Hallo und guten Tag
WM-Fieber

und seit 2 Wochen sind in fast allen Biergärten und gastronomischen Außenbereiche Fernseher zu finden. Beim Spazieren gehen hört man mitfiebernde Fans, Jubel und Verzweiflungsschreie. Schwarz-Rot-Gold in allen Variationen, ob an Außenspiegeln, als Fähnchen, Girlanden oder witzigen Accessoires. Meine Hundeleine ist jetzt auch Schwarz-Rot-Gold müssen Sie wissen. Mein Herrchen fiebert nämlich mit. Und ja, er fiebert auch wenn das Rudel Nationalmannschaft mal schlecht spielt. Die Menschen scheinen immer wieder zu vergessen, dass es beim Sport um Spaß gehen sollte und erst recht bei Niederlagen wird der »12. Mann« gebraucht. Mein Herrchen konnte nur mit dem Kopf schütteln über die Reaktionen nach dem ersten verlorenen WM Spiel. Spieler und Trainer wurden auf die unterschiedlichste Art und Weise kritisiert und »durch den Kakao gezogen«. Es gehört doch auch Glück bei so einem Turnier dazu. Verschossene Bälle oder ein Fehlpass, der unglücklicherweise auch noch zu einem Tor führt, gehören ebenso zum Arbeitsalltag eines Spielers wie unzählige gelungene Spielzüge. Ist Ihnen bei der Arbeit noch nie ein Fehler unterlaufen? Vielleicht schon, nur stand es danach nicht in der Presse oder wurde von zig selbsternannten Experten kommentiert. In sozialen Netzwerken werden Sie wegen Ihrem Faupax höchstwahrscheinlich auch nicht beleidigt oder müssen sich rassistische Äußerungen anhören. Eine Unart, wie respektlos hier mit den Spielern teilweise umgegangen wird. Nach der Niederlage von Mexiko hagelte es Kritik, negative Stimmen gaben ihr Bestes um eine »die erreichen das Achtelfinale sowieso nicht« Stimmung zu erzeugen. Un-glaublicherweise sind diese Zweifler dann oft die Ersten im Autokorso, beim erreichen weiterer Siege. Da fällt mir noch ein, wie viele sind denn vom Weltmeisterrudel von 2014 noch im Team? Man kann doch nicht Leckerli mit Gemüse vergleichen. Erfolg ist nicht für die Ewigkeit und Misserfolg nicht tödlich. Das Spannende an solchen Großturnieren ist doch das Unvorhersehbare, die Überraschung und letztlich gehört auch das Eingestehen und Gönnen dazu, wenn ein Gegner besser ist. Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf dem Platz. 60–80.000 Menschen um Sie herum jubeln, pfeifen, schreien. Der 4. Stern und die Erwartungshaltung der Menschen hängt wie Blei an Ihrer linken Brust. Der Kameramann trägt einige Zentimeter vor Ihrer Nase die Kamera vorbei. Ihnen ist bewusst, dass Ihr Gesicht in genau diesem Moment lebensgroß auf Millionen von Bildschirmen zu sehen ist. Der Druck auf den Schultern der Spieler ist immens. Klar könnte man sagen »die verdienen auch genug«. Aber wollten Sie wirklich tauschen? In der Öffentlichkeit zu stehen bedeutet eine erhebliche Einschränkung der Privatsphäre. Jeder möchte alles von Ihnen wissen – und das was Sie machen, würden sowieso alle anders machen. Bei den Menschen sind die Ballspiele zu einer Maschinerie geworden, es fließt viel Geld – und wir würden wahrscheinlich mit den Ohren schlackern wenn manches ans Tageslicht käme, das im Verborgenen abläuft. Die Spieler, auf denen der Fokus der Zuschauer liegt, werden zu Spielfiguren und lenken vom großen Ganzen ab. Da kann sich manch einer ins Fäustchen lachen, über diejenigen, welche sich über verlorene Spiele aufregen… Ich wünsche Ihnen noch viel Spaß bei den nächsten Spielen – und wenn Sie kein Fan sind, genießen Sie die besten Plätze im Strandbad am See oder ein leeres Kino, Ihr Schnauze.

Autor:

Redaktion aus Singen

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