Neujahrsempfang
"Eigentlich haben Rielasingen und Worblingen alles richtig gemacht"

Den Neujahrsempfang stellte Bürgermeister Ralf Baumert (links) ganz ins Zeichen des Gemeindejubiläums. Dazu lieferte Kreisarchivar Friedemann Scheck jede Menge historischen Kontext und Anekdoten. | Foto: privat/Wochenblatt
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  • Den Neujahrsempfang stellte Bürgermeister Ralf Baumert (links) ganz ins Zeichen des Gemeindejubiläums. Dazu lieferte Kreisarchivar Friedemann Scheck jede Menge historischen Kontext und Anekdoten.
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Rielasingen-Worblingen. Schon in regulären Zeiten ist ein Neujahrsempfang etwas besonderes: Es wird Bilanz gezogen und in die Zukunft geschaut. Dass die Zeiten allerdings nicht ganz so regulär sind, machte Bürgermeister Ralf Baumert beim Neujahrsempfang in der Talwiesenhalle am Freitag, 17. Januar, schnell klar. 

Zum einen markiert dieser Empfang 2025 den Beginn des Festjahres zu 50 Jahren Einheitsgemeinde. Keine Seltenheit, wie der Blick in die Region verrät, aber nichtsdestotrotz ein Anlass dieses Jubiläum unter dem Motto "Miteinander - Füreinander" zu feiern. Denn, wie laut Baumert schon der Auftritt der beiden Musikvereine Rielasingen-Arlen und Worblingen gezeigt habe: "Wir sind auf einem guten Weg in diesen 50 Jahren."
Zum anderen befinde man sich aktuell in einer "Karenzzeit", zwischen dem Ende der Vorgängerregierung und der Neuwahl. Damit falle für ihn persönlich die politische Rede ganz klar weg. Den Neujahrsempfang sieht Ralf Baumert auch nicht geeignet, um in das "Jammertal" angesichts des vielen Leids auf der Welt mit einzustimmen. Stattdessen wolle er sich an einem positiven Blick versuchen. 

"Unvorstellbar"

Doch zuvor gab Baumert bereits einen Vorgeschmack auf den historischen Exkurs des Festredners, Kreisarchivar Friedhelm Scheck. Der erste Schritt zur Einheitsgemeinde erfolgte schon 1936 mit der Zwangseingemeindung Arlens nach Rielasingen, ehe dann 1975 im Rahmen der Verwaltungsreform Worblingen hier noch hinzukam. Nicht umgesetzt wurde die Idee, die heutige Gemeinde Rielasingen-Worblingen zusammen mit Bohlingen nach Singen einzugemeinden. "Unvorstellbar", attestierte dem auch Baumert.
In Zusammenarbeit von Gemeinde und Vereinen ist laut Ralf Baumert ein vielfältiges Jubiläumsprogramm entstanden, auf das er in seiner Rede einen kleinen Vorgeschmack bot: Eine Sonderausstellung des Heimat- und Museumsvereins im Dorfmuseum, ein Festwochenende am 2. und 3. August im Ten-Brink-Park und ein Galaabend am 10. Oktober in der Talwiesenhallen sind nur drei Veranstaltungen eines prallen Programms für 2025.

Mehr zum Jubiläumsprogramm:

Es folgte ein Fokus auf das Geschehen in der Gemeinde: Der Wechsel im Gemeinderat nach der Kommunalwahl 2024, die Planung des neuen Rathauses, der Neubau des Feuerwehrhauses, das Schaffen von Wohnraum, unter anderem für die Anschlussunterbringung Geflüchteter nach dem baldigen Abbau der Leichtbauhalle. Frustriert zeigte sich Baumert über den fehlenden Fortschritt beim Thema Hochwasserschutz seitens des Regierungspräsidiums Tübingen, nachdem ein Unwetter im Juni nochmals die potenziellen Gefahren aufgezeigt hatte. Während 2024 noch ohne Kreditaufnahme geklappt habe, sieht er für 2025 weniger finanziellen Spielraum: "Da die Pflichtaufgaben immer mehr werden, wird die Wunschliste entsprechend kleiner ausfallen."
Er sprach sich dennoch für einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft aus. "Unsere Gemeinde hat gezeigt, wie viel wir gemeinsam erreichen können", sagte Baumert. "Dieses 'Miteinander-Füreinander' muss unbedingt erhalten bleiben."

Ungeliebte Reform

Seinem Vortrag zum Werdegang der heutigen Doppelgemeinde schickte Friedhelm Scheck voraus: "Was sie von mir hören, ist gefiltert durch die Archive, durch die bewusste oder zufällige Überlieferung." Zunächst berichtete er über die Gründe hinter der Gemeindereform. "Nahezu jedes Dorf hatte eine selbständige Gemeindeverwaltung", zeichnete Scheck die Lage in Baden-Württemberg nach. Im Gebiet des heutigen Landkreis Konstanz gab es 1969 noch 104 Gemeinden, "viele hatten nur einige hundert Einwohner", berichtete der Kreisarchivar. Kommunale Aufgaben wurden jedoch zunehmend anspruchsvoller und die Landesregierung wollte mehr Effizienz in den Verwaltungen erreichen. Daraus folgte zunächst eine Reform der Kreisgrenzen, später die Gemeindereform.

Allerdings waren sowohl Rielasingen als auch Worblingen der Meinung, sehr gut selbständige Gemeinden bleiben zu können. Von Seiten der Landesregierung wurden in ersten Plänen allerdings die Orte Rielasingen, Worblingen und Bohlingen als ein Verwaltungsraum ausgewiesen. Scheck zitierte die Erkenntnis aus den Gemeinden: "Eine Zusammenarbeit sei in gewisser Hinsicht keine schlechte Lösung." Doch änderten sich die Pläne der Regierung in Stuttgart erneut: "Rielasingen und Worblingen sollten nach Singen eingemeindet werden." Die Idee kam nicht nur sehr unerwartet, sondern sei auch auf eine gewaltige Ablehnung gestoßen. Eine Befragung der Bürgerschaft führte zu einem eindeutigen Ergebnis: 89 Prozent in Worblingen und 81 Prozent in Rielasingen stimmten dagegen.

"Die Landesregierung korrigierte tatsächlich ihre Pläne erneut." Im nächsten Entwurf tauchte die Gemeinde "Aachtal" auf, bestehend aus Worblingen, Rielasingen und Bohlingen. Das scheiterte jedoch an den Bohlingern, die sich für die Eingemeindung nach Singen entschieden. Der weitere Prozess des Zusammenschlusses verlief laut Scheck dann recht reibungslos. "Zum 1. Januar 1975 war dann die Fusion vollzogen." 
"Eigentlich haben Rielasingen und Worblingen alles richtig gemacht", zieht Friedhelm Scheck als Fazit. Das liege auch daran, dass der Protest der Bürger gegen die Eingemeindung nach Singen durch den Landrat und die Landtagsabgeordneten in Stuttgart vertreten wurde. "Unterm Strich kann man ihnen allen zu dem Ergebnis durchaus gratulieren. Darum von mir: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag."

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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