Dokument einer beharrlichen Bürokratie
Gutes Ende bei der Geschichte vom "Buchbinder Wanninger"
Manches bleibt einfach so stehen, und steht und steht. Und am Schluss weiß sogar niemand mehr, wem das eigentlich gehört oder wer zuständig dafür ist. So geht es dem Gottmadinger Bürgermeister Dr. Michael Klinger schon seit den 18 Jahren, die er im Amt ist, mit dem alten Zollhäuschen am Steiner Weg in Richtung Buch/ Ramsen. Das ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb und das Zollschild löst sich dort längst in seine Bestandteile auf. Aber es wollte eben einfach nicht verschwinden.
Doch im letzten Jahr bekam die Gemeinde und der Bürgermeister einen sehr überraschenden Beistand. Denn in der Straße wohnt Hubert Pfaff, als dynamischer Ruheständler, der sich auch fragte, warum das Häuschen dort noch steht und weshalb man es nicht besteigen könnte, zumal das kleine Zollhäuschen wirklich keine Augenweide ist.
Und da machte sich Hubert Pfaff an die Arbeit, nicht wissend, dass ihm nun eine Odyssee bevorstehen würde, die Bürgermeister Klinger als Paradebeispiel für die Bürokratie hierzulande ist – und der zum Ortstermin richtig glücklich war, dass der neue Mitbürger hier nicht aufgegeben hat.
Im September letzten Jahres begann der Telefonmarathon zum beim Bundesamt für Immobilien in Bonn, wo man wegen fehlender Zuständigkeit nach Stuttgart verwiese, danach ging es in der Behördenleiter weiter nach Freiburg und schließlich nach Konstanz, wo man dann aber vermutete, dass hier das Hauptzollamt Singen zuständig sein könnte. Das war es auch tatsächlich, aber nur bis vor zehn Jahren. Und wo man auch nicht wusste, wer jetzt zuständig wäre, dass dieses Kapitel dort eben schon beendet wurde. Immerhin wurde er nun ans Staatliche Hochbauamt Freiburg verwiesen, landete nach in der nächsten Runde des Marathons bei der Behörde in Konstanz und schließlich in der Aussenstelle Radolfzell und wieder beim Gottmadingen Grundbuchamt, um nun tatsächlich fast am Ziel zu sein. „Mehrfaches penetrantes telefonisches Nachfragen, um den aktuellen Stand zu erfahren, beschleunigte die Angelegenheit“, hat Hubert Pfaff in seiner Dokumentation vermerkt. Im Oktober 2023 erschien der dann persönlich in der Radolfzeller Außenstelle des Hochbauamts, um dort tatsächlich eine Terminbestätigung zu bekommen, nachdem ein erster Anlauf wegen des „SlowUp“ im Juli gestrichen wurde. „Diesen Tag jetzt im November habe ich mit ganz dick im Kalender angestrichen“, sagt Hubert Pfaff sichtlich befriedigt beim Ortstermin, an dem Christoph Joos vom gleichnamigen Unternehmen aus Radolfzell die Baustelle einrichtete. Zwei Tage werde er brauchen, die Insel wird ja bleiben. Das ist der schnellste Teil dieser unendlichen Geschichte. Aber der „Buchbinder Wanninger“, als der sich Hubert Pfaff gerne bezeichnet, hat doch sein Ziel erreicht.
Portrait:
Name: Hubert Pfaff
Alter: 75 Jahre
Lebensdaten: Personalchef in zwei großen Unternehmen, zuletzt für 15 Jahre im Unternehmen "Ravensburger". Vor zwei Jahren Umzug nach Gottmadingen. Hier setzt er sich weiter für die Betreuung von Geflüchteten ein.
Mich verbindet mit der Region: Früher waren es 20 Kilometer bei uns bis zum nächsten Supermarkt und jetzt noch 600 Meter – und hier ist alles andere auch vor Ort.
Der Ort:
Das Zollschild hat schon längst seinen Dienst quittiert.
Beim Ortstermin zum Start der Abrissarbeiten, die gerade mal zwei Tage dauern: Bürgermeister Dr. Michael Klinger, Hubert Pfaff und Christoph Joos vom Abrissunternehmen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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