HSG-Trainer ist mit sechs Monaten Verspätung in Konstanz angekommen
Die Odysse ist endlich zuende für Vitor Baricelli
Konstanz. Eigentlich hätte er schon im Juni in Konstanz eintreffen sollen. Alles war dafür vorbereitet, dass Vitor de Faria Baricelli als Athletiktrainer der ersten Mannschaft, Jugendkoordinator und Trainer der U23 die HSG Konstanz verstärken soll. Doch es entwickelte sich eine wahre Odyssee durch einen verworrenen, dichten Dschungel aus Behörden und Bürokratie, ehe der Basilianer am 8. Dezember endlich aus dem Flieger aus São Paolo aussteigen konnte.
Behörden stellen Arbeit komplett ein
Eine durch die Pandemie und teilweise eingestellte Arbeit der Behörden sehr komplizierte Geschichte fand nun ein gutes Ende. Vor allem dank des großen Einsatzes von Dr. Ralph Zürcher. Der Leiter der HSG Akademie, der zudem für die Geschäftsentwicklung der HSG Konstanz zuständig ist, arbeitete seit April an der Einreise von Vitor Baricelli. „Einerseits war die Pandemie ein Problem“, erzählt der erfahrene Dozent, der als Business-Coach schon diverse deutsche und Schweizer Unternehmen in ähnlich gelagerten Fällen bei der Einreise von Fachkräften nach Europa unterstützt hatte. „Normalerweise ist der Bescheid innerhalb von zwei, drei Wochen da.“ Nicht so dieses Mal. Sechsmal dachten die Verantwortlichen, dass auch Vitor Baricelli grünes Licht erhalten würde – jedes Mal wurden sie enttäuscht. Umfangreiche Unterlagen schnürte Dr. Zürcher für das deutsche Konsulat in Brasilien. Doch auf einmal ging gar nichts mehr. Brasilien wurde als Virusvariantengebiet ausgewiesen und die deutschen Behörden stellten ihre Arbeit vorübergehend komplett ein. André Melchert schüttelt darüber den Kopf. „Ich kann verstehen, dass der Publikumsverkehr nicht mehr möglich ist. Dass aber jedwede Kommunikation unmöglich und die Arbeit komplett eingestellt wird, spricht nicht für unsere Behörden“, findet der Geschäftsführer der HSG Konstanz.
Unterstützung von Ausländerbehörde, Bundespolizei, Gesundheitsamt und Uni Konstanz
Überrascht war Dr. Zürcher trotz seiner großen Erfahrung von der Bürokratie auf diesem langen Weg zum Visum. So musste plötzlich noch von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) die ausländische Hochschulqualifikation von Vitor de Faria Baricelli überprüft werden. Trotz bestehenden Arbeitsvertrages und eines Teilstudiums an der Sporthochschule Köln. Eingabe zwingend aus Brasilien, wieder über den Postweg. Angekündigte Bearbeitungszeit: drei Monate. „Vielen Dank an die ZAB, für die dann doch rasche Arbeitsweise. Wir bedanken uns hier auch bei Petra Borchert vom Hochschulsport und Herrn Dr. Lüchtenberg von der Uni Konstanz für die wertvolle Unterstützung“, so Dr. Zürcher. Einen großen Dank richtet er zudem an das Gesundheitsamt und insbesondere an die zuständigen Mitarbeitenden der Ausländerbehörde der Stadt Konstanz. Hier hatte man stets ein offenes Ohr für diesen schwierigen Fall, unterstützte mit Rat und Tat und „es gab sehr zeitnah immer eine Antwort“, so Melchert und Dr. Zürcher ergänzt: „Effizient und effektiv, wir profitierten vom exzellenten Service der Ausländerbehörde. Hier hat man uns enorm viel geholfen. Ohne diese Unterstützung hätte das Prozedere zum Visum noch einige Monate länger gedauert.“ Zeitweise war die Einreise nur mit einer Ausnahmeregelung für den Spitzensport möglich – doch selbst dies wurde trotz mehrfacher wertvoller Unterstützung durch die Bundespolizei nicht genehmigt. Nun hat sich der Einsatz und die Expertise von Dr. Zürcher zusammen mit der Unterstützung der Konstanzer Behörden schließlich ausgezahlt.
Traum vom Handballland Deutschland geht endlich in Erfüllung
Für die HSG Konstanz ist Vitor Baricelli eine ganz wichtige Personalie. Baricelli verfügt neben einem Abschluss der renommierten Universidade de São Paulo in Sportwissenschaften sowie der deutschen Trainer-B-Lizenz unter anderem Erfahrung als Team- und Videoanalyst für die brasilianische Handball-Nationalmannschaft, mit der er 2019 bei der Weltmeisterschaft mit Rang neun das beste Ergebnis der Südamerikaner in ihrer Geschichte feiern konnte. Der 25-Jährige spricht Portugiesisch, Englisch, Deutsch und Spanisch und hatte ein Jahr als Teil eines Austauschprogramms an der Deutschen Sporthochschule in Köln verbracht. Notgedrungen aus Brasilen war Baricelli in den letzten Monaten dennoch schon Teil der Mannschaft und wertete die Spiele aus, erstellte Statistiken und Videoanalysen sowie Pläne für das Athletiktraining. Nun steigt er voll in Konstanz ein. „Ich freue mich, dass Vitor endlich da ist“, sagt Head Coach Jörg Lützelberger. „Hier vor Ort ist das jetzt noch einmal eine andere Geschichte. Gefühlt ist er wie ein Neuzugang. Für uns ist es cool, dass damit nochmal neuer, frischer Wind reinkommt.“ Ab der ersten Minute hatte Melchert gespürt, dass Baricelli „den Sport lebt. Er will etwas erreichen und es war vom ersten Gespräch an sehr faszinierend ihm zuzuhören.“ Dr. Zürcher freut sich, dass Baricelli mit seiner Expertise auch die HSG Akademie unterstützen will und einige Blogs schreiben wird. Für Baricelli selbst geht nun der Traum vom Handballland Deutschland endlich in Erfüllung. Auch wenn der deutsche Winter im Vergleich zu den Temperaturen in Sao Paulo ein Kulturschock darstellt. Baricelli. „Ich habe hier schon viele tolle Menschen kennengelernt. Für mich ist es ein Traum, hier zu sein. Danke an Ralph für die Unterstützung und André für die Chance.“
- Andreas Joas
Autor:Redaktion aus Singen |
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