Migrationsbericht der Stadt Konstanz
Ein Jahrzehnt gelebte Vielfalt
Konstanz. Konstanz ist eine Stadt im Wandel, geprägt von ihrer kulturellen Vielfalt. Menschen aus 168 Ländern leben hier, rund jede/r dritte/r KonstanzerIn hat eine internationale Biographie. Die Ursachen dieser Diversität sind vielfältig –unter anderem spielen die Fluchtmigration sowie der Krieg in der Ukraine eine bedeutende Rolle. Seit 2015 haben Tausende Geflüchtete in der Stadt ein neues Zuhause gefunden. Der Migrationsbericht 2014 bis 2024 liefert erstmals gebündelte Einblicke in das Integrationsgeschehen und bietet eine Grundlage für künftige Entscheidungen und Maßnahmen. Wie leben die Zugewanderten in der Stadt? Wo und wie wohnen sie? Wie klappt es mit dem Erlernen der deutschen Sprache und dem Zugang zum Arbeitsmarkt? Der Migrations- und Integrationsbericht 2014 bis 2024 versucht, auf genau solche Fragen Antworten zusammenzutragen. Die Veröffentlichung des Berichts durch die Stabsstelle Konstanz International ist für das erste Quartal 2025 geplant.
Bevölkerungswachstum durch Migration: Konstanz wird internationaler
Die Einwohnerzahl von Konstanz ist in den letzten zehn Jahren von 83.179 auf 87.360 Personen gestiegen. Der Migrationsbericht macht dabei deutlich, dass Zuwanderung ein wesentlicher Faktor für das demografische Wachstum von Konstanz ist: Die Zunahme um etwa 4.000 Menschen ist vor allem auf Personen mit internationaler Biographie zurückzuführen. Mit Ausnahme des Corona-geprägten Jahres 2020, in dem Migrationsbewegungen stark eingeschränkt waren, gibt es seit 2018 eine Abnahme der deutschen Bevölkerung ohne Migrationsbiographie und eine Zunahme der Bevölkerung mit Migrationsbiographie.
Der größte Zuzug von Personen ohne deutschen Pass erfolgte 2022 und geht hauptsächlich auf die Zuwanderung von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine zurück. Heute hat mehr als ein Drittel der Bevölkerung eine internationale Biographie und 17,5 Prozent der Bevölkerung besitzen keine deutsche Staatsangehörigkeit.
Fluchtmigration: Zahlen, Entwicklungen und Auswirkungen
2014 lebten 289 Geflüchtete in Konstanz, 2024 waren es 3.353 Geflüchtete. Der größte Zuwachs erfolgte in den Jahren 2015/2016 sowie 2022, als viele Menschen aus Syrien, Afghanistan und zuletzt aus der Ukraine in die Stadt kamen. Konstanz nimmt etwa ein Drittel der Geflüchteten im Landkreis auf. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind Geflüchtete aus der Ukraine die größte Gruppe. Ende 2024 lebten rund 1.300 ukrainische Geflüchtete in Konstanz. Weitere wichtige Herkunftsländer der Geflüchteten in Konstanz sind Eritrea, Iran, Nigeria, Gambia und Somalia.
Einbürgerungen: Integration auf dem Papier
Zwischen 2014 und Oktober 2024 wurden in Konstanz 2.587 Personen eingebürgert –ein wichtiger Indikator für gelungene Integration. Voraussetzung für die Einbürgerung sind unter anderem ausreichende Sprachkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts. Die höchsten Einbürgerungszahlen wurden 2022 erreicht, während die Zahlen in der Pandemiezeit rückläufig waren. Mit der beschlossenen Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts im vergangenen Sommer wird erwartet, dass die Zahlen in den nächsten Jahren enorm steigen.
Sprache: Eine Grundlage für Teilhabe
Der Erwerb der deutschen Sprache ist eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Konstanz bietet hierfür ein breites Angebot an Sprachkursen von professionellen Sprachkursträgern und Institutionen. Für Neuzugewanderte stehen zudem viele ehrenamtliche Sprachkurse sowie ein Sprachmittlerdienst zur Verfügung.
Bei ukrainischen Geflüchteten zeigt eine Studie große Fortschritte: Während 2022 noch 55 Prozent der ukrainischen Zugewanderten in Konstanz angaben, keine Deutschkenntnisse zu haben, sank dieser Anteil bis 2024 auf elf Prozent. Gleichzeitig hat ein Drittel dieser Gruppe das Sprachniveau B1 erreicht –ein wichtiger Meilenstein, der den Zugang zum Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Integration erleichtert.
Wohnen: Eine Herausforderung
2024 betreibt die Stadt Konstanz insgesamt elf Gebäude als Anschlussunterbringungen. Der überwiegende Teil der Geflüchteten in Konstanz wohnt jedoch privat – viele von ihnen auf eigene Initiative, andere über das Bürgeramt und Programme wie die Initiative 83 oder Raumteiler. Von insgesamt 3.353 Geflüchteten in Konstanz (Stand Juni 2024) wohnten 360 in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises, 825 Personen in der Anschlussunterbringung und rund 2.160 in privaten Wohnungen. Dennoch bleibt der Wohnungsmarkt eine der größten Herausforderungen für Zugewanderte.
Arbeitsmarktintegration: Fortschritte trotz Hürden
In Konstanz sind viele Zugewanderte in Branchen tätig, die stark auf Arbeitskräfte angewiesen sind – etwa Gastronomie, Handel, Logistik und Reinigung. Der Migrationsbericht zeigt, dass insbesondere bei Geflüchteten Fortschritte erzielt wurden. Die Erwerbsquote steigt mit zunehmender Aufenthaltsdauer: Vier Jahre nach der Ankunft liegt sie bei durchschnittlich 39 Prozent, nach sieben Jahren bei 64 Prozent. Besonders erfolgreich verlief die Arbeitsmarktintegration bei Geflüchteten aus der Ukraine, da sie von Anfang an eine Arbeitserlaubnis erhielten. Für bestimmte Branchen – darunter beispielsweise die Pflege – ist die Zuwanderung ein entscheidender Faktor. So waren beispielsweise zum 31. Dezember 2023 bei der Spitalstiftung insgesamt 56 Pflege-Auszubildende beschäftigt. Davon waren 18 Prozent deutscher Nationalität, während 82 Prozent aus anderen Nationen stammten.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Konstanz
Die Konstanzer Bürgerbefragung 2021 untersuchte unter anderem, wie die kulturelle Vielfalt und der Zusammenhalt in der Stadt von den BürgerInnen wahrgenommen werden – sowohl von Menschen mit als auch ohne internationale Biographie. Die Ergebnisse zeigen eine große Verbundenheit mit der Stadt: 63 Prozent der Befragten mit internationaler Biographie und 72 Prozent ohne Migrationshintergrund gaben an, sich stark oder ziemlich verbunden zu fühlen. Auch die Einstellung zur kulturellen Vielfalt wurde von den meisten Teilnehmenden positiv bewertet. Zusätzlich im Rahmen des Migrationsberichts durchgeführte Interviews bestätigten diese Ergebnisse weitgehend. Der soziale Zusammenhalt wird von vielen als gut wahrgenommen, es gibt aber auch Bereiche, in denen noch Verbesserungen möglich sind.
Besonders positiv wurde die große Hilfsbereitschaft und das Engagement der KonstanzerInnen hervorgehoben – sei es durch private Initiativen oder durch die Unterstützung von Wohlfahrtsorganisationen. Allerdings wurden auch kritische Punkte angesprochen: Einige Befragte berichteten von ihren Rassismus-und Diskriminierungserfahrungen und äußerten Sorgen über den wachsenden Einfluss rechtsextremer Gruppen. Auch wenn es bisher keine direkten Aktionen gab, empfinden manche ihre Präsenz als belastend für das gesellschaftliche Klima.
Weitere Ergebnisse unter konstanz.de/buergerbefragung
Hintergrund: Der Internationale Ausschuss
Seit Mai 2024 verfügt der Gemeinderat Konstanz über einen Internationalen Ausschuss, der aus dem früheren Internationalen Forum hervorgegangen ist. Er setzt sich aus VertreterInnen der Fraktionen sowie zwölf sachkundigen BürgerInnen zusammen. Gemeinsam beraten sie den Gemeinderat zu zentralen Themen des interkulturellen Zusammenlebens. Im Fokus stehen Handlungsfelder wie Diversity Management, Sprache, Bildung, Arbeit, Engagement und Beteiligung.
Der Internationale Ausschuss tagt dreimal pro Jahr. Die sachkundigen Mitglieder werden jeweils für fünf Jahre benannt; die aktuelle Amtsperiode läuft von 2024 bis 2029. Die Geschäftsstelle des Ausschusses liegt bei der Stabsstelle Konstanz International.
Mehr Infos über den Internationalen Ausschuss unter konstanz.de/international/stabs-stelle+konstanz+international/geschaeftsstelle+internationaler+ausschuss
Hintergrund: Konstanz als sicherer Hafen
Im Oktober 2018 erklärte sich die Stadt Konstanz zur „Stadt Sicherer Hafen“. Ein Jahr später, am 26. September 2019, beschloss der Gemeinderat den Beitritt zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ und die Unterzeichnung der Potsdamer Erklärung. Dieses Bündnis vereint bundesweit Kommunen, die sich mit der Initiative Seebrücke und der Seenotrettung im Mittelmeer solidarisieren. Die Mitglieder verpflichten sich, Schutzsuchende, die aus Seenot gerettet wurden oder in überfüllten Lagern festsitzen, zusätzlich aufzunehmen. Die Bündnisstädte verstehen sich als humanitäre Wertgemeinschaft mit hoher Kompetenz für die Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen und bekräftigen gegenüber der Bundesregierung ihr Angebot zur Unterstützung und zur zusätzlichen Aufnahme. Als „Stadt Sicherer Hafen“ engagiert sich Konstanz aktiv für die Seenotrettung und unterstützt die Organisation Sea-Eye e.V. finanziell seit 2020.
Quelle: Pressestelle Stadt Konstanz
Autor:Presseinfo aus Singen |
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