Windkraft auf dem Schienerberg
Kein Blankoscheck von den Umweltverbänden
Moos. Windkraftbefürworter, Windkraftgegner und alles, was sich dazwischen bewegt, haben sich auf Einladung von BUND auf der Höri im Bürgerhaus Moos anlässlich eines Informationsabends über Windkraft auf dem Schienerberg zusammengefunden. Ziel der Veranstaltung war es, den Standpunkt der beiden großen Naturschutzorganisationen BUND und NABU zu diesem polarisierenden Thema aufzuzeigen.
Der BUND habe die Veranstaltung organisiert, "weil wir ganz nah dran sind an dem Thema", erklärte Moderator und Höri-BUND-Vorsitzender Martin Otto. Die Organisation betreibe praktischen Naturschutz. "Mit unseren Aktivitäten umarmen wir den ganzen Schienerberg." Sie betreibe Naturschutz an der Basis. "Wir tragen Frösche über die Straße, wir schneiden Bäume." Es brauche aber auch engagierten Klimaschutz.
Den Standpunkt von BUND und NABU, machte Yassin Cherid vom Dialogforum Energiewende und Naturschutz gleich zu Beginn seiner Ausführungen deutlich: "Ja zur Energiewende, weil sie für uns eine Maßnahme darstellt beim Kampf gegen die Klimakrise." Allerdings müsse der Ausbau naturverträglich geschehen. "Es gilt, jeden Standort einzeln zu prüfen und das geschieht auch hier auf dem Schienerberg."
Er sprach über Konfliktpotenziale wie Flächenverlust, Kollisionsgefahr für Vögel und Vergrämung von Tieren, zählte aber auch gleich Lösungsansätze auf, darunter Mindestabstände zu Gebieten, in denen sich Tiere besonders häufig aufhalten, Abschaltzeiten in Zeiten hoher Aktivität oder auch neue technische Möglichkeiten wie beispielsweise Vogelerkennungssysteme, die die Windräder abbremsen, wenn sich Vögel nähern. "Damit wird das Kollisionsrisiko erheblich reduziert." Das System sei aber relativ teuer und nicht an jedem Standort sinnvoll.
Er machte aber auch klar, dass die Umweltverbände mögliche Standorte bezüglich Natur- und Artenschutz hinterfragen werden. "Ziel ist es, die sensiblen Gebiete nicht zu beplanen."
Genau hinschauen
Eberhard Koch vom BUND und Thomas Körner vom NABU machten ebenfalls ihre Standpunkte deutlich. Es brauche Windräder und Solarparks, um die Energiewende umzusetzen, erklärte Eberhard Koch. Bei den Standorten für Windräder sind die Möglichkeiten begrenzt, da Vorgaben wie Mindestentfernungen eingehalten und Naturschutzgebiete und alte Wälder vermieden werden sollen. Was übrig bleibt, komme für Windparks infrage und "da gehört eben auch der Schienerberg dazu".
Grundgedanke sei, dass jede Region einen Beitrag leisten müsse. "Keiner darf sich drücken." Gleichzeitig müsse für die Eingriffe aber auch ein ökologischer Ausgleich geleistet werden. "Wenn der Ausgleich nicht möglich ist, muss die Genehmigung verwehrt werden." Er räumte ein: "Windparks sind eine Belastung für unsere Landschaft." Aber die Belastung wäre durch die "Klimakatastrophe" noch viel größer.
Auch Thomas Körner nahm kein Blatt vor den Bund. "Das wird sehr problematisch", meinte er hinsichtlich des möglichen Windrad-Standorts auf der Höri. Die Flächen müssten von den Umweltverbänden genau angeschaut und hinterfragt werden und eine auf Fakten fundierte Stellungnahme müsse erstellt werden. Die Beteiligung sei wichtig. "Nur wenn man mitspielt, kann man die Regeln mitgestalten." Denn Wildwuchs wolle keiner.
Kritik an den Umweltschützern
Von den Gästen des Abends gab es nach den Vorträgen einige Fragen: So kam der Infraschall zur Sprache, dessen Ruf als Gefahr für den Menschen laut Yassin Cherid auf einem Rechenfehler beruhe. Es gebe zwar Studien, bei den Schäden nachgewiesen wurden, dabei handelte es sich aber um Situationen, bei denen 120 Dezibel punktuell auf das Gewebe geschossen worden seien, was fernab von Windkraftanlagen sei. Vielmehr spiele der Nocebo-Effekt eine Rolle. Das bedeutet, dass die Person einen Schaden erwarten und er dadurch eintritt - als das Gegenteil vom Placebo-Effekt, der positive Auswirkungen hat.
Für Unruhe und Zwischenrufe sorgte die Frage, ob zwischen BUND und der Windenergie finanzielle Verbindungen bestünden. Der Fragensteller verwies dabei auf die Satzung des Bundesverbands Windenergie, einem Fachverband der Windenergiebranche, wonach bei Auflösung des Vereins das Vermögen an den BUND gehen soll. Eberhard Koch versicherte, dass es keine finanziellen Beziehungen gebe und auch Thomas Körner machte klar: "Ich habe noch nie etwas von einem Projektierer gekriegt."
Zudem kam unter anderem die Frage auf, ob für die Windräder auf dem Schienerberg ein Bürgerbeteiligungsmodell angedacht ist. Es sei vorgesehen, Bürger und Gemeinden zu beteiligen, konnte Eberhard Koch antworten. Von verschiedenen Gästen, die Windräder in Waldgebieten und Naturschutz als Gegensätze ansehen, wurde die Einstellung der Umweltverbände kritisiert.
Zu solchen Bemerkungen passte das Schlusswort von Martin Otto: "Gänzlich nein zu sagen, ist einfach." Doch es gebe keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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