Bisher größte Bauerndemonstration Landkreis
"Nicht nur zuhören, auch verstehen und antworten"

An die 1.000 Landwirte versammelten sich am Montagabend zur bisher größten Protestkundgebung gegen die Sparpläne der Ampel und eine strangulierende Bürokratie auf dem Stockacher Dillplatz. | Foto: Fiedler
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  • An die 1.000 Landwirte versammelten sich am Montagabend zur bisher größten Protestkundgebung gegen die Sparpläne der Ampel und eine strangulierende Bürokratie auf dem Stockacher Dillplatz.
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Stockach. Die wohl bisher größte Demonstration der Landwirte gegen die aktuelle Agrarpolitik der "Ampel" wurde am Montagabend, 22. Januar, in der Stockacher Innenstadt durchgeführt. Bis zu 800 Traktoren, LKWs und auch Handwerkerfahrzeuge wurden geschätzt, die sich aus dem Industriegebiet Hardt in einem rund eineinhalbstündigen Konvoi bis zum Dillplatz und den Parkplätzen des Nellenburg-Gymnasiums bewegten. Den Bauern haben sich im Protest auch die Transportunternehmer angeschlossen und einige Bereiche des Handwerks.

Schon kein Schlachthof mehr im Landkreis

So war mit Karl Denzel auch der Obermeister der Metzgerinnung Bodensee-Schwarzwald als Redner gekommen, um deutlich zu machen, wie sein Gewerbe von einer funktionierenden Landwirtschaft mit heimischen Produkten versorgt werden kann. Im Landkreis gehe der Versorgungsgrad rapide zurück, wurde bemerkt. Es gebe gerade noch fünf Schweinemastbetriebe, der Schlachthof Singen haben seinen Dienst im November durch den privaten Betreiber geschlossen, so gibt es nun keinen Schlachthof mehr im Landkreis, die Metzger auf Überlingen, Mengen oder Donaueschingen ausweichen müssten. Angesichts so vieler Hürden für sein Handwerk gebe es im Innungsbereich gerade noch mal 44 handwerkliche Metzgereien, die Tendenz sei sinkend und der Fachkräftemangel ein weiteres riesiges Problem.

Bauern: "Wir brauchen endlich eine verlässliche Politik"

Keine Qualifikationskontrolle für Politiker

Kurt Fichthaler vom Stockacher Transportunternehmen Welsch prangerte unter anderem die Mauterhöhung zum Jahreswechsel an. Dadurch würde zum Beispiel eine Fahrt nach Hamburg inzwischen über 600 Euro Maut kosten, und das Mehr könne man schwerlich weiter geben. Schlimm sei für ihn, dass dieses Geld nicht einmal in einem ausreichenden Maß in die Reparatur des maroden Straßennetzes vom Staat investiert werden. Für überzogen hält Fichthaler auch die Vorschrift, dass die Fahrer, von denen bundesweit bereits 60.000 fehlten, inzwischen jährlich eine Qualifizierungsprüfung müssten. "Das sollten die Politiker dann auch tun", rief er in die Menge. Hart kritisiert wird auch die weitere Steigerung der CO₂-Abgabe für die Transportunternehmer, die eine starke Belastung bedeuteten, zumal es derzeit noch keine Technologie gebe, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren, "denn Elektromobilität funktioniert im Fernverkehr nicht", bemängelt Fichthaler.

"Wir haben die Lösungen"

Der Stockacher-Kreisvorsitzende des BLHV, Andreas Deyer, sagte, dass man alle Argumente immer wieder vorgebracht hat. Es brauche nun nicht nur das Signal, dass man zuhöre. Jetzt wolle man Zeichen haben, dass die Politik verstehe und dass sie endlich auch Antworten gebe. Denn über Konzepte habe man in den letzten Jahren viel diskutiert und sein auch an Punkte gekommen, die man hätte mittragen können, zum Beispiel in der Borchert-Komission zum Thema Nutztierhaltung. Diese löste sich letztes Jahre aber wieder auf.
Florian Rayer von der Hofgemeinschaft Heggelbach unterstrich, wie wichtig es sei, eine möglichst hohe regionale Selbstversorgung zu haben. Das hätten die Krisen der letzten Jahre gezeigt, bei denen schon ein querstehendes Schiff im Suezkanal, fatale Auswirkungen auf die globalen Lieferketten gehabt hätten. Das wichtigste sei aber, endlich wieder miteinander über eine Landwirtschaft der Zukunft zu reden. "Wir wollen machen und wir haben auch Lösungen auf dem Tisch", rief er den anwesenden Abgeordneten. Dorothea Wehinger, Hans-Peter Storz und Klaus Burger aus Sigmaringen standen allerdings als Landespolitiker auf der Bühne, sodass sie den Bauern nur ihre Solidarität vermitteln konnten, und dass man hier in den Strukturkommissionen auf anderen Wegen gehe. "Seit der Bekanntgabe der Subventionskürzungen Mitte Dezember haben alleine in Baden-Württemberg 790 solcher Mahnveranstaltungen wie am Montagabend stattgefunden", erzählte Klaus Burger. 
Wegen der anstehenden Fastnacht wird es hier in der Region eine Pause geben mit den Kundgebungen, kündigte Andreas Deyer an, man wolle die Zeit jetzt auch nutzen, um den Dialog zu suchen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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