Diskussion um die Westumfahrung
Eine Milchmädchenrechnung regt auf

Hans W. Steißlinger vom BUND in Bodman-Ludwigshafen und Bernd Rüffer, Verkehrsplaner aus Stockach, leiteten die intensive Debatte über die potentielle Stockacher Westumfahrung beim letzten Runden Tisch Mobilität. | Foto: Walter Tancred
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  • Hans W. Steißlinger vom BUND in Bodman-Ludwigshafen und Bernd Rüffer, Verkehrsplaner aus Stockach, leiteten die intensive Debatte über die potentielle Stockacher Westumfahrung beim letzten Runden Tisch Mobilität.
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Stockach. Um das Thema „Stockacher Umgehungsstraße“ erneut in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, lud der Stockacher "Runde Tisch Mobilität" zu einer Diskussionsrunde ein. Rund 30 Interessierte versammelten sich im Umweltzentrum, um den Vortrag des Verkehrsplaners Bernd Rüffer zu verfolgen. Denn dass die großen Hauptverkehrsadern in Stockach durch Abgase und Lärm zu einer erheblichen Belastung der Anwohner führen, dürfte außer Frage stehen und viele Menschen wünschen sich eine Lösung dieses Problems, das in Zukunft ja eher schlimmer als besser werden dürfte.

Rüffer legte jedoch dar, dass die Prognosen zur Entlastungswirkung der Westumfahrung im Bundesverkehrswegeplan offenbar geschönt worden seien. Die Berechnungen zum Nutzen-Kosten-Faktor im Bundesverkehrswegeplan 2030 seien fragwürdig. Sie beruhten auf den Ergebnissen einer Verkehrsuntersuchung durch Modus Consult aus dem Jahr 2017, in der verschiedene Varianten für eine Stockacher Umgehungsstraße untersucht worden waren.

Besonders kritisch bewertete Rüffer die favorisierte Variante 1b, die eine Querverbindung von der B14 zur B313 vorsieht. Der Zeitgewinn für Pkw beträge hier nur zwei Minuten, während Lkw eine Steigung von 7,2 Prozent bewältigen müssten – auf einer zweispurigen Straße, was erneut zu Verkehrsbehinderungen führen würde. Eine dreispurige Straße wäre notwendig, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten, was jedoch in den bisherigen Planungen nicht vorgesehen sei.

Ein virtuelles Modell der geplanten Trasse sorgte für Aufsehen: Die massive Talbrücke am Nellenburger Berg würde nicht nur optisch herausstechen, sondern auch erheblichen Lärm erzeugen. Anwohner entrüsteten sich sowohl über den Anblick als auch über den dadurch entstehenden Verkehrslärm, der nicht geringer sein würde als der Lärm innerhalb der Stadt. Stockacher Tobias Bösing warnte zudem vor einem Imageverlust für die Stadt: "Von wegen ‚Stockach – das Tor zum Bodensee‘. Das wäre dann Geschichte."

Die Realisierung der Umgehungsstraße sei ohnehin nicht vor 2033 zu erwarten, so Rüffer. Mehrere Planungsphasen und Genehmigungsverfahren, gepaart mit möglichen Klagen, würden den Prozess weiter verzögern. Man habe als genügend Zeit, um gegen die weitere Planung vorzugehen.

Hans Steißlinger, Moderator der Veranstaltung und Leiter der BUND-Ortsgruppe Bodman-Ludwigshafen, forderte eine breitere Einbindung der Bevölkerung. "Es kann nicht sein, dass ein Projekt dieser Größe ohne direkte Bürgerbeteiligung entschieden wird." Statt einer Umgehungsstraße schlug er alternative Maßnahmen vor, darunter eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, eine Verlängerung der Ablachtal-Bahn sowie die Einführung von durchgängigem Tempo 30 in der Stadt. Auch Fahrverbote für Lkw zu Stoßzeiten und eine bessere Radinfrastruktur seien denkbare Lösungen.

Die Anwesenden waren sich einig: Die bisherigen Berechnungen zur Ortsumfahrung bedürfen einer kritischen Überprüfung. Steißlinger formulierte es deutlich: "Ohne Transparenz und Ehrlichkeit gefährden wir nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Lebensqualität."

Walter Tancred

Hans W. Steißlinger vom BUND in Bodman-Ludwigshafen und Bernd Rüffer, Verkehrsplaner aus Stockach, leiteten die intensive Debatte über die potentielle Stockacher Westumfahrung beim letzten Runden Tisch Mobilität. | Foto: Walter Tancred
Variante 1b Stockacher Westumfahrung. | Foto: Projektinformationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrswegeplan 2030 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr
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Redaktion aus Singen

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