Saatgutbibliothek in der Stadtbibliothek Engen
„Teufelsohren“ oder lieber „Blondköpfchen“?
Engen. Die Idee stammt aus den USA, im Norden Deutschlands sind sie bereits weit verbreitet und jährlich werden es mehr: die Saatgutbibliotheken, die in Form einer Samenkiste in den Bibliotheken Einzug halten. Die Projektidee ist mittlerweile auch im Süden Deutschlands angekommen.
Es geht darum, alte, regionale und samenfeste Pflanzensorten zu erhalten, zur Verfügung zu stellen und zu teilen und somit auch einen Beitrag zur lebensnotwendigen, biologischen Vielfalt zu leisten. Schließlich ist der „Sharing-Gedanke“ im Büchereiwesen fest verankert. Die Stadtbibliothek Engen startet Anfang März den Versuch und bietet eine „Ausleihe“ von samenfesten, alten Gemüsesorten an. Unterstützt wird die Stadtbibliothek von dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), der bereits etliche Bibliotheken deutschlandweit mit über 1000 verschiedenen Sorten regionalen Saatguts versorgt, welches die Mitglieder seit Jahren sammeln, vermehren und zur Verfügung stellen (www.nutzpflanzenvielfalt.de). Finanziert wird das Saatgut-Projekt vom Förderverein der Stadtbibliothek. Die Stadtbibliothek „verleiht“ ab sofort samenfestes, naturbelassenes Saatgut von Tomaten, Erbsen, Salat, Bohnen sowie Gartenmelde (ein altes Spinat-Gemüse, das bereits die Römer kannten).
Wie funktioniert die „Ausleihe“ in der Saatgutbibliothek?
Alle Engener HobbygärtnerInnen, die einen gültigen Bibliotheksausweis haben, können pro Haushalt zwei Tüten ausleihen. Der Inhalt reicht für etwa zwei qm Anbaufläche. Die Leihfrist des Saatguts beträgt – anders als bei Büchern – neun Monate, die Ausleihe ist kostenlos, Gebühren entstehen keine. Bei der Ausleihe können alle Interessierten ihre E-Mail-Adresse hinterlegen, da es in Kooperation mit dem VEN einmal im Monat einen Newsletter rund ums Gärtnern mit dem Saatgut gibt. In jeder Tüte, die man sich ausleihen kann, stecken zwei weitere: eine gefüllt mit Saatgut und eine leere, die nach der Gartensaison im Herbst nach Möglichkeit wieder mit getrocknetem Saatgut gefüllt und in der Bibliothek zurückgegeben werden soll.
Wichtig ist, dass möglichst viele Samen wieder in die Saatgutbibliothek zurückfließen, damit sie im darauffolgenden Jahr wieder verliehen werden können. Nur so kann ein Kreislauf entstehen, der zur Vermehrung und Erhaltung alter, samenfester Sorten beiträgt.
Was ist samenfestes Saatgut?
Das im konventionellen Handel übliche Hybrid-Saatgut („Hochleistungs-Einwegpflanzen“), auf der Tüte oft mit „F1“ gekennzeichnet, eignet sich nicht zur Vermehrung. Die Samen können nur einmal ausgesät werden, denn in der nächsten Pflanzengeneration verlieren sie ihre typischen Eigenschaften. Das ist bei sogenannten samenfesten Sorten anders: Sie liefern auch im nächsten Jahr Früchte ohne Qualitätsverlust, die genauso aussehen und schmecken wie die der Mutterpflanze. Im Laufe der Zeit passt sich das samenfeste Saatgut sogar an die regionalen Wetterverhältnisse und an die Umgebung an. Oft sind die alten, regionalen Sorten besonders schmackhaft und farbintensiv.
Wie erntet man die Samen?
Am einfachsten funktioniert die Samenernte bei Arten, von denen reife Früchte gegessen werden wie Tomaten, Bohnen, Erbsen. Bohnen sollten trocken rascheln, Tomaten rot ausgereift am Stock hängen, bevor sie zur Samengewinnung geerntet werden. Und: Nur die schönsten Früchte zur Vermehrung nutzen. Das Saatgut muss komplett durchgetrocknet sein, bevor es in die Tüte wandert.
Auch eine Tauschkiste soll befüllt werden
Neben den historischen Sorten, die ab sofort im Bibliothekskatalog erfasst sind und mit dem Bibliotheksausweis ausgeliehen werden können, gibt es auch eine Kiste, die als Tauschkiste fungieren soll. Die Stadtbibliothek sucht auf diesem Wege für die Tauschkiste möglichst naturbelassene, insektenfreundliche Blumen- und Kräutersamen und freut sich über Spenden. Das Saatgut sollte beschriftet und in kleinen Tüten verpackt in die Tauschkiste gegeben werden. Natürlich dürfen im Tausch auch andere Tüten entnommen werden. Dazu ist kein Bibliotheksausweis erforderlich und jede/r kann mitmachen.
Autor:Presseinfo aus Singen |
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