HSG bekommt in Balingen kein Bein auf den Boden
"Wenn wir nicht gut spielen....."
Konstanz/ Balingen. Im letzten Spiel der Vorrunde bekam die HSG Konstanz vor allem in der ersten Hälfte keinen Fuß auf den Boden. Zwar musste der Drittliga-Meister auf elf Spieler und Co-Trainer Fabian Schlaich verzichten, aber auch die starke Leistung des HBW Balingen-Weilstetten II anerkennen, der sich mit dem 33:27 (19:12)-Heimsieg den direkten Klassenerhalt sichern konnte. Für die Konstanzer geht es nun darum, für den Beginn der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga in zwei Wochen alle Spieler wieder fit zu bekommen.
„Wir haben nicht gut gespielt“
Manchmal veranschaulicht eine einzige Szene eine komplette Partie. Wie jenes Tor des HBW II zum 27:17 durch Silas Wagner. 45 Minuten waren gespielt, als die Konstanzer den Pass an den Kreis unterbanden. Eigentlich schon im Ballbesitz waren. Doch der Ball trudelte auf dem Hallenboden durch vier Konstanzer Abwehrhände hindurch zum völlig frei stehenden Gegenspieler. Unfassbar. Zum Haare raufen.
„Wir haben nicht gut gespielt“, wurde Jörg Lützelberger deutlich. „Wir haben zu viele Fehler gemacht.“ Für den HSG-Coach die logische Konsequenz: „Wenn wir schlecht spielen, werden wir kein Spiel gewinnen“. Dass den Gästen neben Co-Trainer Fabian Schlaich mit Leon Grabenstein, David Knezevic, Jo Knipp, Joel Mauch, Niklas Ingenpaß, Samuel Wendel, Fynn Beckmann, der zuletzt gelobte U23-Kreisläufer Pascal Mack sowie Peter Schramm, Christos Erifopoulos und Carlos Marquis elf Spieler fehlten, stand für ihn nicht im Vordergrund. Es war die dargebotene Leistung auf dem Parkett, die in allen Mannschaftsteilen nicht ausreichend war.
Dank der guten Nachwuchsarbeit konnte mit Gianluca Herbel, Moritz Ebert sowie Nico Koch, Jens Koester und Jonas Hadlich etwas aus der eigenen U23 aufgefüllt werden. Für die drei Letztgenannten waren es die ersten Auftritte in der ersten Mannschaft überhaupt. Letztlich konnte sich Hadlich dreimal, Koch einmal in die Torschützenliste eintragen. „Bei ihnen müssen wir uns bedanken. Sie hatten schon am Freitag selbst ein Spiel, haben uns am Samstag im Training und am Sonntag im Spiel unterstützt“, lobte der dreimalige Europapokalgewinner. Gerade Hadlich fasste sich in der zweiten Hälfte ein paarmal ein Herz und übernahm erfolgreich Verantwortung.
Drei weitere Verletzungen?
Was die Gelb-Blauen jedoch gerade in der ersten Hälfte anboten, war deutlich zu wenig. Balingen verteidigte gut, mit gutem Rückzugsverhalten und sehr beweglicher, aggressiver Arbeit gegen den Ball. Zudem waren die Junggallier von der Schwäbischen Alb gnadenlos effektiv, vornehmlich über Lucas Munzinger, Jan Bitzer und Till Wente sehr druckvoll im Eins-gegen-eins und hatten kaum einen Fehlwurf zu verzeichnen. Das komplette Gegenteil davon waren die Gäste, die unglaublich viele Chancen ausließen. Nach der 4:2-Führung durch die HSG war HBW-Schlussmann Filip Baranasic immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens – oder die Konstanzer standen wie so oft nicht im Bunde mit dem Pfosten oder der Latte. „Balingen hat uns klar aufgezeigt, wo wir nicht gut waren“, so Lützelberger. 19 Gegentore und nur 12 eigene Treffer in der ersten Hälfte legen die Defizite schonungslos offen. Bei den Würfen aus der Distanz war der Block zu wenig zur Stelle und beschwerte Moritz Ebert, der den mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ausgefallenen Maximilian Wolf vertrat, einen schweren Abend. Dass sich im zweiten Durchgang noch zwei weitere Spieler bei unnötigen Aktionen verletzten, trübte die Stimmung enorm.
Überall fehlende Prozente
Denn sportlich bekam die HSG zumindest wieder etwas Kontrolle zurück. Gewann die zweite Hälfte mit einem Tor. Aber warf die Chancen auf deutlich mehr auch teilweise leichtfertig weg. So direkt nach der Pause. Nach drei Toren in Folge war Konstanz auf 15:20 wieder in Reichweite und hatte Möglichkeiten, noch näher heranzurücken. Stattdessen servierten sie den Hausherren jedoch mit überhasteten Abschlüssen den Ball regelrecht auf dem Serviertablett. Der HBW bedankte sich auf seine Art mit einem vorentscheidenden 5:0-Lauf zum 25:15. Lützelberger legte den Finger in die Wunde und bemängelte überall ein paar fehlende Prozente. „Wie deutlich sich das auf diesem Niveau auswirkt, haben wir gesehen“, so der 36-Jährige. Dennoch müsse man die Leistung im Lichte dessen sehen, dass „die Jungs 20 von 22 Spielen gewonnen haben und mit ihrem unglaublichen Teamspirit immer wieder an ihre Grenzen oder darüber hinaus gegangen sind.“
„Echte Vollkatastrophe“ droht
Auch in Balingen wollten es seine Schützlinge in den zweiten 30 Minuten noch einmal wissen. „Man darf nicht vergessen“, erklärte der EHF-Mastercoach, „dass das ganz junge Kerle sind, die das Spiel zu schnell drehen wollten.“ Nur 12 eigene Tore aus Halbzeit eins waren allerdings eine zu große Hypothek. Mit vielen Wechseln versuchte er die Belastung für jeden Einzelnen nach nur wenigen oder teilweise nur einer Trainingseinheit zu verteilen. Doch das Derby in Balingen könnte sich für die Konstanzer zwei Wochen vor der am ab 26. März beginnenden Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga noch als perspektivisch wirkende „echte Vollkatastrophe“ (Lützelberger) herausstellen. Der schlimme Verdacht besteht, dass weitere Spieler verletzt auszufallen drohen. Jetzt vor den Alles-oder-nichts-Duellen. „Uns hat es gerade richtig erwischt“, hofft der EHF-Mastercoach noch auf Entwarnung in den nächsten Tagen. „Wir werden versuchen, all das in der kommenden Woche abzuschütteln und zurückzukommen.“ Mit gezieltem Athletiktraining sollen nach den Zwangspausen Kraft und Energie zurückkehren, ehe die ganz großen Herausforderungen warten. Die Teilnehmer und der Spielplan für die Aufstiegsrunde werden erst nach Austragung einiger Nachholspiele in den nächsten Tagen feststehen. Wir berichten noch ausführlich darüber.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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