Miteinander von Mensch und Maschine: Albrecht Kamenzin und sein »Frosch«
Dann spürt er nur noch Adrenalin
Orsingen-Nenzingen. »Frosch« nennt er ihn. Nun ja, er ist grün. Aber er ist auch schnittig, fetzig, 320 PS stark, 265 Stundenkilometer schnell, 1.000 Kilogramm schwer. Der BMW 325i E30 ist ein flotter Flitzer, mit dem Albrecht Kamenzin aus Orsingen-Nenzingen bei Stockach 2017 die VFV-GLPpro-Rennserie als Gesamtsieger für sich entschieden hat. »Frosch«? Passt schon. Denn damit drückt der selbstständige Maler- und Lackierermeister seine Verbundenheit mit seinem fahrbaren Untersatz, das Miteinander von Mensch und Maschine, den Spaß an seinem rasanten Hobby aus. Und das mit dem Segen von Ehefrau Gabi Kamenzin, denn sie ist bei jedem Rennen »als gute Fee« dabei, wie sie selbst sagt, und fährt, wenn es das Reglement erlaubt, manchmal auch ein paar Runden mit und genießt die Rennatmosphäre.
Albrecht Kamenzin hat Schmieröl und Benzin im Blut. Als junger Spund ist er Bergrennen gefahren. Dann kamen die Meisterprüfung und die Familiengründung, und da nahm er den Fuß vom Gaspedal. Doch nach seinem 50. Geburtstag wollte er wieder auf die Tube drücken und dachte an eine gemütlich-liebenswerte Isetta, das schnuckelige BMW-Rollermobil. Doch Ehefrau Gabi kannte ihn besser. Sie riet zu Schnellerem – und so schaffte er sich einen BMW 2002 tii an. Auf ihn folgte »Frosch«. Der liegt derzeit auseinandergebaut beim Teammechaniker in der Garage in Tübingen und wird generalüberholt. »Schlecht« fühlt sich Albrecht Kamenzin nach eigenen Angaben beim Gedanken an seinen zerlegten »Frosch«.
Sein einziger Trost: Zum 60. Geburtstag Anfang Dezember bekam er einen »Hans«, eine Frontal-Kopfrückhaltevorrichtung für mehr Sicherheit. Im April wird er den voller Eifer aufsetzen und erneut Gas geben. Und das wohlüberlegt. Denn er fährt Gleichmäßigkeitsrennen für Tourenwagen: Während eines Pflichttrainings werden die Startaufstellung und die Sollzeit, also die schnellste gefahrene Runde, ermittelt. Im 20-minütigen Rennen sollte dann pro Runde die zuvor ermittelte Sollzeit so genau wie möglich erreicht werden. Etwa zwölf Runden werden gefahren – die fünf identischsten werden für die Wertung berücksichtigt. Der Clou dabei: Eine Uhr ist natürlich nicht an Bord. Da muss sich der Fahrer auf sein Fingerspitzengefühl, das konzentrierte Einprägen der Rennstrecke und seine Erfahrung verlassen. »Zwei Sekunden Unterschied sind für uns schon eine Ewigkeit«, erklärt Albrecht Kamenzin. Und schaut ein wenig sehnsüchtig zum Kalender an der Wand mit dem Bild seines grünen Flitzers.
Selbst dieses Bild wirkt energiegeladen. So, als würde das Auto gleich aus der Fotografie herauspreschen. Eine Energie, die es mit seinem Besitzer teilt. Wenn er sein Rennauto mit der Startnummer 675 auf den Anhänger lädt und zur Rennstrecke fährt, so erklärt Albrecht Kamenzin, dann fallen aller Stress, alle Hektik, alle Alltagssorgen von ihm ab. Dann spürt er nur noch das Adrenalin. Einmal hat ihm das allerdings einen Streich gespielt: In Schleitz fuhr er mit seiner Ehefrau als Beifahrerin zunächst einige Runden. Als ein Boxenstopp zum Tanken eingelegt werden musste, stieg sie verabredungsgemäß aus. Und ein Mechaniker zu: »Okay. Wir können«, meinte der neue Co-Pilot. Albrecht Kamenzin gab Gas. Und sah Gabi Kamenzin plötzlich hektisch winkend neben dem Auto herlaufen. Stopp! Und das war gut so. Denn der Mann, der das Auto auftankte, war noch gar nicht fertig – der Benzinkanister hing mit dem Rüssel im Tank. Und am anderen Ende des Kanisters hing der Mann. Eine Story für die langen Winterwochenenden ohne Rennen. Und wieder schaut Albrecht Kamenzin sehnsüchtig zu seinem »Frosch« an der Wand.
Simone Weiß
redaktion@wochenblatt.net
Bildunterschriften:
(51 Glueck Kamenzin Portraet) Benzin und Schmieröl im Blut: Albrecht Kamenzin ist Gesamtsieger der VFV-GLPpro-Rennserie.swb-Bild: www.die-bildgestalter.de
(51 Glueck Kamenzin Frosch oder 51 Glueck Kamenzin Autos) 320 PS stark und 265 Stundenkilometer schnell: Seinen BMW 325i E30 nennt Albrecht Kamenzin liebevoll »Frosch«.swb-Bild: privat
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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