AOK Gesundheitsbericht 2024
Konstanz ist zweitgesündester Landkreis, doch psychische Erkrankungen nehmen zu

- Der Geschäftsführer der AOK-Bezirksdirektion Hochrhein-Bodensee, Martin Hummel (links) und der Geschäftsbereichsleiter Prävention, Karsten Schrankel bei der Vorstellung des AOK Gesundheitsberichts 2024 für den Landkreis Konstanz.
- hochgeladen von Sebastian Ridder
Konstanz. Es sind gute Nachrichten, doch trotzdem besteht Grund zur Sorge. Der Südwesten ist eine der gesündesten Regionen Deutschlands laut dem AOK Gesundheitsbericht 2024 - zumindest wenn es um die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle geht. Doch zum einen hält sich das Niveau der Ausfälle seit der Pandemie und zum anderen sorgen sich der Geschäftsführer der AOK-Bezirksdirektion Hochrhein-Bodensee, Martin Hummel, und der Geschäftsbereichsleiter Prävention, Karsten Schrankel, um den seit Jahren steigenden Anteil an Ausfällen wegen psychischer Erkankungen. Das Landratsamt teilt die Sorgen.
Wirkung der Pandemie und Cannabis-Legalisierung
Die Corona Pandemie hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Laut dem AOK Gesundheitsbericht ist der Krankenstand ist bundesweit zwischen den Jahren 2021 und 2022 von 5,4 auf 6,4 Prozent gestiegen. Im Landkreis Konstanz ist er in dieser Zeit von 4,6 auf 5,8 Prozent gestiegen. Aktuell liegt er dort bei 5,6 Prozent. Der AOK Gesundheitsbericht erfasst die Krankmeldungen aller ihrer beitragspflichtigen Mitglieder. Der Krankenstandt gibt an, an an wie viel Prozent der Arbeitstage jemand krank gemeldet ist. Die AOK ist die größte Krankenkasse in Baden-Württemberg. "Wir waren über zehn bis 20 Jahre Stagnation bis Veränderungen von 0,1 oder 0,2 Prozent nach oben oder nach unten gewöhnt", sagt Geschäftsbereichsleiter Prävention, Karsten Schrankel.
Das ist auch jetzt wieder so. Im Landkreis Konstanz lagen die Krankenstände in den Jahren 2022, 2023 und 2024 nämlich bei 5,8, 5,5 und 5,6 Prozent. Doch das heißt auch, dass sich das Niveau seit der Pandemie in etwa gehalten hat. Das ist bundesweit ebenfalls so. Auffällig ist in dem Bericht, dass die Menschen im Sommer häufiger krank sind, als früher, sagt Schrankel. Außerdem gibt es mehr Krankmeldungen mit kurzen Ausfallzeiten. Der Einfluss von Long Covid und der Cannabis-Legalisierung lasse sich hingegen statistisch noch nicht nachweisen. Bei Ersterem ist die Diagnose zu uneinheitlich und beim Cannabis gebe es noch nicht die notwendigen Daten, erklärt Martin Hummel. Doch laut dem Geschäftsführer sagtem ihm Ärzte und Klinikleiter, dass der Cannabismissbrauch bei jungen Menschen zunimmt. Der Missbrauch von Alkohol sei wiederum rückläufig, so Hummel.
Waldshut und Baden-Württemberg liegen vorne im Vergleich
Insgesamt gibt es aber auch gute Nachrichten für den Südwesten: Der Landkreis Waldshut ist nämlich der Gesündeste in Baden-Württemberg mit einem Krankenstand von 5,4 Prozent. Die Landkreise Konstanz und Lörrach sind gleich dahinter mit 5,6 Prozent. Im Ländervergleich wiederum sind nur die Bundesländer Bayern (5,9) und Berlin (5,8) vor Baden Württemberg. "Wir sind auf Platz drei in ganz Deutschland", so Schrankel. Dort liegt ein Krankenstand von 6,0, wie auch in Hamburg vor. Den höchsten Krankenstand hat Sachsen-Anhalt mit 7,7 Prozent.
Das gute Abschneiden des Landkreises Konstanz erklären Hummel und Schrankel anhand der Natur, des ökonomischen Standards und des Bildungsgrades in der Region. Letzterer spiele gerade eine Rolle, da ein umsichtiger Umgang mit Stress, Erkältungen und im Konfliktverhalten die Resilienz stärken können. Gerade in Anbetracht steigender Diagnosen psychischer Erkrankungen und deren Potential zu Langzeitausfällen zu führen, wenn sie unerkannt bleiben sei das wichtig, erkläutern Hummel und Schrankel.
Das Problem mit Langzeitausfällen und psychischen Erkrankungen
Immerhin sind psychische Erkrankungen gerade einmal der fünfthäufigste Grund für Arbeitunsfähigkeitsmeldungen im Landkreis Konstanz, machen aber 13,1 Prozent der Ausfalltage aus. Atemwegserkrankungen sind wiederum die häufigste Ursache für AU-Meldungen und machen mit einem Anteil von 15,6 fast genauso viel aus, wie psychische Erkrankungen. Den größten Anteil machen Muskel- und Skeletverletzungen mit 20,1 Prozent der Krankheitstage aus.
Zudem ist einzig bei psychischen Erkrankungen zu sehen, dass sich die Anzahl der Krankheitsmeldungen und der Anteil an den Krankheitstagen seit über 10 Jahren auf Bundes- und Lokalebene vergrößert. "Die psychischen Erkrankungen steigen raus", sagt Karsten Schrankel. Im Jahr 2013 habe die AOK deshalb beschlossen, darauf zu reagieren, wie er und Martin Hummel erklären.
Ähnliche Erkenntnisse hat auch das Landratsamt in Konstanz aus der kommunalen Gesundheitsberichterstattung und die Techniker Krankenkassen aus ihrem Gesundheitsbericht für Baden-Württemberg im Jahr 2024. "Aufgrund der weiten Verbreitung in der Bevölkerung haben Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit große Public Health Relevanz. Je besser einer solchen vorgebeugt bzw. je früher sie erkannt und bei Bedarf behandelt wird, umso größer sind die Chancen, schwere Erkrankungen und Chronifizierungen zu vermeiden", sagt die Pressesprecherin des Landrats Marlene Pellhammer
Das wird dagegen unternommen
"Das können wir uns als Gesellschaft auf lange Sicht irgendwann nicht mehr leisten", sagt Karsten Schrankel. Die AOK bietet deshalb Schulungen in Unternehmen, Schulen, Kindergärten und Vereinen an. Dabei wird zum einen auf das eigene Verhalten geschaut, aber auch auf die Arbeitsverhältnisse und was Arbeitgeber tun können. Für Unternehmen hat die Krankenkasse das Programm "Lebe Balance" geschaffen, um Führungskräfte im Umgang mit Mitarbeitern zu schulen. Das Landratsamt hat wiederum zum Welttag für seelische Gesundheit im Oktober 2024 die Veranstaltung "Be kind to your mind –Stärke Deine mentale Gesundheit" mit mehr als 500 Interessierten und Expertenvorträge, unter anderem von Karsten Schrankel, in der Stadthalle Singen veranstaltet. Auf die Frage, ob die AOK mehr Unterstützung in der Präventionsarbeit brauche, sagte er: "Mehr darf immer sein."
Autor:Sebastian Ridder aus Konstanz |
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