Wahrheit im "Fasnachtsmuseum 4.0"
Passen Brauchtum und Digitalität wirklich zusammen?

Nicht wie hier durch eine VR-Brille, sondern mit der nächstmöglichen Technologiestufe der sogenannten Augmented Reality soll auch närrischen Besuchern im "Fasnachtsmuseum 4.0" das regionale Brauchtum näher gebracht werden und ihnen dahingehend ein Licht aufgehen, was sie jährlich auf den Straßen treiben. | Foto: swb-Bild: Michael Fuchs
  • Nicht wie hier durch eine VR-Brille, sondern mit der nächstmöglichen Technologiestufe der sogenannten Augmented Reality soll auch närrischen Besuchern im "Fasnachtsmuseum 4.0" das regionale Brauchtum näher gebracht werden und ihnen dahingehend ein Licht aufgehen, was sie jährlich auf den Straßen treiben.
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Eine Jahrhunderte alte Tradition, die hier in der Region fest verwurzelt ist. Ungefähr so kann man die hiesige Fasnacht bezeichnen. Der geplante Neubau des „Fasnachtsmuseums 4.0“ setzt sich jedoch nicht nur damit auseinander, sondern stellt auch indirekt die Frage, ob digitale Medien und das reale Leben der Straßenfasnacht wirklich miteinander koexistieren können.

„Unsere Idee war, ein personalisiertes Museum zu schaffen. Sprich der Besucher wird im Museum erkannt und manche Inhalte stellen sich auf ihn/sie ein“, erklärt Michael Fuchs vom Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein. Als Beispiele hierfür nennt er einfache oder andere Sprachen, die das Museum anhand einer Künstlichen Intelligenz (KI) offerieren kann. „Darüber hinaus haben wir uns mit der nächstmöglichen Technologiestufe über der ‚Virtual Reality‘ (VR), der ‚Augmented Reality‘ (AR) entschieden“, erklärt Fuchs. Der Unterschied dabei ist, dass man bei der VR von der Außenwelt abgeschirmt ist. Bei der AR schaut man etwa via I-Pad wie durch eine Art Brille auf die Welt, wodurch ergänzend Zusatzinformationen oder Bilder eingeblendet werden können. „Die ‚Brille‘ erkennt dabei den Raum, wodurch sich die Einblendungen dann an den Raum anpassen“, ergänzt Michael Fuchs.
Soweit so gut, aber wie erlebt der Besucher anhand dieser neuwertigen Technologie nun eigentlich die im Museum dargestellte Fasnacht? „Bei der Anwendung ‚Masken der Welt‘ beispielsweise haben wir einen Globus in den Raum projiziert, den ich mit der ‚Brille‘ umlaufen und dort dann verschiedenste Masken aus der ganzen Welt betrachten kann, in dem ich als Besucher mit dem Finger in die Luft tappe und dann Informationen zu den Masken, Bräuchen und Kulten erzählt werden“, sagt Michael Fuchs. Ganz am Anfang erhalten die Besucher eine kleine Maske, die sie selbst wählen können, hängen sich diese um und werden dann an den verschiedenen Stationen mit dieser Maske, die gleichzeitig Sender und Empfänger ist, erkannt. Die Person schlüpft laut Fuchs sozusagen während ihres Besuchs in die Rolle dieser Fasnachtsfigur und wird dementsprechend auch begrüßt.

Digitalität als Selbstverständlichkeit

Trotz dieser zahlreichen Möglichkeiten stellt sich jedoch berechtigterweise die Frage, was die „digitale Fasnacht“ generell verändert? Hierzu weist Michael Fuchs zunächst darauf hin, dass das Virtuelle immer mehr Raum in unserem Leben einnehme und vor allem in der jüngeren Generation inzwischen ein fester Lebensbestandteil sei. „Unsere Welt verändert sich durch Technologien, zudem leben wir in einer Zeit der Umwälzung, die wir so in der Menschheitsgeschichte noch nie erlebt haben.“ In ein paar Jahren so ist Fuchs sich sicher, werden diese Dinge nicht mehr hinterfragt werden, sondern es wird als selbstverständlich gelten, dass man mit digitalen Medien arbeite. Dies hat für ihn vor allem für das regional wichtige Brauchtum den Vorteil, Dinge offenzulegen und sichtbar zu machen, die nicht in der realen Fasnacht in der Praxis stattfinden. „Narren hinterfragen die Dinge, die sie machen nicht, sie leben einfach die Fasnacht“, merkt Michael Fuchs an. Doch würden die „närrischen Besucher“ sich auch durch das neue Museum intensiver mit der Tradition und dem Brauchtum, das sie ausüben, auseinandersetzen? Ja, lautet da die Antwort von Fuchs. „Wir möchten den Menschen, die aktiv Fasnacht machen, hiermit zusätzlich zu ihrer Praxis auch etwas Theorie an die Hand geben, um dadurch vielleicht auch mehr Bewusstsein zu entwickeln, was sie da jedes Jahr tun, sprich ihnen diese über Jahrhunderte entwickelte Tradition sowie deren Hintergründe zu vermitteln.“ Die Fasnacht, erläutert Michael Fuchs, könnte dadurch noch stärker in deren Bewusstsein verankert werden. „Die Menschen der Region erkennen, dass sie Teil dieser langen Tradition sind und dass ihre Identität stark mit der Fasnacht verbunden ist.“

Brauchtum immer in Bewegung

Doch auch über die Fasnacht hinaus hat Michael Fuchs eine klare Ansicht zum Thema KI, vor allem auch, weil es eben das „Fasnachtsmuseum 4.0“ so stark beeinflussen wird. „Auf der einen Seite ist sie sehr hilfreich für die Menschen und entwickelt viele positive Dinge, zum anderen aber sollte man sie auch kritisch hinterfragen, da wir uns immer mehr auch von künstlichen Maschinen abhängig machen, sie etwa viele Arbeitsplätze kostet oder die Überwachungsmöglichkeiten zunehmen.“ Das neue Museum, stellt Michael Fuchs auch klar, sei allerdings nicht abhängig von digitalen Entwicklungen, man könne das Museum auch ohne Medien erleben. Über die KI hinaus erkennt der Präsident der Langensteiner Cumpaney auch aktuelle Parallelen zwischen Fasnacht und den neuen Technologien. „Die Digitalität ist schon seit vielen Jahren fester Bestandteil der Fasnacht, da jeder mittlerweile etwas davon auf Social Media hochlädt.“ Somit sei für ihn schon jetzt ein reger Austausch zwischen der analogen Welt und digitalen Medien klar erkennbar. Generell gesagt ist Fasnacht für Fuchs etwas, was sich immer wieder verändert hat. „Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Dinge seit gefühlt 500 Jahren gleich sind, liegen sie falsch.“ Bräuche seien immer in Bewegung und passen sich immer wieder ihrer Zeit an. „Wenn sie dies nicht tun, haben sie es meistens schwer.“ Das ließe sich aber nicht nur auf die Fasnacht beziehen, sondern auch auf unser alltägliches Leben. „Zukünftig wird das Digitale und das Reale immer mehr zusammenwachsen, wir bekommen immer mehr Mischformen aus digitaler und realer Welt“, prognostiziert Michael Fuchs.

Digitalisierung als Mehrwert

Das Konzept des „Fasnachtsmuseums 4.0“, erklärt Fuchs, diene der wahren Fasnacht dadurch, dass es die Leute für die Fasnacht sensibilisiert und ihnen zeigt, was dies für die Region bedeutet. „Auch Menschen, die noch nie etwas mit Fasnacht zu tun gehabt haben, können hier einen Einblick bekommen.“ Es diene diesem Brauch auch insofern, indem es ein besseres Verständnis für die Fasnacht schaffen kann. „Unterstützt wird dieser Prozess heute aber auch schon etwa durch Instagram-Videos, sie holen die Bräuche in die moderne Welt hinein“, zeigt Fuchs auf. Und dennoch sei für ihn die Präsentation im Museum lediglich eine Dokumentation von dem, was wirklich auf der Straße passiert. Jedoch kann man im Museum auch Interaktivität erleben, erklärt er. „Wir haben beispielsweise einen Bildschirm, wo die Besucher Grimassen schneiden können. Die KI errechnet sich anhand dieser Grimasse aus, welche Maske aus dem Museum zum Besucher am besten passen würde, und wird diesem dann virtuell auf dem Monitor aufgesetzt. So kann der Besucher miterleben, was es bedeutet, eine Maske zu tragen.“ Jedoch, stellt Michael Fuchs den Standpunkt zur wahrhaftigen Fasnacht klar, sei dies einfach nicht die Realität, die findet draußen auf der Straße statt. Dem Museum gehe es nicht darum, die momentane Fasnacht zu simulieren, sondern Fragen zur Geschichte, Identität oder Region zu beantworten. Digitalisierung im Museum bedeute für Fuchs einen Mehrwert zu schaffen und nicht nur Dinge widerzukäuen. „Die Straßenfasnacht ist eine lebendige Geschichte, die im Moment gelebt wird und daher ein ganz starkes soziales Moment aufweist.“

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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