Narrentreiben im Kreis Konstanz
Fastnacht startet mit Vorfreude und Corona-Ängsten

Zur Fastnacht werden im Landkreis Konstanz wieder tausende Menschen zusammenkommen und feiern. swb-Bild: Symbolbild/Archiv
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  • hochgeladen von Tobias Lange

Landkreis Konstanz. S’got dagege. Für zahlreiche Vereine startete am 11. November die Fastnacht. Nach zwei Jahren coronabedingter Abstinenz können die Narren im Kreis Konstanz endlich wieder feiern. Doch es gibt auch Vereine, die sich noch zurückhalten.

Politikprominenz beim Narrengericht

Das Stockacher Narrengericht lädt zu seinem 8. politisch-närrischen "Spätschoppen" ins Bürgerhaus Adler Post nun definitiv ein. Und das mit Stargast Boris Palmer im zweiten Anlauf. "Die aktuellen politischen Schieflagen in BW, Berlin und weltweit, erfordern es, wieder etwas Ruhe und Ausgewogenheit in unser Ländle zu bringen. Daher war es uns dieses Jahr besonders wichtig, mal einen etwas gemäßigteren Ton nach Stockach zu holen, mal keinen Lautsprecher, sondern einen echten Mainstream-Typen, der nirgends aneckt oder missverstanden wird. Wir hoffen, dass uns das mit Boris Palmer, dem wiedergewählten Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, gelungen ist", gab aktuell Narrenrichter Jürgen Koterzyna per Medienmitteilung bekannt. "Schon jetzt können wir es kaum abschätzen, was wir mit dieser speziellen Auswahl an Rednern angerichtet haben werden", freut sich Jürgen Koterzyna richtig diebisch.

Boris Palmer zu Gast beim Narrengericht

An diesem Abend soll dann auch wieder eine Beklagte oder ein Beklagter für die große Verhandlung des Narrengerichts in der Jahnhalle bekanntgegeben werden. Bei der ersten Corona-Fastnacht 2021, als eigentlich so gut wie gar nichts ging, hatte das Narrengericht versucht in einer Video-Gerichtsverhandlung mit dem Wochenblatt noch "das Virus" zu verurteilen, doch das ist bekannterweise nicht erfolgreich gewesen, weil es sich einfach neu "verkleidet" hatte. Aufgrund der Festerfahrungen vom Herbst wird für diese Verhandlung gegen politische Prominenz mit einem sicher vollen Haus gerechnet.

Und sicher ist auch, dass es in 2023 sogar eine zweite Gerichtsverhandlung der Stockacher geben soll. Auf Einladung der Landesregierung und der Landesvertretung Baden-Württemberg können die Stockacher Narren ihre Heimatstadt Stockach und den Landkreis Konstanz vom 8. bis zum 11. Februar direkt in Berlin präsentieren. Das Narrengericht war ja schon einmal in 2008, damals mit knapp 140 Hästrägern dort, und war standesgemäß im Häs angereist. In der EnBW-Vertretung in Berlin soll es dann auf Einladung des ehemaligen Stockacher Zimmerers Andreas Renner dann an den Gerichtstisch gehen, nun nicht nur zu einer "Showverhandlung", wurde versprochen. Nur einen Haken hat die geplante Reise. Weil die Kasse des Narrengerichts wegen der letzten beiden Corona-Jahre etwas Ebbe hat, werden noch Sponsoren für diese Fahrt nach Berlin gesucht. "Nach zwei Jahren mehr oder weniger Fastnachtsabstinenz freuen wir uns auf 47 Tagen närrisches Treiben im Jahre 2023."

Rattlinger geben Vollgas

Die Fastnacht ist auch bei den Rielasinger Rattlingern mit aller Kraft zurück. Das wurde spürbar am großen Andrang auf das diesjährige Martinispiel der Narrenzunft Burg Rosenegg zur Eröffnung der Fastnachtssaison 2023 am Freitag in der Ruine. Über 400 Zuschauer drängten sich um die Freilichtbühne in der neblig umhauchten Ruine und wurden noch weiter von viel Theaternebel umhüllt. Sie konnten ein schauriges Stück um einen insolventen Junker, einen schuldigen Vogt, um Energiemangel und Hunger erleben, bei dem der Spuk eines Schlossgespenstes zur Abwehr des Gerichtsvollziehers am Ende ein "Fake" gewesen ist - und das natürlich ein glückliches Ende fand mit der Fasnetseröffnung im Berggasthaus bei Wurstsuppe und Schlachtplatte.

Martinispiel zum Fastnachtsstart

Im Rahmen der Martinisitzung machte Zunftmeister Holger Reutemann die Entschlossenheit der Zunft deutlich, wieder volles Programm für die Fastnacht vorzubereiten und auch durchzuziehen. Wie "früher" werde man wieder die Narrenspiele in vier Aufführungen vorbereiten und die ersten Koordinationstreffen habe es dafür schon zum Start gegeben. Für den Kinderumzug am Fasnetsonntag der drei örtlichen Narrenvereine, der das Highlight der Straßenfasnet in der närrischen Hochburg ist, wurde deshalb schon traditionell das Motto wieder bekannt gegeben: "Fasnet bei den Rittersleut" heißt es.

Breame wagen erstes Narrentreffen

Eine besondere Fastnacht konnten die Schlatter Breame am Martiniabend in der Hohenkrähenhalle, unter Präsident Jochen Metzger, mit den Tradionsfiguren Bream, Brücklehexe und Wilder Schlatter eröffnen und gleich auch noch einen Zuwachs präsentieren: Die neue Figur Breame-Datscher, die ohne Maske auf den Umzügen und im Narrentreiben unterwegs ist.

Der rund 45 Mitglieder starke Verein wird am 4. und. 5. Februar 2023 sein erstes Narrentreffen überhaupt veranstalten. Es ist als "Landschaftstreffen" der Landschaft Rosenegg unter Einbeziehung der Nachbardörfer geplant und sozusagen aus der Not geboren. Denn als die großen für 2023 geplanten Freundschaftstreffen der Narrenvereinigung abgesagt wurden, mangels Planungsperspektiven nach der zweiten Corona-Fastnacht, wurde nach einer neuen Lösung gesucht. Und die waren nun eben vier Landschaftstreffen, von denen in Schlatt eines stattfinden soll.

Fastnachtspremiere in Schlatt

"Wir wollen damit allen 120 Zünften unserer Narrenvereinigung die Möglichkeit geben, an einem Narrentreffen teilzunehmen", unterstrich der Präsident der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee, Rainer Hespeler, dazu im Rahmen einer anderen Martini-Veranstaltung. "Für uns bedeutete das freilich, in kürzester Zeit einen solchen Festtag in der Organisation so vorzubereiten, dass erst mal nur ein kleines finanzielles Risiko für unseren kleinen Verein entsteht", so Jochen Metzger im Gespräch mit dem Wochenblatt. Das bedeutet unter anderem: Es wird ein "Freiluft-Narrentreffen". Und es bedeutet viel Ehrenamt: insgesamt 18 Besenwirtschaften wird es am Umzugssonntag geben. Erwartet werden rund 1.600 Hästräger aus 23 Zünften der Landschaft Rosenegg, plus Musiker, die sich auf einem rund 1,3 Kilometer langen Umzugsweg präsentieren können.

Große Freude bei den Poppele

Bei der Poppele-Zunft in Singen sind die Erwartungen an die Fastnacht groß. Dort hat die fünfte Jahreszeit mit der traditionellen Erhebung des Poppele und der Rückgabe der Narrenkappe und Häser am 11. November begonnen. „Nach zwei Fasnet, die im Grunde nicht stattgefunden haben, freuen wir uns, dass sie wieder möglich ist“, sagt Zunftmeister Stephan Glunk. Die Fastnacht in Singen soll zurück zu den Zeiten vor Corona. "Mit allem, was bisher so war und allen Veranstaltungen, die wir bisher gemacht haben."

Die Poppele-Zunft startet in die Fastnacht

Bei aller Vorfreude schwingt allerdings auch etwas Sorge mit. Er hoffe, dass sich die Coronalage in den kommenden Wochen nicht wieder verschärft, da sonst eventuell die eine oder andere Veranstaltung nicht stattfinden könne, sagt Zunftmeister Glunk. Dennoch: "Die Freude ist riesengroß. Zwei Jahre keine ordentliche Fastnacht, das kann man eigentlich nicht aushalten als Narr." Passend ist da das Motto: "Rucket zämme!"

Gerstensackzunft freut sich über Neuzugänge

Unter dem Motto "Mir machet fürsi!" feiert die Narrenzunft Gerstensack in Gottmadingen die Fastnacht. Auch dort startete die fünfte Jahreszeit am 11. November mit dem Hissen der Fahne am Schneckenbrunnen. Freuen durfte sich die Narrenzunft auch auf sechs Neuaufnahmen. So kann sie gestärkt in eine – so hoffen die Narren – einschränkungsfreie Fastnacht gehen.

Fünfte Jahreszeit startet in Gottmadingen

Hohe Motivation bei den Zeller Narren

Auch den Radolfzeller Narren bei der Narrizella Ratoldi juckt es in den Fingern. "Wir planen, dass wir eine normale Fastnacht hinbekommen", sagt Vereinspräsident Martin Schäuble. Das heißt, dass man dort in der Annahme in die Vorbereitungen geht, dass es zu keinen pandemiebedingten Einschränkungen kommt.

Damen-Show eröffnet die Zeller Fastnacht

Den Start der Fastnacht feierten die Radolfzeller Narren am 11. November mit einer "Weiber Late-Night-Show". "Wir haben einen guten Start hingelegt und die Mitglieder sind motiviert", sagt Schäuble. "Alle sind mit an Bord."

Biberschwanz-Zunft geht moderne Wege

Bei der Narrenzunft Biberschwanz Bietingen startete am 11. November die Fastnacht mit der Geburt eines kleinen Heubibers aus dem Bach und der Kontrolle der Häser. Neben der Tradition haben die Bietinger Narren aber auch die Moderne im Blick, was sich durch die diesjährige Verkündung des Mottos "Valutinge goht schteil" per QR-Code zeigte.

Fastnachtseröffnung per QR-Code

„Die Narrenzunft Biberschwanz freut sich damit auf eine festreiche Fastnachtssaison 2023, die ausgiebig gefeiert werden will“, teilt der Verein mit.

Keine Fastnacht auf der Mainau

Wenig Freude herrscht hingegen bei der Hofnarrenzunft Mainauer Paradiesvögel. "Aufgrund der aktuell unsicheren Situation in Bezug auf die Energieversorgung, Kostenentwicklung und Corona-Pandemie, hat sich die Hofnarrenzunft Mainau Paradiesvögel schweren Herzens dazu entschieden, auch 2023 keine Fastnachtsveranstaltungen auf der Insel Mainau durchzuführen", heißt es seitens des Vereins.

Eine unbeschwerte Fastnacht sei derzeit nicht möglich, teilt auch Julia Sutter, Pressesprecherin der Mainau GmbH, mit. "Um das Brauchtum dennoch zu pflegen, soll ein kleiner Narrenbaum vor dem Restaurant Schwedenschenke gesetzt werden."

Von Oliver Fiedler und Tobias Lange

Autor:

Redaktion aus Singen

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