Leserbrief zum Thema Corona-Maßnahmen und Menschenwürde.
Die Würde des Menschen

Leserbrief Grundgesetz Senioren | Foto: swb-Bild: Symbolbild
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Mühlingen. Zum Spannungsfeld zwischen den aktuellen Corona-Maßnahmen und im Grundgesetz verankerter Würde des Menschen hat die WOCHENBLATT-Redaktion folgender Leserbrief erreicht.

»Es gibt nur eine einzige historische Personengruppe, auf die ich als deutscher Staatsbürger richtig stolz bin: auf die Verfasser des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland! Diese weisen Frauen und Männer, hatten eine Fähigkeit, die es heute nicht mehr so häufig gibt: Sie konnten aus den Erfahrungen der Vergangenheit ihre Lehren ziehen.

In der Zeit des Nationalsozialismus lautete die faschistische Maxime: »Du bist nichts, dein Volk ist alles!« Das Kollektiv – man nannte es damals »Volksgemeinschaft« – stand über dem Individuum. Die fürchterlichen Folgen dieser wahnsinnigen Ideologie sind bekannt und führten zur zweiten großen Katastrophe des 20. Jahrhunderts mit Millionen Toten.

Um dies für die Zukunft sicher auszuschließen, haben die Verfasser des GG eine einmalige Verfassung geschaffen, in der die Rechte des Einzelnen immer über den Interessen des Kollektivs stehen. Dies kommt im Artikel 1 des GG zum deutlichen Ausdruck: »Die Würde des Menschen ist unantastbar…«. Dieser Artikel gilt immer, auch in Krisenzeiten! Er gehört zu den wenigen Artikeln des GG, die eine »Ewigkeitsgarantie« haben und daher nie – auch nicht mit Zweidrittel-Mehrheit – geändert oder abgeschafft werden dürfen. Andere Grundrechte können unter strengen Bedingungen eingeschränkt werden (ob die unter Corona stattfindenden Grundrechtsbeschränkungen verfassungsgemäß sind, wurde bereits dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt), die Würde des Menschen aber muss immer unantastbar bleiben.

Gegen diesen Verfassungsgrundsatz wird nun aber durch die Kontaktverbote mit den Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern verstoßen. Jeden Tag sterben in Deutschland ca. 2.500 Menschen, viele davon in Einrichtungen, wo sie, um ihr Leben in Würde beenden zu können, auf Trost, Beistand und Begleitung durch Familie oder enge Freunde angewiesen sind. Wer dies verhindert, handelt nicht nur zutiefst inhuman. Er verstößt auch gegen die Verfassung, denn jeder Mensch hat auch in Zeiten von Corona einen Anspruch auf ein würdevolles Sterben. Die Begründung der Politik, die Kontaktsperre sei notwendig, um die anderen Personen in den Einrichtungen zu schützen, ist ein Scheinargument. Wenn dieses Argument zuträfe, müsste die Sterblichkeitsrate von an Covid-19 erkrankten Menschen, deutlich höher sein als bei den jährlich wiederkehrenden Influenza- bzw. Grippewellen. Dies ist aber nach Auskunft der meisten, auch der Regierung nahe stehenden Virologen, in Deutschland nicht der Fall.

Werden wir also auch in Zukunft bei den jährlich wiederkehrenden Erkrankungswellen, die – wie aus der Vergangenheit bekannt – eine deutlich höhere Mortalitätsrate als bei Corona mit sich bringen können, alte und kranke Menschen über viele Monate hinweg wie Verbrecher wegsperren und sie ohne Beistand ihrer Liebsten würdelos dahinsiechen und sterben lassen?

Seit 2020 scheint dies eine mögliche Horrorvision zu werden. Wem es davor nicht gruselt, hat Geist und Buchstaben des GG nicht verstanden! Denn über allem steht die Maxime: Die Würde des Individuums – auch und besonders die der alten und kranken Menschen – ist unantastbar!«

Michael Christ, Mühlingen

- Marius Lechler

Autor:

Redaktion aus Singen

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