Regisseur und Schauspieler Ismail Sahin kommt nach Stockach
Ein Leben mit vielen Rollen
Stockach (sw). »Grease«, »Saturday Night Fever« und »Staying Alive«. John Travolta wurde in den 70er Jahren über Nacht zum Superstar. Dann 15 Jahre lang nichts. In der US-amerikanischen »Late Night Show« wird er als »Eintagsfliege« bezeichnet. Das hört Starregisseur Quentin Tarantino und engagiert den Geschmähten für den Kultfilm »Pulp Fiction«. John Travolta ist zurück. Diese Geschichte hat sich Ismail Sahin gemerkt. Der gebürtige Stockacher hat sie während eines Aufenthalts in Los Angeles zur Vervollkommnung seiner Schauspielkarriere von John Travoltas Coach gehört und sich zu Herzen genommen. Der 40-Jährige ist selbst Schauspieler, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, kennt Schaffenskrisen, weiß, damit umzugehen, und hat nun mit seinem Film »Nicht schon wieder Rudi« einen Coup gelandet. Der Streifen läuft am Freitag, 22. April, um 19.30 Uhr im Bürgerhaus »Adler Post« in der Stockacher Oberstadt, und Ismail Sahin ist ab 21 Uhr zum Filmgespräch anwesend.
Er ist ein »Angefressener«. Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann in Konstanz lernte er über ein Stipendium in Italien Bühnenbildner und -beleuchter und schaute sehnsüchtig auf die Schauspieler: Die konnten toben, schreien, leiden, ausrasten, durchdrehen. »Wenn man so etwas im Supermarkt machen würde, würde einen jeder für verrückt halten«, erklärt der in Berlin lebende Ismail Sahin im telefonischen Interview. Für ihn ein Ventil, um Emotionen herauslassen zu können.
Zurück in Deutschland jobbte er ein Jahr lang als Quereinsteiger und Fotofachverkäufer bei Wöhrstein in Singen und besuchte dann vier Jahre lang die Schauspielschule in Köln. Es folgte eine Rolle bei »Gute Zeiten, schlechte Zeiten«. Drei Jahre lang. Von 2002 bis 2005. Dann hörte er auf: »Ich wollte nicht immer die gleiche Rolle spielen, wollte ausprobieren, vieles austesten.« Dann kamen drei Jahre bei den »Fallers«, Auftritte für die »SOKO Leipzig«, »Rote Rosen« oder »Der Landarzt«.
Schauspieler ist Ismail Sahin immer noch. Doch auch Regisseur. Zusammen mit Holger Sorg aus Radolfzell hat er eine Firma gegründet, die, finanziert durch Fördergelder oder Sponsoren, Filme produziert. »Kismet« etwa. Oder eben »Nicht schon wieder Rudi«. Es geht um Demenz. Ein Thema, dem sich Ismail Sahin, der mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Oona Devi Liebich, zwei Kinder hat, auf humorvolle, aber respektvolle Weise nähern wollte. Eine Nachbarin, erzählt er, war daran erkrankt, und er hat nichts gemerkt. Sich ganz normal mit ihr unterhalten. Das war der persönliche Anstoß zu dem Film, der in Nürnberg an Demenz Erkrankten gezeigt wurde. Die Betreuer hatten gewarnt: Wahrscheinlich werden die Patienten nach 20 Minuten den Raum verlassen, denn mehr als maximal 25 Minuten können sie sich nicht auf eine Sache konzentrieren. Doch alle blieben bis zum Schluss.
Für Ismail Sahin ein Zeichen für den Erfolg seiner Arbeit. Dennoch wirkt er bescheiden, liebenswürdig, geerdet. Jeden Sommer kommt er für zwei Wochen im Urlaub nach Stockach, trifft seine Familie und alte Freunde. Auch solche aus der Zeit, als er noch in den Strandbädern von Bodman und Ludwigshafen gejobbt hat. Dann fällt er in den heimischen Dialekt zurück, der einem gepflegten Hochdeutsch gewichen ist. Er sei auf dem Boden geblieben, sagt er über sich selbst. Und erinnert sich an die Geschichte von John Travolta. Und das enge Nebeneinander von Erfolg und Misserfolg.
Am Freitag, 22. April, laufen im Stockacher Bürgerhaus »Adler Post« um 14.30 Uhr »Zoomania«, um 16 Uhr »Bibi und Tina« und um 19.30 Uhr »Nicht schon wieder Rudi«. Zuvor gibt es um 19 Uhr ein kurze Einführung, Regisseur Ismail Sahin ist ab 21 Uhr zum Filmgespräch anwesend.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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