Radolfzell feiert das Markplatzkonzert
Eine Bühne ganz ohne Musiker zum Start. Aber dann...
Radolfzell. Die Stadtkapelle Radolfzell konnte sich bei ihrem Markplatzkonzert am Freitagabend einen besonderen Wunsch erfüllen. Und das vor einer hervorragend besetzten Kulisse, denn die im Hausherrenfest-Modus aufgestellten rund 600 Sitzplätze als Bierzelt-Garnituren reichten längst nicht aus und Hunderte von Zuschauern verfolgten das Konzert im Stehen bis in die Nacht hinein. Fanfaren vom Turm des Münsters ließen die Blicke nach oben schweifen, genau wie zum Start in den Hausherren-Sonntag vor dem Festumzug. Doch Kuno Rauch musste erst mal sehen, dass auf der Bühne keine MusikerInnen waren. Die Bühne war komplett leer.
Erst nach einigen Rufen schälte sich ein Schlagzeuger aus dem Publikum, den Kuno Rauch da auf die Bühne stellte. Danach musste das Publikum freilich die Hälse mehrfach drehen und die Verwunderung war in vielen Gesichtern abzulesen, was da wohl vor sich gehen könnte. Die ersten Trommelklänge waren vielversprechend: Ravels "Bolero" wurde angedeutet, das ja mit einigen Takten Schlagzeug-Solo beginnt. Und wie aus dem Nichts tauchten da MusikerInnen in den Reihen der Zuhörerinnen auf, die Dramaturgie des Stücks mit immer mehr Instrumenten ist ja wie geschaffen für solch eine Inszenierung des Staunens, aus dem ein großer Applaus wurde.
Inspiration aus Portugal
Die Stadtkapelle hatte sich mit dieser Flashmob-Eröffnung einen Wunsch erfüllt. Die Idee kam von Thomas Kauter aus der Reihe der Musiker. Der hatte mal eine bombastische Inszenierung eines solchen Flashmobs per Videokanal gesehen. Bei einem Aufenthalt in Porto kam er in den Bahnhof und es machte "Klick" im Kopf, denn das Video hatte genau dort gespielt in dieser besonderen Architektur. Da auch der Radolfzeller Münsterplatz und die Konzerte dort immer etwas Besonderes sind, war klar, dass sowas auch hier passieren sollte. Es war bestens gelungen.
Und damit war das Publikum für diesen Abend für weitere musikalische Leckerbissen bereit, die die Kapelle einstudiert hatte. Etwa mit Szenen aus dem "Fluch der Karibik", dessen Musik unter anderem von Hans Zimmer stammt und die seinerzeit geschrieben werden musste zu einem Zeitpunkt, da es noch keine Filmszenen dazu gab. Berauschend der Ausflug in die "Catskills Mountains" mit dem niederländischen Starkomponisten Johan de Meij, der seine neue Heimat bei New York dabei entdeckt.
Zum zweiten Mal überhaupt erklang auf dem so gut besetzten Markplatz, der freilich auch viele Nebengeräusche durch die Bewirtung produzierte, das große Auftragswerk "Lacus Acronius" (eine alte Bezeichnung für den Untersee) aus der Feder von Nikodemus Gollnau und Johannes Mittl, welches zum 250. Geburtstag der Stadtkapelle entstanden war und in acht bewegten Szenen Seegefühle für das Kopfkino entwickelt. Eine gewaltige Inszenierung auch für diesen so farbig illuminierten Marktplatz.
Von Untersee war es freilich nicht weit zur Donau gewesen, und mit dem Walzer "An der schönen blauen Donau", sonst am Neujahrskonzert ein "must", gab es zum Finale noch eine ganz spezielle Überraschung: Denn nun tauchten wie aus dem Nichts plötzlich Radolfzeller Trachten auf, die den Walzer hier auch tanzen, mit Einladung an das Publikum, das zwar den Marktplatz nicht in einen Ballsaal verwandelte, aber doch gerne die Einladung annahm. Und der Stadtkapelle war er erneut gelungen, das Attribut "einmalig" verwenden zu können.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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