Nicht nur zu Weihnachten: Waltraud Blässing und die Bibelgalerie Meersburg
Mission statt Missionierung

Waltraud Blässing  | Foto: Egli-Figur als pädagogisches Element: Waltraud Blässing geht in ihrer Arbeit für die Bibelgalerie Meersburg auf.swb-Bild: sw
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Stockach/Meersburg. Marc Chagall, der unbekümmerte Meister der Farbbotschaften, hat seiner »Miriam« einen blauen Rock und Brüste in gelb und grün geschenkt. »Sag mal«, meinte daraufhin ein kleines Mädchen mit Blick auf die bunten Brüste auf dem Bild, »sag mal, gab es damals eigentlich schon Bikinis?« Eine Frage dieser Art - und Waltraud Blässing ist in ihrem Element. Die ehemalige Erzieherin und Religionspädagogin hat mit dem Eintritt in die Altersteilteilzeit eine neue Berufung gefunden: Sie bildet künftige Mitarbeitende der Bibelgalerie in Meersburg aus, wirkt voller Leidenschaft an der Konzeption des erlebnispädagogischen Museums mit, führt verschiedene Gruppen durch die Ausstellungen. Und bei einer solchen Führung erklärte die Stockacherin dem kleinen Mädchen, dass Chagall da keinen Bikini gemalt habe. Seine Farbensymbolik weist über Badekleidung weit hinaus - Grün steht für die Hoffnung, Gelb für das Leid. Beides weihnachtliche Parameter für die Hoffnung in der Welt durch die Geburt Jesu und die Vorschau auf das Leiden, das ihn erwartet.

Die Bibelgalerie in Meersburg ist für Waltraud Blässing fast zu einem zweiten Wohnsitz geworden. Fünf Stunden pro Woche sollte sie dort eigentlich auf 450-Euro-Basis arbeiten, doch, sagt die 1952 Geborene, es kommen meist mehr Stunden zusammen. Seit sechs Jahren macht sie das so. Aus der Freude an der Begegnung mit Menschen, aus Spaß am Lernen, aus der typischen Lehrermission heraus, das eigene Wissen und im Laufe eines Lebens Erworbene weitergeben zu können. Mission - ja. Missionierung - nein, betont Waltraud Blässing: Die Bibelgalerie finanziert sich über ihren Förderverein, den Stiftungsrat, Spenden und den Erlös aus einer Kollekte pro Jahr, die das evangelische Dekanat Stockach-Überlingen zuschießt. Doch die mit der Dauerausstellung und den sich im Jahreswechsel ändernden Sonderausstellungen zu vermittelnde Botschaft ist nicht die Bekehrung, sondern die Vermittlung von Wissen, die Schaffung von Hintergrundinformationen, das Offenlegen von christlichen Bezügen in Alltag und Geschichte. Fast alle Schulferien, so Waltraud Blässing, sind beispielsweise christlich begründet. Einzige Ausnahme sind die Herbstferien.

Sture Faktenbüffelei ist nicht das museumspädagogische Konzept von Waltraud Blässing. Zum Interviewtermin hat sie eine von ihr selbst kreierte Egli-Figur mitgebracht - eine Frau ohne Gesicht, deren Glieder sich verbiegen lassen und die Geschichte in Form von Kleidung quasi am Leibe trägt. Die Gesichtslosigkeit ist Programm, denn so können sich die Betrachter leichter in die Stimmungen dieser kunstvollen Puppe hineinversetzen. Doch Waltraud Blässing hat noch weitere Hilfsmittel - die Bibelgalerie, sagt sie, lässt unzählige Möglichkeiten lebendiger Darstellung zu. Da gibt es eine Druckpresse, die in die Führungen integriert wird. Oder ein Nomadenzelt, das auch dabei hilft, Angehörige anderer Religionen zu erreichen. Muslimische Führungsteilnehmer weist Waltraud Blässing auf den gemeinsamen Vater aller monotheistischen Religionen, auf den gemeinsamen Vater von Islam, Christen- und Judentum hin - Abraham, der als Nomade umherzog, Mit einem solchen Zelt. Und Waltraud Blässing erklärt, dass die Krippe als Geburtsstätte Jesu nicht wie der oft dargestellte Stall ausgesehen hat, sondern eher einer Futterkrippe ähnelte. Und 2019 erzählt sie, wird die »David-Story«, die Geschichte von David und Goliath, als Sonderausstellung im Museum erzählt. Eine Geschichte über Selbstbewusstsein, Gottvertrauen, Stärke, das Anpacken von Herausforderungen und eigenes Zutrauen. Religion mitten im Leben - das ist ihre Mission.

Während der Winterpause sind Führungen für Gruppen in der Bibelgalerie Meersburg in der Kirchstraße 4 nach Anmeldungen unter der Rufnummer 07532/53 00 oder der Faxnummer 07532/73 22 möglich. Ab Sonntag, 7. April, hat das Museum wieder geöffnet, die Sonderausstellung »Die David-Story - wie sie die Bibel erzählt« ist von Samstag, 8. Juni, bis Sonntag, 8. September, zu sehen. Mehr: www.bibelgalerie.de

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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