Energieforum mit wenig Unternehmern
Viele Visionen in Richtung Energiewende sind da - jetzt gehts um Macher
Radolfzell. Unter der Überschrift "Wir machen unsere Energie selbst" hatten kürzlich die Stadtverwaltung Radolfzell mit dem Dezernat für nachhaltige Stadtentwicklung, die Wirtschaftsförderung Radolfzell, die Stadtwerke Radolfzell und der Clusterverein "SolarLago" gemeinsam zu einem Energieforum ins Radolfzeller Milchwerk eingeladen. Zielgruppe der Veranstaltung waren eigentlich die Unternehmer aus der Stadt gewesen, die hier Informationen zur dekarbonisierten Energiewirtschaft im Sinne der in Radolfzell angestrebten Klimaneutralität bis 2035 bekommen sollten, diese waren im Plenum der Veranstaltungen doch nur sehr vereinzelt zu finden, das sich dann doch aus Personen zusammensetzte, die das Thema erneuerbare Energien ohnehin schon längst auf der Agenda hatten.
Wie vielfältig die Wege hin zu Klimaneutralen Strom- und Wärmeversorgung sind, die bereits eingeschlagen werden, und wie viele Anstrengungen noch nötig sind, um auf diesen Wegen weitere Schritte zu vollziehen, hatte die Veranstaltung mit hochrangigen Experten auf dem Podium, das von Dr. Alexander Schuler vom Geschäftsführer SolarLago, Dr. Alexander Schuler moderiert wurde.
Angelique Augenstein als Dezernentin für nachhaltige Stadtentwicklung machte den Anfang mit der Vorstellung der Ausbaupläne für Photovoltaik bei der man die Produktion in den letzten beiden Jahren erweitern konnte, aber noch viele mehr Kapazitäten benötigt. In 2023 hatte man eine Produktion von 5,8 Megawatt Peak (MWp) erreicht, in 2024 sei man durch neue Freiflächenanlagen, die Nutzung weiterer Dächer wie auch durch Aktionen mit bezuschussten Balkonkraftwerke bei 7,8 MWp angekommen, in 2025 wolle man 12 MWp erreichen, was freilich auch noch weit von dem prognostizieren Strombedarf entfernt liegt, so dass die Anstrengungen noch vervielfacht werden müssten. Planungen, auch Windkraft nutzen zu wollen, hat der Gemeinderat erst mal einen Riegel vorgeschoben.
Joachim Kania von den Stadtwerken Radolfzell stellte die "Projekte Null" der städtischen Tochtergesellschaft mit Thüga-Beteiligung vor. Mit einem ersten Nahwärmenetz, mit dem das Quartier ums Milchwerk mit den dortigen Industriebetrieben und Seemaxx wie auch angrenzende Wohngebiete, wie zum Beispiel das zunächst gescheiterte "Gleisdreieck" mit Wärme aus der Kläranlage versorgt werden könne, sei schon weit gediehen. Man arbeite auch schon an den Plänen, die Radolfzeller Altstadt mit "Seewärme" über große Wärmepumpen zu versorgen. Mit den realisierten Nahwärmenetzen in Möggingen und Liggeringen habe man wichtige Erfahrungen machen können, aber müsse zügig weiter Arbeiten. Schließlich sei die Ansage, dass bis 2040 kein Erdgas mehr über die Fernleitungen nach Radolfzell kommen werden, dann durch Wasserstoff ersetzt werde, was "relativ schnell" sei.
Franz Reichenbach vom Konstanzer Unternehmen ISC Research sieht freilich das Speicherproblem als die großer Herausforderung, weil gerade in der Region die Sonnenenergie doch klar im Vordergrund steht, die gespeichert werden muss um für die "Grundlast" zur Verfügung zu stehen. Nur auf reinen Wasserstoff zu setzen, scheint im nicht unbedingt ziehführend, die Energie sollte seiner Meinung nach als Methanol gespeichert werden, aus dem man mit hohen Wirkungsgrad wieder Wärme und Strom gewinnen könne und was durch die einfachere Lagerung auch über kleinere Anlagen in sehr dezentralen Strukturen möglich wäre, stellte er in seinem Vortrag vor.
Wie viel Potenzial für Photovoltaik in der Nutzung der Obstbau- und Ackerflächen liegt, und wie man hier auch durch Eigenvermarktung wirtschaftlich interessante Modelle umsetzen kann, stellte Josef Haferkamp von Unternehmen "Sonntag Energy" aus Lindau vor. Dr. Erick Rühland vom Konstanzer Unternehmen RCT-Power unterstrick auch die Notwendigkeit die Speicherkapazitäten um ein vielfaches auszubauen, in den Unternehmen selbst.
Den Stand von Planungen für einen "Wassersoff Hub" bei Villingen durch das Schweizer Unternehmen Inferner AG, der auch den Hegau mit beliefern könnte in einer späteren Ausbaustufe, wurden durch Edgar Schmieder von Inferner erläutert. Die Frage, was am Ende dann ein Kilo Wasserstoff Koste, und wie diese Kosten sich dann im Vergleich zu den derzeit gängigen Energieträgern darstellen, konnte freilich noch nicht beantwortet werden. Davon sei man noch eine ganze Weile weg, so Schmieder, der allerdings schon einschränkte, dass auch aus der Sicht seines Unternehmens Wasserstoff eher eine Übergangstechnologie sei, und Derivate die Methanol weiter führen könnten.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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