Bericht der Stadtjugendpflege
Konflikte des Weltgeschehens zeigen sich auch im Schulkosmos
Stockach. Schulsozialarbeit, Ferienangebote, Jugendtreff: Das Portfolio der Stockacher Jugendpflege für die jungen Generationen der Stadt ist breit gestreut. Ziel ist, möglichst viele Kinder und Jugendliche mit den Angeboten zu erreichen. Einen Bericht über das vergangene Schuljahr 2023/2024 gab es von Stadtjugendpfleger Frank Dei in der Hauptausschusssitzung am 13. November.
Zunächst hatte Dei eine positive Nachricht im Gepäck: „Wir sind im Bereich Schulsozialarbeit an unseren Schulen sehr gut aufgestellt.“ Es gebe nun an allen Schulen ein entsprechendes Angebot – auch an den Grundschulen der Teilorte. Seit Einführung der Schulsozialarbeit im Jahr 2009 seien die eingestellten Personen auf ihren Stellen geblieben. „Das hat den Auf- und Ausbau in dem Arbeitsbereich sehr begünstigt“, so das Fazit von Frank Dei.
Arbeit in Klassen, Gruppen und mit Einzelnen
An allen Schulen werde mit dem Freiburger Modell der Konfliktkultur gearbeitet. In einem Sozialtraining erlernen die SchülerInnen in den Klassen beispielsweise Strategien zur Konfliktlösung. Gearbeitet werde auch vorbeugend, etwa im Bereich psychischer Erkrankungen oder bei der Gewaltprävention. Hinzu kommt die Einzelfallhilfe. Über 1.000 Gespräche mit einer Länge von mindestens 45 Minuten habe es im Schuljahr 23/24 über die Schulen hinweg gegeben, berichtete Dei.
Als Schwerpunkt bei der Arbeit an den Schulen habe sich in den vergangenen Monaten der Themenkomplex Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz herausgestellt. Das betreffe einerseits den Ukrainekrieg: Laut dem Stadtjugendpfleger gebe es immer wieder Berichte von LehrerInnen zu Konflikten zwischen ukrainischen SchülerInnen und Kindern von russischen Spätaussiedlern, mit „eindeutigen Positionierungen Pro-Russland und Pro-Putin“, erzählte Dei den Ausschussmitgliedern.
Plötzlich radikalisiert
Hinzugekommen seien „quasi über Nacht“ die Folgen des Kriegs in Nahost. So habe sich beispielsweise die Sprache von SchülerInnen mit islamischem Hintergrund radikalisiert. Im schriftlichen Bericht ist beispielsweise von „deutlich antisemitischen Aussagen“ die Rede. Weil Versuche darüber zu sprechen direkt als islamfeindlich aufgenommen würden, erläuterte Frank Dei, sei eine sachliche Auseinandersetzung zusammen mit den SchülerInnen sehr schwierig.
Auch abseits dieser beiden Konfliktherde sind im Bericht Beispiele diskriminierender Äußerungen an den Schulen nachzulesen. Abgesehen von ethnischer Diversität befasse sich die Schulsozialarbeit zuletzt auch zunehmend mit den unterschiedlichen Sexualitäten und Geschlechteridentitäten, führte der Stadtjugendpfleger auf. So sei an einer Schule ein Coming-out, also das öffentliche Bekanntmachen der eigenen Sexual- oder Geschlechtsidentität, mit begleitet worden. „Das ist ein wichtiges Thema, auch für die Jugendlichen, die oft damit alleine gelassen werden“, betonte Dei.
Beliebte Blumeninsel
In einen zweiten großen Bereich fallen die freizeitpädagogischen Angebote der Jugendpflege. In den Ferien seien diese in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden, um Eltern im Spagat zwischen Arbeit und Familie zu entlasten. Nur in den Weihnachtsferien gab es keine Angebote. Neben Bewährtem wie Basteln oder Wasserskifahren gab es erstmals auch Ausfahrten auf die Insel Mainau. Frank Dei sei anfangs skeptisch gewesen, wie beliebt diese sein würden: „Da bin ich eines Besseren belehrt worden.“
Insgesamt bot die Stadtjugendpflege im vergangenen Schuljahr an insgesamt 37 Angebotstagen über 200 Stunden Programm an.
Den Bikepark im Osterholz bezeichnete Frank Dei als „nach wie vor sehr gelungenes Jugendbeteiligungsprojekt“. Auch nach Fertigstellung des Parks sei schnell auf die Wünsche und Schwachstellen durch die Jugendlichen eingegangen worden.
Für ihn ebenfalls weiter wichtig sei das städtische Jugendkulturzentrum, das regulär 15 Stunden pro Woche geöffnet ist. Die Besucherzahlen seien seit Corona rückläufig. Als Grund machte er einerseits die teils fehlende Kontinuität bei den Öffnungszeiten durch Personalausfälle aus. Andererseits mache das Alter des Hauses, beispielsweise die gelegentlich ausgefallene Heizung, einen Besuch wenig attraktiv.
Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte lobten durchweg die Arbeit der Stadtjugendpflege. Gleichwohl sorgten die geschilderten Konflikte für Betroffenheit. CDU-Rat Christoph Stetter meinte: „Das hat mich nachdenklich, gleichwohl aber auch wütend gemacht.“ Das Miteinander in der Stadt sei gut, könne dem trotzdem nicht entgegenwirken. „Das ist ein klares Signal an uns als Gesellschaft, dass wir hinschauen und Zeichen setzen müssen.“ Wolf-Dieter Karle (Freie Wähler) unterstrich die Rolle der Eltern und wie wichtig es sei, diese im Kontext Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz auch zu erreichen.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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