Ryo Yamanishi mit musikalischen Köstlichkeiten in der Adler Post
"Kulturelle Kalorien"
Stockach. In 29 Jahren Stockacher Meisterkonzerte ist es wohl noch nie vorgekommen, dass ein Konzert zum Saisonabschluss im Juli stattfindet, ist sich Kulturamtsleiter Stefan Keil sicher. Dementsprechend froh war das Stockacher Publikum, dass das Abschlusskonzert mit dem japanischen Pianisten Ryo Yamanishi nach der langen erzwungenen Pause nun am Freitagabend nachgeholt werden konnte. Der kulturelle Hunger war doch groß geworden. Um ihn zu stillen hatte das Kulturamt ein spezielles Hygienekonzept ausgearbeitet, das bedeutete unter anderem dass der Saal der Adler Post nur mit 90 statt 280 Plätzen bestuhlt war und das Konzert zweimal hintereinander aufgeführt wurde, um trotzdem möglichst vielen Gästen den kulturellen Genuss zu ermöglichen.
Das bedeutete jedoch auch dass statt drei ursprünglich geplanten Werke von Ludwig van Beethoven nur noch zwei aufgeführt werden konnten, nämlich sechs Bagatellen op. 126 und die Sonate in c moll op. 111. „Aber keine Angst, sie werden mit genügend künstlerischen Kalorien gefüttert und müssen nicht hungrig nach Hause gehen“, scherzte Georg Mais von der Südwestdeutschen Mozartgesellschaft , die Träger der Meisterkonzerte ist.
1. Gang: Sechs Bagatellen
Als ersten künstlerischen Gang servierte Ryo Yamanishi die sechs Bagatellen des Opus 126. Obwohl es sich bei den Bagatellen um musikalische Miniaturen handelt zeichnen sie sich durch eine reichhaltige Klang- und Themenfülle aus. Seien es Wechsel zwischen schnellen, energetischen Läufen und leichten, leiblich anmutenden Melodien im Allegro, die majestätisch klingenden Melodien des Andante oder ernste Klänge im Quasi Allegretto. Und all das bringt Ryo Yamanishi in einer Weise auf die Klaviatur, dass der Titel „Meisterkonzert“ absolut gerechtfertigt ist. Man hat das Gefühl, hier wird Beethoven nicht gespielt sondern vielmehr gelebt.
2. Gang: Sonate in c moll
Das macht auch die Stückauswahl deutlich. Denn obwohl der große Meister, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 250. Mal jährt, zum Grundrepertoire aller heutigen Pianisten gehört wagen sich nur wenige an diese beiden Werke insbesondere in dieser Kombination, wie Mais betonte. Als zweiter Gang stand nämlich die Sonate in c moll, Opus 111 auf der musikalischen Speisekarte. „Ein Orchesterwerk, komprimiert auf die Tasten des Klaviers mit allen Klangfarben, die das Instrument zu bieten hat“, schwärmte Mais. Auch dieses Werk wurde von Yamanishi meisterhaft vorgetragen. Angeregt zum Träumen, schien der dünn bestuhlte Konzertsaal vergessen und die Hygienevorschriften beim Betreten und Verlassen des Saals in weite Ferne gerückt. Entsprechend groß war der Applaus zum Ende des Konzertabends.
Zum Nachtisch: Bach
Da jedoch kein Festmahl wirklich komplett ist ohne ein Dessert, hatte der Pianist mit dem Choral „Ich rufe zu dir Herr Christ“ noch einen musikalischen Nachtisch in Petto, sodass Georg Mais am Ende recht behalten sollte mit seiner Vermutung, dass niemand kulturell hungrig nach Hause gehen müsse.
Ausblick auf die kommende Saison
Wie Stefan Keil erklärte laufen die Planung für die nächste Saison der Meisterkonzerte bereits auf Hochtouren. Weil es schwierig sei abzuschätzen, wie die Corona-Lage bis zum Saisonbeginn am 18. September ist, plane man strikt nach dem Aktuellen Vorgaben. Gestartet wird in die Saison also auf jeden fall mit dem aktuellen reduzierten Saalplan. Los geht es dann mit kleinen Formationen auf der Bühne, kündigte Georg Mais an. Im September stehen Cello und Klavier auf dem Programm, der Oktober bringt den Zauber der Harfe mit sich „Und wir wünschen uns, dass wir das Neujahrskonzert wieder mit Johann Strauss, einem großen Orchester und voller Bestuhlung veranstalten können“, betonte Mais.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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