Bergfest im Rathaus
Welche Ideen Thorsten Scigliano noch umsetzen will

Der Mühlinger Bürgermeister Thorsten Scigliano hat sich hinter seinem Schreibtisch sichtlich eingelebt. Auch wenn es die Ordnung nicht so aussehen lässt: Er hat für die kommenden vier Jahre noch einiges auf dem Tisch und in der Schublade. | Foto: Anja Kurz
  • Der Mühlinger Bürgermeister Thorsten Scigliano hat sich hinter seinem Schreibtisch sichtlich eingelebt. Auch wenn es die Ordnung nicht so aussehen lässt: Er hat für die kommenden vier Jahre noch einiges auf dem Tisch und in der Schublade.
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Mühlingen. Es ist Halbzeit in Mühlingen: Bürgermeister Thorsten Scigliano ist in der Mitte seiner Amtszeit angekommen, kann bereits auf vier Jahre zurückblicken und sich noch auf vier weitere Jahre freuen. Zeit für eine Zwischenbilanz.

„Die letzten vier Jahre waren natürlich schon prägend“, sagt Thorsten Scigliano rückblickend. „Zugleich war es eine erfüllte Phase meines Lebens.“ Zuvor war er über 30 Jahre in der freien Wirtschaft tätig. „Ein Unternehmer unternimmt etwas, die Verwaltung verwaltet“, laute dabei seine größte Lernerfahrung. Entscheidungen, die im Gemeinderat getroffen werden können, funktionieren zwar sehr schnell. „Sobald es aber in die nächsten Ebenen hochgeht, merkt man, wie zäh das alles wird.“

Von seinem Vorgänger, Manfred Jüppner, habe er einerseits eine Gemeinde mit einem ausgeglichenen Haushalt übernommen. Andererseits auch eine Menge Projekte, mit dem eigenen Anspruch, diese zu Ende zu bringen. Das sei gelungen, zum Beispiel beim Breitbandausbau und der Erschließung von vier Neubaugebieten. Auch eigene Projekte konnte Scigliano bereits umsetzen. Erst im Dezember startete der Neubau des Kindergartens „Sonnenfalter“ mit einem Spatenstich – ein Projekt, das den Bürgermeister besonders freut.

„Aber ich erfreue mich auch an Kleinigkeiten“, unterstreicht er. „Es läuft in einer kleinen Gemeinde wirklich vieles über den Schreibtisch des Bürgermeisters.“ Da gebe es zum Beispiel sos@muehlingen.de (SOS: Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit) als direkten Draht der Bürgerinnen und Bürger zur Gemeinde. Kleinere Anliegen, zum Beispiel ein voller Mülleimer oder ein klappernder Gullideckel, könne er mit seinen Mitarbeitern dann häufig schnell und unkompliziert lösen. Man kann an die Mail einfach vieles melden was an öffentlichen Flächen einem als Mangel auffällt.

Vorbereitet auf den Strom-Notfall

Die Energiekrise nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges im Jahr 2022 stellte den Bürgermeister, damals noch frisch im Amt, vor einige Fragen: „Was passiert wirklich, wenn der Strom weg ist? Was passiert mit einer Kläranlage? Was ist mit dem Rathaus und Feuerwehr? Wie können wir kommunizieren, wenn wir keinen Strom mehr haben?“ Fragen und Sorgen, die heute zwar wieder in die Ferne gerückt sind, auf die sich Scigliano und die Gemeinde aber mit Notfallplänen und -ausrüstung eingestellt haben.
Ebenfalls vorangetrieben habe er die Digitalisierung des Rathauses. „Viele sagen, die Verwaltungen sind nicht schnell genug mit Digitalisieren. Aber die meisten Bürger wünschen das fast gar nicht“, ist dabei seine Erfahrung. „In einer kleinen Kommune kommt der Bürger lieber ins Rathaus und holt sich so die Hilfe.“ Eine Bürgerfragestunde gebe es zum Beispiel in Mühlingen nicht: „Wer kommt, dem wird geholfen. Wenn ich da bin, werde ich mir und meine Mitarbeiterinnen auch immer die Zeit nehmen. Das ist das, was die Bürgernähe für uns als kleineres Rathaus ausmacht.“

Genau diese Nähe sei auch ein Grund gewesen, in einer kleinen Gemeinde als Bürgermeister zu kandidieren: „Hier gestalte ich mit dem Gemeinderat, statt dass zig Fachbereiche für mich gestalten.“ Das Vertrauensverhältnis zwischen Verwaltung, Gemeinderat und den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde sei gut. Und das soll auch so bleiben, lautet der Wunsch des Bürgermeisters für den Rest seiner Amtszeit.

Auf seiner Liste stehen noch einige Vorhaben für die kommenden vier Jahre. Die Grundschule etwa plane er dem Bedarf entsprechend umzugestalten und zu vergrößern, auch der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein Thema in der Gemeinde. Ende November entschied sich beispielsweise der Gemeinderat dafür, mit einer Fläche für einen Windpark in die Vermarktung zu gehen.

Mühlingen macht Weg frei für Windpark-Vermarktung

An vorderster Stelle stehe für ihn jedoch etwas anderes: „Ich möchte in meiner ersten Amtszeit auf jeden Fall ein Gewerbegebiet geplant und, wenn es finanziell machbar ist, auch erschlossen haben.“ Durch die Nähe zu Stockach, Tuttlingen, Messkirch und anderen Orten, habe die Gemeinde eine sehr gute und zentrale Lage. Doch bis ein Gewerbegebiet Realität wird, könne es einige Zeit dauern: „Wenn es gut läuft, sind es Minimum vier Jahre bis zum Spatenstich.“

Überzeugt

Der Biberbahn-Haltepunkt in Zoznegg, der 2024 eingeweiht wurde, mache die Gemeinde ebenfalls attraktiv für Gewerbe und Einwohner. „Ich war früher kein Freund der Biberbahn“, meinte Scigliano. Er sah das Risiko, dass deswegen der direkte Schulbusverkehr zwischen Mühlingen und Stockach eingestellt werden könnte. Daher habe sich die Gemeinde an der Analyse zur Biberbahn beteiligt. Das Ergebnis: „Das ist ein Busverkehr, der rechtlich nicht eingestellt werden kann, weil er nicht parallel zum Schienennetz fährt.“ Dass die Landkreise, durch die die Bahn einmal im Stundentakt fahren soll, deren Potenzial noch nicht zu sehen scheinen, bedauert der Mühlinger Bürgermeister.
„Mindestens 16 Jahre brauchst du als Bürgermeister, um eine Gemeinde voranzubringen und auch hinterher wieder sauber zu übergeben.“ Ob sein Name in vier Jahren wieder auf dem Stimmzettel stehen wird, wagt Thorsten Scigliano nicht sicher zu sagen. Aber: „Ich bin nicht angetreten, um nur eine Amtsperiode zu machen. Wenn der Bürger mir am Ende noch sein Vertrauen aussprechen wird, werde ich mit Sicherheit nicht ‚Nein‘ sagen.“

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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