Perlende Klassik bei den Meisterkonzerten
Wiener Geschichten "rocken" die Bühne
Stockach. Der zweite Akt der Meisterkonzerte-Saison in Stockach war ein wirklich spritziger Klassikabend im Bürgerhaus Adler-Post, der unter dem Titel "Wiener Geschichten" mit dem "Alinde-Quartett" aus Köln, die sich hier für ihren Auftritt drei ganz spannende Positionen des Genres "Streichquartett" ausgesucht hatten.
Damals im 18. Jahrhundert, als viele Komponisten sich aus den Korsetten des Barock befreien wollten, und die "kleine Besetzung" für das Experiment in Häppchen entdeckten, war schon bisschen "Revoltion" am Werk. Das machte gleich das Eingangsstück mit Luigi Boccherinis Streichquartett spürbar, das ein ganze furioser Start in diesen Konzertabend war. Bocherini, der etwas früher dran war als Mozart, kann durchaus als einer der "Kosmopoliten" der damaligen Musikszene gesehen werden, denn über Italien und Wien hinaus war er auch lange in Paris oder Spanien tätig. Dass Boccherini selbst das Cello spielte, war in seinem Streichquartet C-Dup (op 32 Nr 4) in der temperamentvollen Inszenierung der spannende Augenblick, denn Bartolomeo Dandolo Marchesi hatte hier ganz schön viel richtig körperlich fordernden Einsatz bis in die höchsten Töne, die das Instrument möglich machte. Das war schon fast ein Tanz über die Saiten.
Wie unterschiedlich die Ansätze sein können, machte die nachfolgende Interpretation von Mozarts Streichquartett in d-moll deutlich, das dieser in der Nacht der Wehen seiner Frau geschrieben haben soll, also unter durchaus emotionalem Stress, der in manchem musikalischen Aufschrei mündete. In der Aufführung hier in Stockach, bei der Erin Kirby an der Viola interessanterweise immer wieder den "Hut aufgesetzt" bekam in der Führung des Quartetts, das Mozarts Verpieltheit, die mitunter ins süßliche abdriftet, gut im Griff hatte.
Dass das "Alinde-Quartett" in Franz Schubert ihren "Gott des Quartetts" gefunden hat, machte das in allen Ausschweifungen des melancholischen Genies aufgeführte Streichquartett Nr 13 "Rosamunde" deutlich, das der Genussteil dieses Abends wurde, in den vier Sätzen und doch eher gemäßigtem Tempo bei den sich Eugenia Ottaviano Dandolo Marchesi und Guglielmo Dandolo Marchesi sich die Bälle ihrer Solis und Duette sozusagen "Volley" zuspielten. Der Abend war mehrfach ein exklusives Erlebnis, zumal die neue CD des Quartetts, das bis zum 200. Todesjahrs Schuberts in 2028 sämtliche seiner Quartette einspielen will, an diesem Abend die ganz frisch fertige zweite CD dieses Zyklusses offerieren konnte, dessen offizielle Vorstellung erst in der Woche darauf angesetzt war.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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