwirken, setzen wir auf eine grundlegende Modernisierung der pädagogischen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dazu soll die Erzieherausbildung generell schulgeldfrei gestellt, angemessen vergütet und die Ausbildungskapazitäten in den Ländern erhöht werden.

Rosa Buss (Grüne): Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder schließt eine Betreuungslücke, die nach der Kita für viele Familien entsteht. Wichtig ist, dass wir bestehendes Personal halten und neue Fachkräfte gewinnen. Die Einbindung von Vereinen, Musikschulen und anderen Partnern kann helfen, den Personalbedarf zu decken und gleichzeitig vielfältige Angebote schaffen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Der Rechtsanspruch ist zum gesetzten Zeitpunkt nicht umsetzbar. Das wurde bereits im Rahmen der Anhörung bekannt. Es fehlen sowohl die Fachkräfte als auch die Räumlichkeiten. Statt sich aber rechtzeitig um die Qualifizierung von Personal zu kümmern, für die man Zeit gehabt hätte, hat die Regierung den Betreuungsschlüssel herabgesetzt und den Personenkreis erweitert, dem es erlaubt ist, Kinder zu betreuen oder zu beaufsichtigen.

Lars Hofmann (Linke): Die Linke fordert bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und Ausbildungsvergütungen sowie mehr Ausbildungsplätze, um Fachkräfte für Kitas und Ganztagsbetreuung zu gewinnen. Zusätzlich sollen Berufsrückkehrende und Quereinsteiger durch Qualifizierungsprogramme unterstützt werden.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Der Rechtsanspruch soll erhalten bleiben: im Interesse einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Bildungsgerechtigkeit für alle. Beschäftigte ohne pädagogische Ausbildung sind in der aktuellen Situation vertretbar. Damit der Anteil der Fachkräfte hoch bleibt, müssen die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen verbessert und kurzfristig gezielt Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden, wie zurzeit Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Unser aktueller Abgeordneter hat unter Merkel dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Schüler ohne gedeckten Scheck zugestimmt. Ich würde diese Ganztagesbetreuung sofort abschaffen. Sie ist von den Kommunen nicht finanzierbar und es fehlt das Personal dafür. Die Stadt Konstanz kann schon jetzt den Rechtsanspruch auf Kitaplätze mit eigenen Einrichtungen nicht erfüllen. Deshalb zahlte sie 2023 den Eltern über 200.000 Euro für Kitagebühren in der Schweiz.

Sebastian Knau (Volt): Der Fachkräftemangel in der Kinderbetreuung ist eine große Herausforderung. Um dem entgegenzuwirken, setzt sich Volt für eine erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse, bessere Ausbildungsbedingungen und attraktive Anreize für den Erzieherberuf ein.

Alois Fritschi und Simon Gröger fragen: Eine Investition in die Bildung ist immer auch eine Investition in die Zukunft. Nachdem Bildung in der Verantwortung der Länder liegt, wie kann der Bund die Länder hierbei finanziell unterstützen, einerseits generell, andererseits im Hinblick auf Neubauten und Sanierungen?

Andreas Jung (CDU):
Der Bund muss sich weiter an der Finanzierung von digitaler Infrastruktur, Ganztagsschulen und Kita-Ausbau beteiligen. Um Bildungserfolg und soziale Herkunft zu entkoppeln, muss es weiter Förderung für Schulen in besonderen Lagen geben.

Lina Seitzl (SPD):
Wir haben den Rechtsanspruch 2020 erkämpft und beschlossen, um unser Land bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutend voranzubringen. Damit verbunden ist der Bund seiner Verantwortung nachgekommen und hat seither 6,5 Milliarden Euro in den Ausbau investiert, 500 Millionen Euro davon an Baden-Württemberg. Gleichzeitig investiert der Bund mit dem Startchancenprogramm seit 2024 in Schulen, die besondere Unterstützung nötig haben und der Digitalpakt wird fortgeführt. Diese Programme begrüße ich.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): In der Bildung sollten wir den Föderalismus so weit reformieren, dass tatsächlich der Bund eine stärkere Rolle übernimmt: Finanzierungsverpflichtungen mit dem Ziel einheitliche Standards und eine verbesserte Qualität in der Bildung zu erwirken.

Rosa Buss (Grüne):
Jedes Kind verdient die Chance auf eine gute Zukunft – unabhängig von Wohnort und Elternhaus. Deswegen hat Bildung für uns oberste Priorität. Ich will sicherstellen, dass wir Schulen modern und nachhaltig ausstatten. Mit dem Deutschlandfonds fördern wir energetische Sanierungen, digitale Infrastruktur und barrierefreie Einrichtungen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Der Bund kann zur Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen gewähren und Kommunen entsprechend fördern. Dafür wurde sogar das Grundgesetz geändert. Der Bund müsste sich nur wieder dazu entscheiden, wieder in die Grundversorgung zu investieren und nicht in fremde Interessen.

Lars Hofmann (Linke):
Wir fordern 100 Milliarden-Euro-Sondervermögen für Bildung, um diese desolaten Zustände schnell zu beheben. Der Bund soll stärker finanziell in Bildung investieren, zum Beispiel durch Abschaffung des Kooperationsverbots, um Länder gezielt zu unterstützen.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Ein Losverfahren, wie aktuell angedacht, kann staatliches Handeln nicht ersetzen. Landesgeld soll die knappen Mittel des Bundes aufstocken. Wenn dies mit der derzeitigen Regierung nicht machbar ist, unterstützen wir die Kommunen bei dem Vorschlag, den Rechtsanspruch um mindestens fünf Jahre nach hinten zu verschieben.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Der Bund soll seine Förderprogramme für Schulen einstellen und dieses Geld den Ländern für den individuellen Einsatz vor Ort zur Verfügung stellen.

Sebastian Knau (Volt): Obwohl Bildung Ländersache ist, kann der Bund durch einen Bildungsfonds gezielt in Sanierung und Neubau von Schulen investieren. Volt fordert eine Reform des Bildungsföderalismus, damit bundesweit einheitliche Standards und langfristige Investitionen gesichert werden.

Gesundheit

Holger Mayer fragt: Die Landkreise, also über die Kreisumlage letztendlich die Kommunen, pumpen Jahr für Jahr Millionenbeträge in Betrieb und Investitionen der Krankenhäuser. Wen sehen Sie in der Verantwortung und was sind Ihre Lösungsansätze?

Andreas Jung (CDU):
Wir brauchen flächendeckende Versorgung und hohe Qualität. Lauterbachs Krankenhausreform verschärft die Probleme. Wir setzen auf enge Einbindung von Ländern, Kommunen, Krankenhausgesellschaften und Fachverbänden, eine solide Brückenfinanzierung sowie die Einführung einer bedarfsorientierten, weitgehend fallzahlunabhängigen Vorhaltefinanzierung. Ein kalter Strukturwandel muss abgewendet werden.

Lina Seitzl (SPD):
Die Kosten der Krankenhausbehandlung sind von der Krankenversicherung, die Bau- und Ausstattungskosten von den Ländern zu tragen. Der Bund hat durch die Änderung der Krankenhausvergütung seine Pflicht für eine gute Krankenhausversorgung erfüllt. Ich erwarte, dass sich Baden-Württemberg in gleichem Maße um seine Landesaufgaben kümmert.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP):
Unser Gesundheitssystem ist in ein eine Schieflage geraten, weil das Land Baden-Württemberg entgegen seinen Verpflichtungen nicht genügend Mittel für Investitionen bereithält und das aktuelle Vergütungssystem zu wirtschaftlichen Schieflagen führt. Daher ist neben der Grundversorgung eine Spezialisierung nötig. Das Land muss dringend mehr beitragen. Ich setze mich dafür ein, dass das für den Landkreis Konstanz beschlossene Zwei-Häuser-Konzept zügig umgesetzt wird.

Rosa Buss (Grüne):
Krankenhäuser allein über Erlöse zu finanzieren, ist nicht möglich. Kommunen stecken viel Geld in ihre Krankenhäuser, um Defizite in Millionenhöhe auszugleichen. Strukturelle Maßnahmen – abgestimmte Medizinkonzepte und Kooperationen – können helfen, langfristig eine gute Versorgung zu sichern. Der Bund muss die Finanzierung der Betriebskosten sicherstellen, das Land die Investitionskosten tragen.

Bernhard Eisenhut (AfD):
Die Länder sind gesetzlich dazu verpflichtet die notwendigen Investitionskosten zu übernehmen. Seit Jahren weigern sich die Länder dann aber im tatsächlichen Umfang nachzukommen. Bundesweit besteht daher ein über Jahre aufgebautes Milliardendefizit. Die Lösung ist, dass die Länder sich wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, unser Steuergeld wieder für uns ausgeben indem etwa Krankenhäuser gebaut oder erhalten werden.

Lars Hofmann (Linke):
Die Länder sind für die Investitionskosten der Krankenhäuser zuständig, zahlen dafür aber seit Jahrzehnten viel zu wenig. Dadurch haben wir einen massiven Investitionsstau, Personalmittel werden für Baumaßnahmen eingesetzt oder die Kommunen müssen zuschießen. Der Pflegenotstand nimmt zu. Bund und Länder müssen nachhaltig in die Krankenhäuser investieren!

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler):
Da die Investitionsquote der Länder seit Jahren abnimmt, muss der Bund einspringen. Zu starre Vorgaben helfen aber nicht: Bei der Krankenhausplanung sollten gewachsene Strukturen mit realen Versorgungsbedarfen in Einklang gebracht werden. Das geht nur durch einen engen Schulterschluss mit den Kommunen.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Krankenhäuser sind laut Gesetz in der Verantwortung von Bund und Ländern, inklusive Finanzierung. Ich halte es für unverantwortlich, bei uns im Kreis ohne genaue Finanzzusage vom Land ein Zentralklinikum für eine halbe Milliarde Baukosten zu planen.

Sebastian Knau (Volt):
Die Kommunen sind finanziell überfordert, wenn sie Jahr für Jahr Defizite der Krankenhäuser ausgleichen müssen. Volt setzt sich für eine bundeseinheitliche Krankenhausfinanzierung ein, die kommunale Defizite reduziert und Investitionen ermöglicht.

Holger Mayer und Christoph Stolz fragen: In ländlichen Gebieten wird eine Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung zunehmend zur Herausforderung für alle Beteiligten. Welche Konzepte schlagen Sie vor, um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern beziehungsweise zu sichern?


Andreas Jung (CDU):
Die Strukturen für eine flächendeckende medizinische Versorgung im ländlichen Raum mit Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken, und Pflegeangeboten muss gestärkt werden; auch durch gezielte Förderung der Niederlassung von Ärzten und Angebot weiterer Studienplätze.

Lina Seitzl (SPD): Es sind weitere Strukturreformen im Gesundheitsbereich notwendig, um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu sichern. Eines unserer Ziele ist es, die im ländlichen Bereich so notwendigen kommunal oder genossenschaftlich organisierten MVZs und Ärztehäuser zu entlasten.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP):
Wir brauchen weiter Notfallpraxen und attraktive Bedingungen für die Ärzte, die dort arbeiten. Mit dem beschlossenen Zwei-Häuser-Konzept für den Gesundheitsverbund des Landkreises gehen wir einen guten Weg für eine nachhaltige Grundversorgung, und guten Spezialangeboten. Ich baue auch auf eine gute Zukunft für das Krankenhaus in Stockach. Zudem wünsche ich mir eine realistischere Planung seitens Kassenärztlichen Vereinigung, um sicherzustellen, dass genügend Facharztsitze vorhanden sind.

Rosa Buss (Grüne): Unterversorgte Gebiete wollen wir stärker unterstützen. Die Verteilung von niedergelassenen Ärzt*innen muss enger mit der Krankenhausplanung der Länder verknüpft werden. Die bestehende Trennung der Finanzierungssysteme von ambulanter und stationärer Versorgung wollen wir überwinden, um bessere Kooperation und Koordination zu fördern. Durch regionale Verbünde sowie gemeinsame Versorgungszentren, in denen verschiedene Therapie- und Pflegeberufe unter einem Dach zusammenarbeiten, sorgen wir für eine gute Versorgung vor Ort.

Bernhard Eisenhut (AfD): Trotz steigender Anzahl an Ärzten, haben wir immer weniger niedergelassenen Ärzte, die die Versorgung in der Fläche gewährleisten. Um einen Berufsstart zu erleichtern, wäre es denkbar, dass Kommunen selbst als Vermieter einer Praxis auftreten und so die Anfangsbelastung bei einer Niederlassung reduzieren.

Lars Hofmann (Linke): Wir fordern, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum durch kommunale Gesundheitszentren, mobile Praxen, finanzielle Anreize für Landärzte und die Aufwertung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu sichern. Eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung soll ergänzend wirken.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Die Zentralisierung von Krankenhäusern darf den ländlichen Raum nicht benachteiligen. Dabei darf es keine Denkverbote geben: Ausbau der zweckgebundenen Förderprogramme für Mediziner, Medizinische Versorgungszentren, die die Ärzte von bürokratischen Aufgaben entlasten, bis hin zu Landarzt-Stipendien. Eine bessere ländliche Infrastruktur macht es zudem für junge Ärzte einfacher, im ländlichen Bereich zu arbeiten.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Die Landärzte, die wir heute und morgen brauchen, wurden niemals ausgebildet. Dies ist seit der Jahrtausendwende bekannt. Nach 25 Jahren Untätigkeit werde ich im Bundestag eine Landarztinitiative auf den Weg bringen: Mit einem Förderprogramm für Landarztpraxen, damit sich junge Mediziner wieder in die Selbstständigkeit trauen und mit dem Ausbau der Telemedizin, die Fahrten zum Arzt teilweise überflüssig macht.

Sebastian Knau (Volt): Volt fordert die Förderung von Telemedizin, eine gezielte Landarztquote und Anreize für medizinisches Personal, sich in strukturschwachen Regionen niederzulassen.

Verwaltung/Bürokratie

Alois Fritschi und Holger Mayer fragen: Was sind Ihre Ideen, um bürokratische Hürden abzubauen und wie stehen Sie in diesem Kontext zum Ansatz, für jedes neue Gesetz ein altes zu kippen?

Andreas Jung (CDU): Der Ansatz ist richtig, besser fallen aber für jede neue Regelung zwei bestehende weg. Wir wollen massiven Bürokratieabbau. Dafür wollen wir staatliche Strukturen verschlanken, Überregulierung auf deutscher und europäischer Ebene konsequent abbauen.

Lina Seitzl (SPD): In Deutschland dauern viele Planungs- und Genehmigungsverfahren zu lange. Die Bundesregierung hat im letzten Jahr mit den Ländern einen Deutschlandpakt vereinbart: Mehr Geschwindigkeit und weniger Bürokratie sind das Ziel. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Das deutsche Bürokratie-Burnout muss dringend beendet werden. Daher fordere ich ein sofortiges dreijähriges Moratorium, in dem keine neuen Regularien beschlossen werden dürfen, die Unternehmen zusätzliche Belastungen auferlegen. Es sei denn, diese werden im gleichen Umfang abgebaut. Darüber hinaus schlage ich die Verankerung einer Bürokratiebremse im Grundgesetz vor.

Rosa Buss (Grüne): Wir werden unsere öffentliche Verwaltung konsequent modernisieren, digitalisieren und an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten. Deshalb werden wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen eine Deutschland-App einführen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Zahlreiche Dokumentationspflichten könnten gestrichen werden ohne, dass im Zuge dessen ein neues Gesetz beschlossen werden müsste und so Verwaltungen in Kommunen, Bauherren oder auch Ärzte und Krankenhäuser entlasten.

Lars Hofmann (Linke): Wir lehnen pauschale Ansätze wie „ein Gesetz rein, ein Gesetz raus“ ab. Stattdessen fordern wir eine gezielte Entbürokratisierung, insbesondere im Sozial- und Verwaltungsbereich, um Barrieren abzubauen. Digitalisierungsmaßnahmen sollen Prozesse effizienter und bürgerfreundlicher gestalten.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Die „One in, two out“-Regel wird den Bürokratieabbau auch in den Kommunen forcieren: Für jede neue bürokratische Belastung müssen zwei bestehende Vorgaben abgeschafft werden. Diese Regel wirkt effektiv und führt zu einem Gesinnungswandel.

Thorsten Otterbach (unabhängig):
Ich verstehe den Rechenweg nicht. Wenn für ein neues Gesetz ein altes abgeschafft wird, dann gibt es immer noch genau so viele Gesetze und Bürokratie. Ich möchte daher für jedes neue Gesetz zwei alte abschaffen. Trotz skeptischen Blicken in die USA bin ich gespannt, wie Musk Staat und Behörden auf Effizienz trimmt. Das sollten wir interessiert und offen verfolgen.

Sebastian Knau (Volt): Volt fordert die Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen. Ein Praxis-Check für Gesetze soll verhindern, dass neue Regelungen unnötige Hürden schaffen.

Ralf Baumert und Alois Fritschi fragen: Die Kommunen kommen bei der Unterbringung von Geflüchteten und Bedürftigen an ihre Grenzen, müssen und wollen aber humanitäre Verantwortung übernehmen. Dafür braucht es mehr Unterstützung. Wie kann diese aussehen?

Andreas Jung (CDU):
Es gilt der Satz von Joachim Gauck: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Um den Kommunen die Unterbringung gut zu ermöglichen, muss Migration besser gesteuert und begrenzt werden. Es bleibt beim Asylschutz aus dem Grundgesetz. Aber illegale Migration muss zurückgedrängt werden. Zudem: Bessere Anreize für Arbeit und null Toleranz gegenüber Straftätern: Wer unser Gastrecht verwirkt, muss gehen. Entstehende Kosten müssen den Kommunen verlässlich erstattet werden.

Lina Seitzl (SPD): Unsere Maßnahmen in der Migrationspolitik zeigen erste Wirkungen: 2024 wurden 30 Prozent weniger Asylanträge gestellt als im Vorjahr. Auch die 2024 eingeführten Pauschalzahlungen entlasten die Kommunen perspektivisch.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Die Anzahl an Geflüchteten, die wir aufnehmen, muss sich weiter reduzieren, durch eine klare Politik von Bund und Land. Außerdem sollte das Land Baden-Württemberg Geflüchtete konsequent während ihrer Verfahrensdauer in den Erstaufnahmen lassen beziehungsweise nur diejenigen Menschen auf die Kommunen verteilen, die eine Bleibeperspektive haben. Das wäre eine riesige Entlastung für die Kommunen.

Rosa Buss (Grüne): Ich setze mich für eine bedarfsorientierte Finanzierung ein, die die Kosten für Unterbringung, Sozialleistungen und Bildungsmaßnahmen vollständig erstattet und langfristige Planungssicherheit schafft. Zentral sind Investitionen in Integration und Teilhabe: Wir müssen Bildung, Sprachförderung und den Zugang zum Arbeitsmarkt stärken. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die dezentrale und menschenwürdige Unterbringung.

Bernhard Eisenhut (AfD): Angefangen bei Kriminellen und allen, die kein Bleiberecht haben, muss endlich im großen Stil abgeschoben werden. Selbst diejenigen, für die noch ein Fluchtgrund besteht, können sich ein sicheres Land in der Nähe ihrer Heimat zu suchen. Es gibt für Syrer oder Afghanen außer den Sozialleistungen keinen Grund, dass sie bis nach Deutschland fliehen müssten.

Lars Hofmann (Linke): Wir fordern eine bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Willkommensfonds sollen zusätzlich Mittel für Versorgung und Teilhabe von Geflüchteten und den Ausbau der Kommune bieten. Zudem sollen Wohnungsbauprogramme und Beratungsangebote ausgebaut sowie die Kosten der Unterkunft vollständig übernommen werden.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Besonders dringlich ist zurzeit, dass die Bundesebene die Zahl der Flüchtlinge spürbar reduziert und vollumfänglich für die Kosten der Integration aufkommt.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Als eines der attraktivsten Länder für Flüchtlinge in der EU ist Deutschland ein Magnet. Wer sich weiterhin für absolut jeden Wirtschaftsflüchtling humanitär verantwortlich fühlt, auch wenn er sich jenseits des Grundgesetzes illegal in Deutschland aufhält, der muss auch gegenüber seinen Bürgern klar machen, dass dafür Grund- und Gewerbesteuern weiter zu erhöhen sind.

Sebastian Knau (Volt): Kommunen benötigen mehr finanzielle und logistische Unterstützung bei der Unterbringung von Geflüchteten. Volt setzt sich für eine bessere Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen ein.

Christoph Stolz fragt: In der Verwaltungsarbeit stehen Kommunen vor einer Vielzahl an Berichts- und Nachweispflichten gegenüber Bund und Land – insbesondere bei der Beantragung von Fördermitteln. Welche Schritte planen Sie, um diese Pflichten zu vereinfachen und die kommunalen Verwaltungen zu entlasten?

Andreas Jung (CDU): Wir setzen auf ein enges und vertrauensvolles Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen. Wir machen die kommunal relevanten Förderprogramme des Bundes einfacher, indem wir sie bündeln und auf einer Online-Plattform bündeln. Wir fassen Fristen realitätsnah, vereinfachen Antragsverfahren und reduzieren Nachweispflichten.

Lina Seitzl (SPD): Wir werden den Abbau von Bürokratie sowohl auf nationaler und EU-Ebene weiter vorantreiben, unter anderem durch die Zusammenführung von Berichtspflichten. Neue Gesetze müssen einem Praxischeck unterzogen werden. Die Förderprogramme des Bundes wollen wir im Rahmen der Möglichkeiten entbürokratisieren.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP):
Wie schon mit Blick auf den Bürokratieabbau ausgeführt: Bürokratiemoratorium – und zwar bei Bund und Land. Keine Übererfüllung von EU-Vorgaben. Mehr Eigenverantwortung und weniger Förderprogramme.

Rosa Buss (Grüne): Wir werden die Berichts- und Nachweispflichten für Kommunen durch klare Regeln und gezielte Vereinfachungen entschlacken. Kommunen müssen Daten zukünftig nur einmal einreichen, die dann über verschiedene Ebenen hinweg genutzt werden können.

Bernhard Eisenhut (AfD): Wie eingangs erwartet, sollten Steuergelder wieder mehr den Kommunen statt dem Bund und den Ländern zur Verfügung gestellt werden. So könnten unsere Gemeinden auch langfristig planen und wären gegebenenfalls auch gar nicht mehr auf Förderungen angewiesen.

Lars Hofmann (Linke): Die Linke strebt eine Vereinheitlichung der Antrags- und Nachweispflichten an, um Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Förderprogramme des Bundes und der Länder sollen standardisierte und digitalisierte Verfahren nutzen, die sowohl transparenter als auch weniger zeitaufwendig sind.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Auch hier soll die „One in, two out“-Regel zum Bürokratieabbau gelten. Förderanträge sollen verständlich und unbürokratisch gestaltet, und digital abgewickelt werden.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Schön, dass die Kommunen offensichtlich bei Nachweispflichten vor den gleichen Herausforderungen stehen wie der kleinste Unternehmer. Es ist einfach an der Zeit, gemeinsam aufzustehen und zu sagen: So geht es nicht weiter! Dafür stehe ich mit meiner Kandidatur.

Sebastian Knau (Volt): Reduzierung von Berichts- und Nachweispflichten für Fördermittel Viele Fördermittel werden nicht abgerufen, weil die Antragsverfahren zu komplex sind. Volt fordert ein einheitliches und digitales Verfahren zur Beantragung und Abrechnung von Fördermitteln.

Energiepolitik

Ralf Baumert und Simon Gröger fragen: Welche Anreize sollte und muss die Bundesregierung setzen, um das Ziel klimaneutral zu werden, zu erreichen und wie kann der Bund die Kommunen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen unterstützen?

Andreas Jung (CDU): Wir wollen dem Emissionshandel als Leitinstrument etablieren und werden ihn mit einem sozialen Ausgleich verbinden. Einnahmen werden über Reduzierung der Stromkosten zurück gegeben. Regeln müssen pragmatisch sein und Förderung verlässlich. Der Bund darf den Kommunen nicht einseitig Aufgaben aufbürden: Es gilt Ziele zu formulieren und die Umsetzung pragmatisch zu ermöglichen.

Lina Seitzl (SPD): Klimaschutz muss leistbar sein. Es ist Aufgabe des Staates die Bedingungen dafür zu schaffen, dass alle auf klimafreundliche Technologien umsteigen können. Das müssen Bund, Land und Kommunen gemeinsam angehen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Der EU-Emissionshandel muss als Leitkonzept konsequent angewendet werden. Dann ist viel kleinteilige Regulierung und Gängelung schlicht überflüssig. Auch die Entnahme, Nutzung und Speicherung von Treibhausgasen muss innovationsfreundlich ausgestaltet werden. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen über eine Klimadividende direkt und pauschal an Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt werden.

Rosa Buss (Grüne): Wir wollen den Weg zur Klimaneutralität durch gezielte Förderprogramme erleichtern, die vor allem Menschen mit geringen und mittleren Einkommen beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen unterstützen. Wir fördern den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, E-Mobilität sowie die energetische Sanierung von Gebäuden, um Bürger*innen vor steigenden Kosten zu schützen. Kommunen werden durch klare Finanzierungsperspektiven, staatliche Unterstützung für klimaneutrale Projekte und die Förderung erneuerbarer Energien gestärkt. Durch schlanke Genehmigungsverfahren wollen wir Klimaschutzmaßnahmen effizient vorantreiben.

Bernhard Eisenhut (AfD): Die AfD lehnt das Ziel der sogenannten Klimaneutralität ab, da es auf einer ideologisch geprägten Klimapolitik basiert und wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Statt teurer Klimaschutzmaßnahmen sollten Bund und Kommunen auf eine bezahlbare und zuverlässige Energieversorgung setzen, die Wohlstand und Arbeitsplätze sichert.

Lars Hofmann (Linke): Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sollten Investitionen in erneuerbare Energien und der öffentliche Nahverkehr massiv ausgebaut werden. Der Bund muss das finanziell unterstützen! Damit alle von der Energiewende profitieren, fordern wir, dass Kommunen einen Bonus von 25.000 Euro pro Megawatt gebautem Windrad oder gebauter PV-Großflächenanlage direkt in die Gemeindekasse bekommen.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Klimaschutzmaßnahmen sind wichtig, aber in knapp zwei Jahrzehnten können die fossilen Energieträger nicht durch grünen Strom ersetzt werden. Größere Unternehmen investieren für mindestens 20 Jahre und benötigen deshalb Planungssicherheit, sonst wandern sie ab. Deshalb wollen wir zum Klimaschutz keine fixe Jahreszahl-Debatte, sondern eine technologieoffene Ziel-Debatte. Gleiches gilt für die Kommunen.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Deutschland ist seit langem weltweit führend in der CO2-Reduzierung, während andere Länder ihre CO2-Emmissionen drastisch ausweiten. Einseitige Klimaneutralität weniger Länder führt zur Deindustriealisierung in Deutschland, während andere Länder aufblühen und unsere Produktion samt Wohlstand bei höherem CO2-Austoss übernehmen.

Sebastian Knau (Volt): Volt fordert eine klimaneutrale Steuerreform, die nachhaltige Investitionen fördert. Zudem sollen Kommunen direkte Finanzhilfen für Klimaschutzprojekte erhalten.

Bernd Häusler fragt: Unsere Region ist leider nicht Teil des bundesweiten Wasserstoffkernnetzes. Wie stehen Sie grundsätzlich zur Energieversorgung mit Wasserstoff und wie soll die zeitnahe Versorgung unserer Region gerade auch im Hinblick auf die hier ansässigen Unternehmen mit Wasserstoff umgesetzt werden?

Andreas Jung (CDU): Die Versorgung mit Wasserstoff ist ein wichtiger Schlüssel für klimaneutrale Industrie. Unsere Region darf hier nicht abgehängt werden. Die bisherigen Planungen bringen eine krasse Nord-Süd-Schieflage zu Lasten von Baden-Württemberg. Robert Habeck spricht von den „Autobahnen des Wasserstoffs“, bei uns kommen aber nicht einmal Feldwege an. Das werden wir korrigieren, wir stellen die Versorgung aller wichtigen Wirtschaftsregionen sicher - auch unserer.

Lina Seitzl (SPD): Ich habe mich für eine Aufnahme der Bodenseeregion und des Südwestens in das Wasserstoff-Kernnetz eingesetzt. Bislang ohne Erfolg. Da das nun genehmigte Wasserstoff-Kernnetz künftig bedarfsgerecht und effizient erweitert werden soll, können wir daran etwas ändern. Dafür werde ich mich weiter einsetzen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Die Anbindung an das Wasserstoffnetz wird eine erhebliche Erleichterung für unsere Region darstellen. Daher setze ich mich dafür ein, dass bei der weiteren Planung endlich auch unsere Region mitberücksichtigt wird. Leider hat man sich aber auch in Stuttgart nicht sehr konsequent für uns engagiert.

Rosa Buss (Grüne): Wasserstoff ist eine knappe und teure Ressource. Er sollte deshalb nur dort eingesetzt werden, wo es keine klimaneutrale Alternative gibt, beispielsweise in Industrieprozessen. Hier setzen wir uns für einen zügigen Ausbau eines Wasserstoffnetzes ein.

Bernhard Eisenhut (AfD): Die AfD sieht Wasserstoff nicht als praktikablen Energieträger der Zukunft, da seine Herstellung ineffizient, teuer und abhängig von stark subventionierten erneuerbaren Energien ist. Anstatt auf eine staatlich geförderte Wasserstoffstrategie zu setzen, sollte Deutschland eine bezahlbare und sichere Energieversorgung gewährleisten, beispielsweise durch eine Rückkehr zur Kernkraft und eine Stärkung fossiler Energieträger. Unternehmen sollten nicht durch ideologisch motivierte Vorgaben in ihrer Energieversorgung eingeschränkt werden.

Lars Hofmann (Linke): Wir setzen bei der Energieversorgung auf den Ausbau erneuerbarer Energien und unterstützen Wasserstoff nur, wenn er aus 100 Prozent erneuerbaren Quellen stammt. Die Partei fordert gezielte Investitionen in regionale Infrastruktur und eine soziale Energiepolitik, um allen Regionen – auch außerhalb des Wasserstoffkernnetzes – den Zugang zu ermöglichen.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Die Wasserstoff-Infrastruktur sollte ausgebaut und die Anwendungsfelder zeitnah geprüft werden, auch in unserer Region. Es ist offensichtlich, dass dieser Energieträger in wichtigen Industriezweigen wie Chemie, Transport oder Zement unerlässlich ist.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Laut der Tageszeitung will Singen in die Wasserstoffproduktion einsteigen. Irre: Aus 50 kWh Energie will man ein Kilo Wasserstoff mit einem Energiegehalt von 33 kWh herstellen. Der Elketrolyseur soll rund um die Uhr laufen. Die Frage, wo der Ökostrom nachts, bei Nebel und Windstille herkommt, wurde weder gestellt noch beantwortet. Wir brauchen CO2 neutrale Grundlastkraftwerke. Deshalb möchte ich diese Träumereien beenden und unseren „Klimapolitiker“ im Bundestag ablösen.

Sebastian Knau (Volt):
Volt setzt sich für einen dezentralen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur ein. Regionale Wasserstoffhubs sollen Unternehmen versorgen.

Bernd Häusler fragt: Ein entscheidender Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität könnten Wärmenetze sein. Sollte der Bund die kommunale Wärmeplanung unterstützen, damit der hierzu notwendige finanzielle Kraftakt leistbar ist? Warum?


Andreas Jung (CDU):
Der Bund muss die Kommunen finanziell unterstützen, um auf Basis der Planung wo immer sinnvoll Wärmenetze auszubauen. Das ist - neben anderen Wegen, die wir technologieoffen ermöglichen wollen - ein guter Weg für klimafreundliche Wärmeversorgung.

Lina Seitzl (SPD): Wenn umweltfreundliche Nahwärmenetze errichtet werden sollen, sind hohe Investitionen erforderlich, die die Kommunen allein nicht tragen können. Für diese und andere Investitionen schlagen wir einen Deutschlandfonds vor, der öffentliches und privates Kapital dafür mobilisiert.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Dafür existieren bereits Förderprogramme auf Ebene des Landes und des Bundes.
Rosa Buss (Grüne): Die Wärmeplanung ist im Südwesten in vollem Gange. Für eine zügige Realisierung der Wärmenetze sind neben schlanken Planungs- und Genehmigungsprozessen sowie finanzieller Unterstützung die notwendigen Fachkräfte entscheidend. Es braucht gute Ausbildungen, Qualifizierungen und eine Willkommenskultur.

Bernhard Eisenhut (AfD): Die AfD lehnt eine zentrale staatliche Wärmeplanung ab, da diese zu erheblichen Kosten für Bürger und Kommunen führt und die freie Wahl der Heiztechnologien einschränkt. Statt teurer staatlicher Vorgaben und Subventionen sollte jeder Bürger selbst entscheiden können, wie er seine Wohnung heizt.

Lars Hofmann (Linke): Ja, das ist nötig um die Wärmewende sozial gerecht und effektiv umzusetzen. Eine finanzielle Unterstützung entlastet Kommunen bei Investitionen in klimafreundliche Wärmenetze, fördert die Nutzung erneuerbarer Energien und stellt sicher, dass die Kosten nicht einseitig auf Haushalte mit geringem Einkommen abgewälzt werden.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Weil die Verbraucher in puncto Wärmenetz wenig Wahlmöglichkeit haben, setzen wir uns für mehr Bürgerbeteiligung bei der Planung neuer Anlagen und Infrastruktur, aber auch bei Investitionen und Renditen ein. Die BEG-Förderungen helfen flankierend.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Gerne bin ich für Wärmenetze, wenn Investoren sie wirtschaftlich betreiben können. Bei uns in Öhningen fährt ein kommunales Wärmenetz jährlich über 100.000 Euro Defizit ein. 95 Prozent der Bürger subventionieren fünf Prozent die Heizung.

Sebastian Knau (Volt): Der Bund soll die kommunale Wärmeplanung durch Fördermittel und vereinfachte Genehmigungsverfahren unterstützen.

Infrastruktur/ländlicher Raum

Frank Harsch fragt: Wie und konkret in welcher Höhe wird die zukünftige Regierung den weiteren Breitbandausbau bei den Kommunen fördern?

Andreas Jung (CDU):
Den Ausbau hochleistungsfähiger Breitband - und Mobilfunknetze wollen wir weiter in die Fläche bringen. Hierzu gehören mehr Wettbewerb, aber auch Kooperationsmodelle und eine verlässliche Förderung. Den Mobilfunk- und Glasfaserausbau wollen wir bis zur Erreichung der Ziele in das überragende öffentliche Interesse stellen.

Lina Seitzl (SPD): Ich habe mich in den letzten drei Jahren für zahlreiche Förderungen für den Landkreis Konstanz eingesetzt. So sind in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro Bundesförderung geflossen, unter anderem in Engen, Gottmadingen, Moos und Bodman-Ludwigshafen. Das muss weitergehen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Seit 2022 wurde die 5G-Verbreitung im Landkreis Konstanz durch die Gigabit-Strategie von 60 Prozent auf 86,62 Prozent gesteigert. Die FDP will den Glasfaser- und Mobilfunkausbau gezielt dort fördern, wo der privatwirtschaftliche Ausbau nicht rentabel ist. Um den Ausbau zu beschleunigen, soll dieser als überragendes öffentliches Interesse anerkannt und Ersatzneubauten genehmigungsfrei gestellt werden, auch bei Erweiterungen zur Deckung des steigenden Bedarfs.

Rosa Buss (Grüne): Wir werden bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau von Glasfaser und 5G-Mobilfunk schaffen, indem wir zum Beispiel Genehmigungsprozesse beschleunigen und alternative Verlegemethoden erleichtern.

Bernhard Eisenhut (AfD): Ohne Beteiligung der AfD wird es bald keine Förderungen mehr geben, wenn die Politik weiter darauf setzt, Geld für Dinge auszugeben, die nicht im Interesse der deutschen Bevölkerung sind.

Lars Hofmann (Linke): Wir fordern einen konsequenten und flächendeckenden Ausbau der Breitbandinfrastruktur, um digitale Teilhabe und wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen Deutschlands zu sichern. Es ist ein Skandal, dass noch nicht jeder Ort einen Breitband Anschluss hat. Dafür müssen wir so viel investieren wie nötig.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Es soll bei der bestehenden Förderung für den Breitbandausbau bleiben: der Bund übernimmt 50 und die Kommunen zehn Prozent. Baden-Württemberg hat sicherzustellen, dass es seinen Anteil von 40 Prozent leistet.
Thorsten Otterbach (unabhängig): Jeder hat Anspruch auf schnelles Internet. Der Breitbandausbau muss effizienter werden: Schnelles Internet via Kabel nur wo wirtschaftlich vertretbar. Abgelegene Höfe und Kleinstsiedlungen sind kostengünstig über Mobilfunknetze, Small Cells oder Mesh-Netzwerke zu versorgen.

Sebastian Knau (Volt): Volt fordert eine staatliche Grundversorgung mit schnellem Internet und gezielte Förderprogramme für strukturschwache Regionen.

Bernd Häusler fragt: Wie kann die Kappung der Gäubahn verhindert werden und wie zeitnah kann der Bau des Pfaffensteigtunnels erfolgen, der diesem Missstand entgegenwirkt?

Andreas Jung (CDU): Wir müssen politisch gegen eine Kappung über mehr als sieben Jahre kämpfen. Singen muss Drehscheibe bleiben und ein langjähriger Umstieg in Vaihingen muss abgewendet werden. Mit einem breiten Schulterschluss der Region. Das wäre inakzeptabel. Wir brauchen Fortschritt mit beschleunigtem Ausbau statt Rückschritt durch eine solche langwierige Kappung. Alle wichtigen Infrastrukturvorhaben müssen priorisiert und beschleunigt werden.

Lina Seitzl (SPD): Die Gäubahn ist seit fast 80 Jahren faktisch gekappt. Ein Umsteigezwang in Stuttgart-Vaihingen verschlechtert die Verbindung noch mehr. Für den langen eingleisigen Abschnitt muss endlich eine verbindliche Ausbauplanung her. Beim Pfaffensteigtunnel läuft bereits das Planfeststellungsverfahren. Von der Bahn erwarte ich bessere Vorschläge gegen die Nachteile des Umstiegs in Vaihingen.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Ich setze mich dafür ein, dass die Gäubahn endlich vorankommt, denn es ist unerträglich, dass wir bis in die 2040er-Jahre durch monate- oder jahrelange Unterbrechung von Teilstücken abgehängt sein sollen. Daher kämpfe ich zusätzlich auch für alternative Wege in den Fernverkehr. Dazu gehören eine stündliche Taktung der Hochrheinbahn nach Basel sowie perspektivisch ein täglicher ICE über die Schwarzwaldbahn.

Rosa Buss (Grüne): Wir sprechen uns gegen eine vollständige Kappung aus. Inzwischen ist die Finanzierung des Pfaffensteigtunnels gesichert und der Baubeginn für 2026 vorgesehen. Wir setzen uns entschieden dafür ein, dass an diesem Termin nicht mehr gerüttelt wird.

Bernhard Eisenhut (AfD): Ob und wie schnell der Tunnel gebaut wird, hängt auch davon ab, ob die Regierung auch künftig bereit ist in unsere Region zu investieren. Deshalb muss die Gäubahn auch erhalten bleiben, bis die alternative Strecke fertiggestellt ist.

Lars Hofmann (Linke): Stuttgart 21 ist ein Symbol dafür, was bei der Bahn schiefläuft: Es werden Milliarden in ein irrsinniges Projekt versenkt, ohne erkennbaren Nutzen für den Bahnverkehr und die Fahrgäste. Wir wollen, dass die Bahn sich endlich wieder an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientiert.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Wenn nicht gewährleistet werden kann, dass der Pfaffensteigtunnel bis 2032 oder davor in Betrieb geht, müssen die Pläne überdacht werden. Pendler und Fahrgäste sollen nicht über Gebühr für Planungsmängel und überlange Entscheidungsverfahren bestraft werden.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Die Kappung der Gäubahn ist zu nutzen, um zeitgleich die Strecke nach Stuttgart zweigleisig auszubauen. Ich habe 20 Jahre in der Region Stuttgart gewohnt und sehe als ortskundiger die Kappung gelassen. Zu Messe und Flughafen ist man sogar schneller mit der S-Bahn von Vaihingen. Wer in Innenstadt/Umland will hat in Vaihingen drei S-Bahn- und drei Stadtbahnlinien ohne Zeitverlust. Mannheim/Frankfurt sind via Offenburg, München ist via Lindau/Ulm zu erreichen. Bis zu 20 Minuten mehr benötigen nur die wenigen Reisenden nach Heilbronn/Würzburg beziehungsweise Aalen/Nürnberg. Ich frage mich seit Beginn der Gäubahndiskussion, wer überhaupt Bahnfahrerfahrung hat?

Sebastian Knau (Volt): Volt unterstützt den Ausbau der Gäubahn und den Bau des Pfaffensteigtunnels, um die Anbindung der Region zu sichern.

Thomas Auer fragt: Wie wollen Sie gewährleisten, dass die ländlichen Regionen in Belangen wie Gesundheitsversorgung, Pflege, Mobilität und Digitalisierung nicht abgehängt werden?

Andreas Jung (CDU): Die Herausforderungen in den ländlichen Regionen unterscheiden sich oftmals von den Städten. Die stationäre medizinische Versorgung mit einer flächendeckenden Grund- und Regelversorgung muss dabei mit der haus- und fachärztlichen Versorgung zusammengedacht werden. Das Schließen „Weißer Flecken“ beim Mobilfunk gehört genauso zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse wie der bedarfsgerechte Ausbau des ÖPNV. Aber auch künftig wird es auf dem Land nicht ohne Autos gehen.

Lina Seitzl (SPD):
Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland schaffen, indem wir Regionen mit besonderen Herausforderungen gezielt unterstützen. Die ländlichen Räume in Deutschland sind sehr unterschiedlich. Deshalb brauchen sie unterschiedliche Unterstützung.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP):
Durch beharrliches Arbeiten und Aufzeigen von Missständen. Indem ich mich weiter mit Leidenschaft und viel Herzblut für die Anliegen der Menschen im Landkreis Konstanz einsetze. Und zwar gerne auch mit meinen Kollegen, denen ich beiden auch wieder den Einzug in den Bundestag wünsche. Konstanz ist weit weg von Berlin, aber auch von Stuttgart. Man muss konsequent und beharrlich an den Dingen dranbleiben.

Rosa Buss (Grüne): Wir stärken Baden-Württembergs ländliche Regionen mit Glasfasernetzen, 5G-Mobilfunk und kommunalen Gesundheitszentren für bessere Versorgung. Rufbusse und vernetzte Kleinbusse verbessern die Mobilität auch in abgelegenen Gebieten. Durch Investitionen in Infrastruktur, Mobilität und Gesundheit sichern wir gleiche Chancen für alle Regionen.

Bernhard Eisenhut (AfD): Wie erwähnt, eine Erleichterung für die Niederlassung von Ärzten, ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser, Erhalt unserer Straßen, keine unnötige Belastung von Verbrennerfahrzeugen und ausreichende Investitionen in die digitale Infrastruktur.

Lars Hofmann (Linke): Wir fordern eine Infrastrukturgarantie für jeden Ort! Bus, Bäcker, Arztpraxen und Begegnungsorte müssen überall vorhanden sein. Schwimmbäder, Jugendzentren, Wohnungslosenhilfe und Schulpsycholog*innen sind unverzichtbarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dazu müssen die Kommunen ausreichend finanziert werden.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Durch Umschichtungen im Etat, etwa bei den Voraussetzungen für das Bürgergeld bei Bürgern und Migranten, können Mittel für digitale-, medizinische- und Verkehrsinvestitionen gewonnen werden. Sie initiieren einen Wirtschaftsaufschwung und helfen den Menschen auch im ländlichen Raum. Ohne zeitweiliges Aussetzen der Schuldenbremse wird das nicht gehen.

Thorsten Otterbach (unabhängig):
Das Auto ist für die Landbevölkerung unentbehrlich. Ich möchte Schluss machen mit dem Märchen, dass es möglich sein wird von jedem kleinen Dorf halbstündlich einen Bus in alle vier Himmelsrichtungen fahren zu lassen. Eine Nahverkehrsabgabe lehne ich ab.

Sebastian Knau (Volt): Mobilität, Gesundheitsversorgung und digitale Infrastruktur müssen in ländlichen Regionen ausgebaut werden, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken.

Wirtschaft

Simon Gröger fragt: Deutschland muss in seiner Rolle als wirtschaftsstarke Nation im internationalen Vergleich wieder eine höhere Wettbewerbsfähigkeit erreichen. Welche Maßnahmen wollen Sie hier einleiten?

Andreas Jung (CDU): Unsere Wirtschaft muss wieder in Schwung kommen. In unserer „Agenda 2030“ bekennen wir uns zu spürbaren Entlastungen für Beschäftigte und Unternehmen, zum Bürokratieabbau und zur Reduzierung der Energiekosten. Wir brauchen einen starken Binnenmarkt und fairen Handel statt Austritt aus der EU und Protektionismus. Bei Innovationen und Technologien müssen wir wieder an die Spitze.

Lina Seitzl (SPD): Standortvorteile eines modernen Industrielands sind gut ausgebildete Arbeitskräfte, hervorragend ausgestattete Schulen und Hochschulen und leistungsfähige Verkehrs- und Energienetze. In allen genannten Bereichen hat Deutschland in den vergangenen Jahren viel investiert, aber noch nicht genug. Das müssen und werden wir ändern. Private Investitionen werden wir durch eine Investitionsprämie in Höhe von zehn Prozent fördern.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Wir brauchen dringend eine Wirtschaftswende. Und zwar durch eine Entlastung unserer Unternehmen von Steuerlasten und Bürokratie. Weg mit kleinteiliger Gängelung. Her mit klaren Rahmenbedingungen wie den EU-Emissionshandel und her mit Technologieoffenheit. Wir setzen uns ein für weitere Freihandelsabkommen und die Förderung von Innovation und Bildung. Besonders der Mittelstand soll durch gezielte Maßnahmen entlastet und in seiner Rolle als Rückgrat der Wirtschaft gestärkt werden.

Rosa Buss (Grüne): Eine starker Wirtschaftsstandort braucht eine gute Infrastruktur und eine günstige Energieversorgung für die ansässigen Unternehmen. Mit einer modernisierten Schuldenbremse finanzieren wir die Investitionen in unsere Zukunft, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.

Bernhard Eisenhut (AfD): Deutschland ist weltweit eines der Länder mit den teuersten Strompreisen. Neben dem schon erwähnten Bürokratieabbau und dem Ausbau und Erhalt der Infrastruktur, müssen unsere Unternehmen wieder Zugriff auf günstige und zuverlässige Energie bekommen.

Lars Hofmann (Linke): Für uns ist nicht (nur) Wettbewerbsfähigkeit entscheidend, sondern auch sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit und der Stärkung einer solidarischen und regionalen Wirtschaft. Wir wollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit regionaler Wertschöpfung fördern, um Abhängigkeiten von globalen Lieferketten zu reduzieren. Die Infrastruktur in Deutschland ist marode, hier müssen wir zwingend investieren - auch das kurbelt die Wirtschaft an.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Unsere gute Stellung in Branchen wie Pharmazie und Chemie, Maschinenbau oder Automobilindustrie müssen wir halten. In den neuen Branchen der Industrie 4.0 wie Predictive Maintenance, Künstlicher Intelligenz oder virtueller Realität dürfen wir den Anschluss nicht verlieren. Investitionen und Neugründungen von Unternehmen werden wir deutlich erleichtern und fördern, denn hier, wie auch bei den Zuliefer- und Serviceunternehmen, entstehen die Arbeitsplätze von morgen. Deshalb werden wir die Bürokratie abbauen und KMUs mit Steuergutschriften von 25 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben unterstützen. Erbschafts- und Schenkungssteuern sollen so gestaltet werden, dass familiengeführte Unternehmen Investitionen und Zahl der Arbeitsplätze erhöhen. Die Energiepreise werden durch einem klug gestalteten Energiemix deutlich sinken.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Wo möglich Reaktivierung der Kernkraftwerke für günstige CO2-neutrale Grundlastversorgung. Abschaffung CO2-Steuer bei Bund/EU. Entbürokratisierung. Unternehmenssteuer 25 Prozent inklusive Gewerbesteuer. Die Schweiz kommuniziert im Internet in vier Amtssprachen und in der Weltsprache Englisch. Ich möchte Englisch als Behördensprache, um Deutschland für Fachkräfte mit Abschluss interessant zu machen.

Sebastian Knau (Volt):
Volt setzt auf Innovationsförderung, Bürokratieabbau und gezielte Steueranreize für Investitionen in Zukunftstechnologien.

Wohnungsbau

Susen Katter fragt: Der Mangel an Wohnraum ist ein bundesweites Problem. Zum Teil stehen uns veraltete Gesetze im Weg. Eine zeitgenössische Ausnahme muss jedoch bei landwirtschaftlichen Betrieben gelten. Derzeit ist nur eine Wohnung für die Hofleitung und eine weitere Generation möglich. Dagegen ist der Neubau von Ferienwohnungen möglich. Wie beurteilen Sie diese Widersprüchlichkeit? Beabsichtigen Sie, das Bau-Gesetzbuch oder andere Gesetze zu überarbeiten und der heutigen Zeit anzupassen?

Andreas Jung (CDU):
Wir wollen generell die zahlreichen Regelungen für den Wohnungsbau auf den Prüfstand stellen, entschlacken und vereinfachen - auch das Baugesetzbuch. Wohnraum ist eine große soziale Frage, dieses öffentliche Interesse muss zu Priorisierung und Beschleunigung führen.

Lina Seitzl (SPD):
Das SPD-geführte Bundesbauministerium hat eine grundlegende Überarbeitung des Baugesetzbuchs vorgelegt, die zur schnelleren Planung bei Wohngebäuden führen wird. Allerdings scheiterte ein Beschluss vor der Wahl an der Blockade der Union. In dieser Wahlperiode haben wir die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau verdreifacht. Zu Ihrem Beispiel: Diese Begrenzungen gelten im unbeplanten Außenbereich und dienen dem Schutz der landwirtschaftlichen Fläche vor übermäßiger Zersiedelung.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP): Es braucht Gesetzesanpassungen, insbesondere bei den Genehmigungsverfahren, um den Wohnungsbau zu beschleunigen. Wir müssen dringend pragmatischer werden. Die FDP plant zudem steuerliche Anreize wie verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und setzt auf einen umfassenden Bürokratieabbau im Bauwesen. Dazu gehören der Verzicht auf überflüssige Umweltgutachten, die Priorisierung von Wohnungsbauprojekten und die Einführung bundesweiter Standards für serielles Bauen.

Rosa Buss (Grüne): Die fortschreitende Versiegelung gefährdet Natur-, aber auch landwirtschaftliche Flächen, weshalb die Wohnungsnot nicht im Außenbereich gelöst werden kann. Wir setzen auf die Aktivierung von Bestandsflächen, sozialen Wohnungsbau und Genossenschaften, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – unterstützt durch gezielte Gesetze und Beratung.

Bernhard Eisenhut (AfD):
Aufgrund der - zum Glück - immer länger werdenden Lebenszeit der Menschen ist es sinnvoll, die Möglichkeiten für weitere Wohnungen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb auf drei Generationen zu erweitern. Zudem sollten Ausnahmeregelungen für die Teilung großer Bestandsgebäude gelten, die es ermöglichen, den bestehenden Wohnraum optimal zu nutzen.

Lars Hofmann (Linke): Es ist ungerecht, wenn der Neubau von Ferienwohnungen möglich ist, der Bau von Wohnungen für Beschäftigte in der Landwirtschaft hingegen nicht. In den Ballungsräumen, wo mehr Menschen hin- als wegziehen, wollen wir neue Wohnungen bauen - aber vor allem gemeinnützig, denn private Investoren führen zu steigenden Mietpreisen. Im ländlichen Raum braucht es nur vereinzelt Neubau, denn schon jetzt werden viel zu viele Flächen versiegelt.

Wilhelm-Ulrich Sander (Freie Wähler): Fehlende Wohnungen sind eine Katastrophe für viele Bürger und treiben vor allem die Mietpreise in die Höhe. Schnell umsetzbare Mittel, die hohen Baukosten zu senken, sind die Senkung der Energiekosten durch einen ideologiefreien Energie-Mix und zügiges Beheben des Fachkräftemangels durch Weiterbildungsoffensiven und das gezielte Anwerben von Fachkräften. Dazu der Abbau des Dschungels an Vorschriften wie überzogene Umweltschutz-Auflagen, langwierige Genehmigungsverfahren und umfangreiche Regulierungen. Steuerliche Anreize für Investitionen und Wohnungsbau sind ein weiteres Mittel. Die Widersprüche bei landwirtschaftlichen Betrieben sind nicht nur bei diesem Thema aufzuheben.

Thorsten Otterbach (unabhängig): Das Baugesetzbuch sollte wenig Regelungen enthalten. Diese sind vor Ort zu treffen. Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, mit relativ wenig Aufwand alte Bebauungspläne moderat nachverdichten zu können. Auf einem Bauernhof muss es selbstverständlich egal sein, ob der Wohnraum für Feriengäste oder alle in gerader Linie Verwandten geschaffen wird.

Sebastian Knau (Volt): Volt unterstützt eine flexiblere Handhabung des Baugesetzes, damit Wohnraum für Landwirte einfacher geschaffen werden kann, ohne neue Ferienwohnungen zu bevorzugen.

Autor:

Redaktion aus Singen

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