Seit Sonntag ist das Seelsorgeteam der evangelischen Christusgemeinde Radolfzell wieder komplett
Die Gemeinde für die Zukunft weiterbauen

Christusgemeinde | Foto: Nach dem Begrüßungsgottesdienst am Sonntag: Vordere Reihe: Dekanin Hiltrud Schneider-Cimbal, Diakonin Petra Ehrminger, Pfarrer Alexander Philipp. Hintere Reihe: Diakonin Beate Granzin, KGR-Vorsitzende Veronika Conz und Pfarrer Cristian Link. swb-Bild: pr
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Radolfzell. Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT berichten Pfarrer Alexander Philipp (32) und Diakonin Petra Ehrminger (61), die das Seelsorgeteam der evangelischen Christusgemeinde seit September verstärken, wie sie den Weg nach Radolfzell gefunden haben, was ihnen in ihrem Beruf wichtig ist und was die Kirche aus der Corona-Krise lernen kann.

WOCHENBLATT: Warum haben Sie sich bei Ihrer Bewerbung für Radolfzell entschieden?
Petra Ehrminger: Ich wurde durch eine Kollegin darauf aufmerksam gemacht, dass in der Christusgemeinde eine halbe Diakonenstelle möglich ist. In der Corona-Zeit hatte ich Gelegenheit, über meinen beruflichen Stand nachzudenken. Ich habe das sehr gut abgewogen und beschlossen, die letzten fünf Jahre meines Berufslebens wieder als Diakonin tätig zu sein.
Alexander Philipp: Meine letzte Station war die Promotion in London. Vor gut einem Jahr begann für meine Familie und mich der Prozess der Rückkehr in die Heimat. Meine Frau hat in der evangelischen Gemeinde Böhringen eine Stelle angetreten und ich habe meine Promotion noch zu Ende geschrieben. Irgendwann kam ich mit dem Personalreferat ins Gespräch darüber, welche Möglichkeiten es gibt, meinen Probedienst hier in der Gegend zu absolvieren und da die Pfarrstelle hier zwei Jahre vakant war, bot sich das an. Wir fühlen uns sehr wohl hier und die Gegend ist natürlich großartig mit dem See auf der einen und den Hegaubergen auf der anderen Seite.

WOCHENBLATT: Hatten Sie schon Gelegenheit, Ihre neue Gemeinde kennenzulernen?
Petra Ehrminger: Ich denke, das ist ein längerer Prozess, aber wir hatten einen guten Start und sind auch im Team gut aufgenommen worden, aber der Prozess des Ankommens wird sich bestimmt über Weihnachten hinaus ziehen. Durch Corona wird das ja auch ein bisschen erschwert.

WOCHENBLATT: Herr Philipp, viele Menschen in Ihrem Alter haben keinen großen Draht mehr zu kirchlichen Strukturen. Wie kamen Sie auf die Idee Pfarrer zu werden?
Alexander Philipp: In meiner Heimatgemeinde gab es eine sehr lebendige Konfirmandenarbeit im Rahmen derer sich die Gemeinde viel Mühe gemacht hat, Jugendliche auf den Glauben hin anzusprechen. Nach der Konfirmation hatte ich die Möglichkeit, selbst in der Jugendarbeit der Gemeinde mitzuarbeiten. Das habe ich sehr gerne gemacht und so ist dieser Wunsch gewachsen, meinen Glauben mit anderen Menschen zu teilen. Deshalb habe ich mich dann letztendlich für das Theologiestudium entschlossen. Letztendlich ist das nun auch ein wesentlicher Punkt, den ich in meine Arbeit hier in Radolfzell einbringen möchte: Wie können junge Leute in meiner Generation einen Zugang zur Kirche bekommen? Da müssen wir vielleicht auch versuchen, neue Wege zu gehen. Das hat aber auch viel mit experimentieren zu tun.

WOCHENBLATT: »Experimentieren« ist ja in der aktuellen Zeit vielerorts ein Thema. Auch die Kirchen standen vor einer neuen Situation. Früher waren sie Zufluchtsort in solchen Zeiten, nun mussten aber auch ihre Türen geschlossen bleiben. Was kann die Kirche Ihrer Meinung nach daraus lernen?
Alexander Philipp: Auf der gesamtkirchlichen Ebene habe ich Corona als Beschleuniger für manche Entwicklungsprozesse wahrgenommen. Beispielsweise für die Digitalisierung, mit der sich die Kirche zwar lange schon beschäftigt aber die immer sehr schleppend lief. Als dann plötzlich keine Gottesdienste mehr möglich waren ging auf einmal alles ganz schnell. Viele Gemeinden wurden sehr experimentierfreudig. So viel Leid die Corona-Krise bringt, sie kann vielleicht auch die Freiheit geben, neue Dinge zu entwickeln und dadurch werden vielleicht Dinge möglich, die früher nicht denkbar waren. Inwiefern man aber jetzt schon konkrete Lehren ziehen kann ist schwer zu sagen, denn wir stecken ja noch mitten drin. Ich glaube das wird man irgendwann im Rückblick besser beurteilen können.

WOCHENBLATT: Welche Schwerpunkte möchten Sie in ihrer Arbeit in der Christusgemeinde setzen?
Petra Ehrminger: Für mich ist die Mittelalte Generation eine wichtige Zielgruppe. Da steht man an einem Punkt im Leben, wo man nochmal schaut wohin man mit seinem Leben und seinem Glauben will. Also es gilt sich noch einmal neu auszurichten und da habe ich Angebote als Christin, aber bin auch offen für Gespräche mit Menschen, die andere Prinzipien haben. Aber ich bin natürlich auch beruflich geprägt durch die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Insgesamt wird es darum gehen, die Gemeinde für die Zukunft weiterzubauen.
Alexander Philipp: Mein erstes Projekt ist die Vorbereitung der jungen Menschen auf die Konfirmation. Das wird auch aus meiner persönlichen Biografie heraus ein Schwerpunkt meiner Arbeit sein. Das ist ein Alter in dem die Fragen nach dem was einem Wichtig ist, was einem Sinn gibt, auftauchen. Und da würde ich gerne den jungen Menschen mit auf den Weg geben, dass das vielleicht der christliche Glaube sein kann, der einem Richtung und Sinn gibt und einen durch die Krisen des Lebens tragen kann. Aber auch die jungen Erwachsenen in der »Rush-hour des Lebens« werden im Fokus meiner Arbeit stehen. Das ist ein Punkt, wo viele andere wichtige Dinge ins Leben treten. Trotzdem halte ich es für sehr wichtig ein Angebot für Menschen in diesem Alter zu haben.

WOCHENBLATT: Was ist Ihre Botschaft an die Radolfzellerinnen und Radolfzeller?
Petra Ehrminger: Ich wohne hier und ich möchte mit den Menschen leben und unterwegs sein. In unserer Predigt am Sonntag hatten wir einen Dialog zum Auftrag aus der Schöpfungsgeschichte »Bebauen und Bewahren«, also es wird uns darum gehen neues Aufzubauen und einen guten Weitblick zu haben.
Alexander Philipp: Ich würde mich freuen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, auch mit denen, die nicht Teil unserer Gemeinde sind, oder sich ihr nicht verbunden fühlen und zu hören was sie bewegt, was sie ausmacht und was Radolfzell ausmacht.

Zu den Personen:

Alexander Philipp ist 32 Jahre alt und kommt aus dem südbadischen Neuenburg .Theologie hat er in Heidelberg und Mainz studiert. Sein Vikariat hat er in Mannheim absolviert. Bevor er mit seiner Familie an den Bodensee kam, hat er in London promoviert. In der Christusgemeinde macht er seinen zweijährigen Probedienst. Zusammen mit seiner Familie lebt er in Böhringen.

Petra Ehrminger ist 61 Jahre alt und kommt gebürtig aus Stuttgart. Am 1. September trat sie in der Christusgemeinde ihre „letzte Dienstetappe“ an. Davor war sie 25 Jahre im Schuldienst und zuletzt auch als Supervisorin tätig. Letztere Tätigkeit wird sie neben ihrer 50-Prozent Stelle als Diakonin in der Christusgemeinde weiter ausführen. Bevor Sie mit ihrem Mann nach Radolfzell kam lebte sie mit ihm und ihren drei mittlerweile erwachsenen Kindern schon 25 Jahre lang im Hegau.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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