Närrisch, kirchlich, sportlich
Was diese Gottmadinger leisten, ist wirklich ehrenswert
Gottmadingen. Wie es die Tradition will, standen beim diesjährigen Jahresempfang der Gemeinde Gottmadingen am 20. Oktober wieder die zu Ehrenden im Mittelpunkt. Doch Bürgermeister Dr. Michael Klinger nutzte diesen Moment in der rappelvollen Aula der Eichendorff-Realschule auch, um sich in ernsten Worten an die Bürgerinnen und Bürger zu wenden.
„Wenn man sich im Ort umhört, dann sind viele am Jammern“, stellte er fest. Dabei nahm er Bezug auf Studien des Instituts für Demoskopie Allensbach, nach denen der Blick auf die Zukunft vermehrt von Sorgen und Ängsten geprägt sei. Dabei gehe es den Einzelnen doch nach wie vor gut. „Diese Diskrepanz beschäftigt und besorgt mich als Bürgermeister“, fuhr Klinger fort.
"Wir verwalten uns gegenseitig zu Tode und regulieren jedes Detail bis ins Kleinste."
- Michael Klinger, Bürgermeister Gottmadingen
Die sich häufenden Probleme, etwa in Wirtschaft und Infrastruktur, sieht er als krassen Kontrast zum Trend der vergangenen Jahre: „Wir waren gewöhnt, dass es immer nur aufwärts geht.“ Heute brauche es riesige Investitionen, um den aktuellen Problemen entgegenzutreten. Parallel würden den Menschen aber immer mehr „Wohltaten“ versprochen, etwa der Anspruch auf einen Kitaplatz. Der Personalmangel und immer mehr Gesetze und Vorschriften erschweren den Gemeinden das Arbeiten noch zusätzlich. „Dabei verwalten wir uns gegenseitig zu Tode und regulieren jedes Detail bis ins Kleinste.“ Eine pessimistische und teils pointierte Haltung, wie auch Klinger zugab.
Das Machbare und mehr Macher
Die Lösung für eine gelingende Zukunft sehe er nicht in Methoden der Vergangenheit. „Voraussetzung für mich ist“, so Michael Klinger, „die Menschen in diesem Land mitzunehmen und ihnen ehrlich zu sagen, was in Zukunft geht und was auch nicht mehr geht.“ Es brauche einen klaren Fokus der Investitionen auf das Wesentliche und das für die Kommunen machbare. Das auch durchzusetzen, brauche Mut, so der Bürgermeister.
„Kernthemen für mich sind Bildung, unsere Infrastruktur, die Erhaltung der Lebensgrundlagen und der soziale Kitt in unserer Gesellschaft.“ Das Medizinische Versorgungszentrum, die Sanierung der B34, der Glasfaserausbau: Gottmadingen sieht Bürgermeister Klinger auf einem guten Weg. Doch sei es bei alldem wichtig, dass die Gesellschaft nicht auseinanderdrifte. Und: „Wir brauchen in diesem Land wieder weniger Verhinderer und mehr Macher.“
Einige dieser „Macher“ wurden im Folgenden ausgezeichnet. Nach dem „Gottmadinger Modell“ kommen die Vorschläge dafür von den Vereinen selbst. Die erste Ehrung im Bereich „Kultur und Sonstiges“ ging an die Gerstensackzunft Gottmadingen sowie parallel an deren Zunftmeister John Weber als Zugpferd und Förderer der Jugend. Ausschlaggebend dafür waren insbesondere die Narrentage in der Gemeinde angesichts des 150. Jubiläums der Zunft: Diese haben laut den Laudatoren nicht nur die gelungene Zusammenarbeit der Gottmadinger Vereine gefordert, sondern werde auch nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Jugendarbeit und ganz viel Sport
Im Bereich „Soziales und Kirche“ wurde ebenfalls eine Gruppe und eine Einzelperson ausgezeichnet: Die Pfarrjugend als „unentbehrlicher Teil der Kinder- und Jugendarbeit“, so Laudatorin Lisa Marinovic, sowie die persönliche Arbeit und der nachhaltige Einfluss durch Ex-Leiter Timon Zanger. Hervorgehoben wurde nicht nur der außergewöhnliche Zusammenhalt der Jugendlichen und der Leitungsgruppe unter- und miteinander, sondern auch das Engagement in der Gemeinde, wie etwa bei der 72-Stunden-Aktion. Hier wurde das Theaterstück "König der Löwen" vorbereitet, geprobt und der Erlös aus den Aufführungen in Höhe von 3.333,33 Euro an das Hegau-Jugendwerk gespendet.
Der Einsatz Hansi Auers in der Organisation des TV Bietingen, unter anderem 20 Jahre lang als erster Vorsitzender, wurde im Bereich „Sport“ mit einer Ehrung belohnt. Egal ob Digitalisierung oder die Vermittlung für Freude am Sport habe Auer hier maßgeblich mitgewirkt.
Für sein „Lebenswerk“ wurde außerdem Hans Dieter Steier ausgezeichnet. Als Mitgründer des KSV Gottmadingen, nachdem dieser sich vom Turnverein eigenständig gemacht hatte, als Mitglied anderer Vereine und Verbände und im Seniorenbeirat der Gemeinde machte sich Steier in der Gemeinde um diese Ehrung verdient.
Auch die erfolgreichen Sportler der Gemeinde wurden am Sonntagvormittag ausgezeichnet: Dario Dittrich (KSV), Mathilda Abert (Shotokan Karate Dojo Singen), Luzie Kroschewski (Ski-Club Gottmadingen), Merle Menje (in Abwesenheit, vom Stadt-Turnverein Singen), die 2024 bei den Paralympischen Spielen in Paris antrat, sowie Enard, Ernes und Esad Kurti (Thai-Box Club Singen).
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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