Großartige Vernissage des Radolfzeller Kunstvereins
»Vielleicht bewegen sie sich ja doch«

Vernissage Kunstverein Radolfzell in der Villa Bosch | Foto: Der Vorsitzende des Kunstvereins Radolfzell Dr. Wolff Voltmer eröffnete die Ausstellung in der Villa Bosch. swb-Bild: uj
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Radolfzell. Der Kunstverein Radolfzell und allen voran der Vorsitzende Dr. Wolff Voltmer durfte sich am vergangenen Freitagabend bei der Vernissage der neuen Kunstausstellung »Spiegelberg und Lockenroller« über ein volles Haus freuen.

Die Villa Bosch wird bis zum 25. August Schauplatz dieser farbenfrohen und objektreichen Doppelausstellung der beiden Künstlerinnen Cordula Güdemann und Gisela Kleinlein sein. Dass bei diesen hohen Außentemperaturen so viel Gäste erschienen waren, war sicherlich keine Selbstverständlichkeit, sondern dürfte vielmehr an der Großartigkeit der beiden Künstlerinnen gelegen haben.

In seiner Begrüßungsrede stellte Dr. Wolff Voltmer die beiden Künstlerinnen vor, die gemeinsam studierten, und trotz unterschiedlicher Wege sich nie aus den Augen verloren hätten. Heute haben beide eine Professur an den Kunsthochschulen in Stuttgart beziehungsweise Wuppertal inne. Der Kunstverein habe das Ansinnen, neben etablierten auch jungen Künstlern ein adäquates Forum zur Präsentation ihrer Arbeiten zu bieten. Deswegen sei dieses Jahr eine Doppelausstellung ausgerichtet worden, deren erster Teil mit dieser Vernissage eröffnet wurde, berichtete Voltmer. So würde der erste Teil mit den beiden Künstlerinnen starten, in der zweiten Phase würden dann Werke von Schülern der Klasse von Güdemann ausgestellt werden.

Laudator und Kunsthistoriker Clemens Ottnad verstand es in seiner Rede, bildhaft das Wirken und Werken beider Künstlerinnen lebhaft in Worten darzustellen. Er sprach dabei über den »Aufstand der Dinge«, die kunsthistorisch betrachtet immer wieder beschrieben wurden und nun wieder in neuer Form beschrieben werden. »Das Widerständige ihrer Malerei und Objekte, also »ihr« Aufstand der Dinge sowie der Aufstand der Figuren, des Materials und der Farbe kennzeichnet die hier gezeigten Arbeiten«, erläuterte er. »Spiegelberg und Lockenroller, sie rotten sich so auf zwei Etagen getrennt zu einem gemeinsamen Aufstand der Dinge zusammen.« Das Gemälde »Spiegelberg« sei exemplarisch für Güdemanns Malerei, das Objekt »Lockenroller« stehe für die Objekte Kleinleins, erläuterte Ottnad.

Güdemanns Malerei charakterisierte er als farbenfroh, die Figuren und Landschaften in sich verschlänge, Wirklichkeiten delirieren und daraus Neues hervorbringen lassen würde. Dabei sprach er von anmutenden apokalyptisch wirkenden Farblandschaften mit Verwerfungen und Lichtexplosionen, die imstande seien, weltgeschichtliche Visionen aufzuzeigen. Die schemenhaften Silhouetten sowie Reste von Architektur würden die Dinge immer nahe am Verschwinden zeigen und seien Hinweise auf ihr akutes Bedrohtsein.

Gisela Kleinlein habe sich schon früh dem dreidimensionalen Objekthaften zugewandt, erklärte Ottnad weiter. Daraus hätten sich höchst ungewöhnliche Materialsynthesen und Gebilde ergeben. »Das was uns zunächst vertraut erscheinen mag, erweist sich bei näherer Betrachtung als störrisch, aufwieglerisch, ironisch und verschmitzt. Apparaturen aller Länder, vereinigt euch, nie mehr wieder etwas Nützliches hervorzubringen.« In all den Dingen aus Holz, Gips, Kupfer, Stahl, oder Pappmaschee stecke etwas zutiefst Gefährliches. Häufig bodennah bis knienah arrangiert, könne man vor plötzlichen Angriffen nie sicher sein. »Vielleicht bewegen sie sich ja doch, die vielen Objekte.«

- Graziella Verchio

Autor:

Redaktion aus Singen

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