Hilzingen beriet über Flüchtlingsunterkunft
"Möchten das Projekt so schnell nicht aus der Hand geben"

Hier im Hotel "Am Kellhof" soll es, wenn es nach Bürgermeister Holger Mayer geht, bereits zum 1. Januar 2024 weitere Geflüchtete unterkommen. | Foto: Philipp Findling
  • Hier im Hotel "Am Kellhof" soll es, wenn es nach Bürgermeister Holger Mayer geht, bereits zum 1. Januar 2024 weitere Geflüchtete unterkommen.
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Hilzingen. Das Thema rund um die Geflüchteten im Landkreis scheint kein Ende zu nehmen. So auch in Hilzingen, wo man gestern im Gemeinderat über eine potenzielle Unterbringung im Hotel "Am Kellhof" beriet.

"Der Druck an die Landkreise ist sehr hoch. Das wird sich auch in den kommenden Jahren weiterhin bemerkbar machen", verdeutlichte Bürgermeister Holger Mayer zu Beginn des Tagesordnungspunktes. Laut einem Brief der Justizministerin Marion Gentges an die Landkreise wurden im Land Baden-Württemberg im Jahr 2022 mit rund 178.000 Geflüchteten deutlich mehr Personen aufgenommen als in 2015 und 2016 zusammen. Aktuell stehe man deutlich im Minus, so müsse man derzeit 53 Geflüchtete in der Gemeinde unterbringen, "Tendenz steigend", so Mayer. Dabei hatte man anfangs mit den dezentralen Unterbringung noch großen Erfolg, was dem Bürgermeister zufolge jetzt jedoch aufgrund der immer weiter ansteigenden Zahlen "einfach nicht mehr möglich" sei. Auch von einer Lösung, die Geflüchteten in Turn- und Sporthallen unterzubringen schließt der Gemeinderat laut Mayer kategorisch aus: "Wir können den Schulen und Vereinen die Hallen nicht wegnehmen, da wir ihnen gegenüber eine gewisse Verantwortung haben." 
Im September 2022 hat der Landkreis Konstanz Beherbergungsbetriebe im Landkreis, unter anderem auch in Frage kommende das Hotel "Am Kellhof" bezüglich einer Unterbringung von Geflüchteten kontaktiert. "Nach mehreren Gesprächen haben uns die Hotelbetreiber mitgeteilt, dass sie sich vorstellen könnten, das Hotel hierfür zur Verfügung zu stellen", erläuterte Mayer. "Die Initiative kam vom Betreiber, auch wenn uns das Hotel vom Landkreis angeboten wurde", bekräftigte Gemeinderätin Barbara Kissmehl diesen Punkt. "Eine Zustimmung des Hotels war die Voraussetzung für die Unterbringung", so der Bürgermeister. Vorgesehen ist zunächst ein Mietverhältnis mit dem Hotelbetreiber und einer daraus folgenden Untervermietung an den Landkreis. Dies hätte laut Mayer den Vorteil, dass die Belegung von 70 möglichen Geflüchteten auf die Gemeindequote angerechnet werden könnte. Zudem könne das Hotel relativ schnell zum 1. Januar 2024 belegt werden. Nach etwa fünf Jahren soll das Hotel laut Beschlussvorlage in die kommunale Anschlussunterbringung übergehen. "Das Hotel, dessen regulärer Betrieb von Touristen durch die Unterbringung der Geflüchteten wegfallen würde, bietet mit vorhandenen Gemeinschaftsräumen und der Lage an der Bundesstraße sowie einer Bushaltestelle und Einkaufsmöglichkeit eine optimale Infrastruktur", erklärt Mayer. Die Zeit drängt, was auch die bisher 16.575 Euro, welche die Gemeinde für nicht untergebrachte Geflüchtete bezahlen musste, zeigen.

"Die Ampel steht nicht auf rot, sondern dunkelrot", warnte Gemeinderat Sigmar Schnutenhaus angesichts Platz 20 im Gemeinderanking bei der Nichterfüllung von untergebrachten Geflüchteten. Seiner Ansicht nach habe man das Thema ein wenig vernachlässigt und war damals nicht bereit, anderes Geld in die Hand zu nehmen. "Eine Integration fehlt hier komplett", so Schnutenhaus. Die Idee, das Hotel nach fünf Jahren als Anschlussunterbringung zu nutzen, hält er für denkbar ungeeignet, so sei dies für ihn "nicht im moralisch gesellschaftlichen Auftrag" vereinbar. "Wir wollen hier die Chance der Integration bieten und dürfen uns daher nicht politisch treiben lassen." Die Integration fehle für ihn bei diesem Vorhaben komplett. Auch die potenzielle Gesamtlaufzeit von zehn Jahren betrachtet Schnuthaus als zu lang: "Hier würde ich lediglich eine Option als Anschlussunterbringung für zwei Jahre vorschlagen, um kurzfristig auf Konflikte wie der Änderung von Flüchtlingsrechten reagieren zu können, was vom Gremium jedoch abgelehnt wurde. Zudem seien bei 70 unterzubringenden Menschen Umbaumaßnahmen notwendig, weshalb er sich frage, ob die vom Landkreis veranschlagten Mehrkosten von 100.000 Euro ausreichen würden, zumal die Gemeinde nicht darüber informierte, wie hoch die darüber hinausgehenden Kosten sein könnten. Hierzu stellte Schnutenhaus den Antrag, die notwendigen Investitionskosten seitens der Gemeinde zu ermitteln und als überplanmäßige Ausgaben bei Wirksamkeit in 2023 in den Haushalt einzustellen und bei Wirksamkeit in 2024 in den Haushaltsplanentwurf aufzunehmen. Diesem stimmte der Gemeinderat einstimmig zu. 

"Wir haben das Thema nicht vernachlässigt", entgegnete Mayer auf die aktuelle "Ampelsituation". Andere Gemeinden haben Leute unterbringen können, daher sei man in diesen Bereich gerutscht. "Dies wird umgekehrt auch bei uns der Fall sein, sollten die geplante Lösung zum Tragen kommen." Auch auf die Aussage zur Integration entgegnete Mayer wie folgt: "Wir haben diese in letzter Zeit mit Integrationsmanagerinnen aufgestockt und werden auch weiterhin auf ehrenamtliches Engagement setzen, um eine schnelle Integration zu ermöglichen." Mit Hausmeistern, einer Heimleitung, sozialen Diensten sowie Kinderprogrammen gebe es genug Möglichkeiten, dies zu erreichen. Bezüglich der Anschlussunterbringung nach fünf Jahren machte Mayer ebenfalls eine klare Aussage: "Wir möchten dies nicht so schnell aus der Hand geben." Zudem seien die zehn Jahre Laufzeit eine Sicherheit für den Landkreis und die Gemeinde. Eine kleinere Unterbringung wie das Hotel betrachete Mayer zudem als Entlastung für die Integrationsmanagerin. "Wir haben keine geeigneten privaten Wohnräume und auch sonst keine anderen Möglichkeiten mehr, daher ist es mehr als fragwürdig, dieses Projekt jetzt in Gefahr zu bringen." Um noch mehr BürgerInnen ins Boot zu holen, werde man am Mittwoch, 26. Juli eine Informationsveranstaltung in der Hegauhalle abhalten. Dem Projekt wurde am Ende der Diskussion im Gemeinderat zugestimmt, was Holger Mayer auf Anfrage des WOCHENBLATTs besonders freut: "Die Lage ist weiterhin sehr ernst. Daher war es hierbei umso wichtiger, so schnell wie möglich Knöpfe daran zu setzen."

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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