Mehr Sicherheit im kulturellen Austausch
BSZ macht den Abschluss bei Erasmus
Stockach. Eigentlich sollte das internationale Vernetzungsprojekt, gefördert von dem EU-Programm Erasmus+, zwischen den vier Schulen aus Deutschland, Irland, Portugal und Polen mit dem Titel »Combining IT and marketing to help make learning a language fun« bereits im Jahr 2021 sein Ende finden. Doch dem kam die Pandemie in die Quere, deren gegenseitigen Besuche waren bis zum März diesen Jahres unmöglich. Doch am Montag war es endlich soweit und das Berufsschulzentrum (BSZ) Stockach konnte seine europäischen Gäste zum abschließenden vierten Treffen begrüßen.
Erasmus+ dient als Förderprogramm der Stärkung von Bildung, Jugend und Sport in Europa und möchte bewusst den Kontakt zwischen unterschiedlichen EU-Ländern herstellen. Einer der aktuellen Schwerpunkte ist dabei die Digitalisierung - hier kommt dann unter anderem die Stockacher Berufsschule zum Zug.
So hatte sich bereits im Jahr 2015 eine erste Erasmus-Partnerschaft zwischen Polen und Irland gebildet. Nachdem das damalige Projekt beendet war, war für die polnische Projektleiterin Malgorzata Florczyk klar: Es soll weitergehen, mit mehr Partnerschulen! Beide Nationen entschieden sich jeweils für ein weiteres Land, Irland wollte Deutschland mit an Bord holen, Polen entschied sich für eine Schule aus Portugal. Die definitive Auswahl der Schule wurde dann ganz unkonventionell über Google Maps getroffen, so die Lehrerin aus Polen. Dort habe sie nach Schulen gesucht, die der ihren möglichst ähnlich seien und das BSZ Stockach wurde hier als solche auserkoren.
Kurz zuvor brachte Andreas Maier, Abteilungsleiter des Berufskolleg und Wirtschaftsgymnasiums am BSZ, seine Schule auf der Plattform »eTwinning« ein, welche es Schulen innerhalb Europas ermöglicht sich zu präsentieren und Kontakte untereinander herzustellen. Dies ermöglichte Malgorzata Florczyk auf die heutige BSZ-Rektorin Saskia Metzler zuzugehen, wo das Projekt ebenfalls Anklang fand.
2019 ging es dann an die Umsetzung: »Combining IT and marketing to help make learning a language fun«, das Erlernen einer Sprache und die Bereiche Informatik und Marketing zusammenbringen. Entsprechend stand zum einen der sprachliche Austausch im Fokus, wo die Deutsch lernenden Schüler aus Irland explizit unterstützt werden und insbesondere der Gebrauch der Weltsprache Englisch gut gemeinsam geübt werden konnte. Als rahmengebende Aufgabe an jede der vier Schulen wurde zudem eine App entwickelt, in der die eigene Heimatregion touristisch präsentiert und beworben wird. Hier ergänzen sich diese durch ihre verschiedenen Schwerpunkte sehr gut: Während Mayer die Überschneidungen im Profil des Projekts und der beteiligten Klasse WGI11 (jetzt WGI12) des Stockacher Wirtschaftsgymnasiums eher im Bereich Marketing und der Bewerbung der entstandenen App sieht, glänze wiederum die irische Schule eher im Bereich IT: »So profitieren wir von den gegenseitigen Stärken und konnten voneinander einiges lernen.«
Die Diversität der Schulen spiegelt sich dabei auch unter den jeweiligen Koordinatoren für das Projekt wieder. So unterrichtet die Gesamtleiterin der Partnerschaft, Malgorzata Florczyk, an der »Zespół Szkół Economicznych Nr. 1 W Krakowie« in Krakau, Polen Englisch. Caroline Locherer, die seit Oktober 2021 die Koordination für EU-Projekte am BSZ inne hat, nachdem Saskia Metzler das Amt als Rektorin übernahm, unterrichtet ebenfalls Englisch, sowie Spanisch. Als IT-Lehrkräfte mit entsprechendem Fachwissen für das Projekt ergänzen die Lehrerin Brianán Fox der »St. Ciarán's Community School« in Kells, Irland und Paulo Ribeiro von der »Escola Secundário de Loulé« in Loulé, Portugal das koordinierende Quartett.
Auch abseits der Projekte und Präsentationen kam der kulturelle Austausch zwischen den Schülern während den fünf- bis siebentägigen gegenseitigen Besuchen nicht zu kurz. Ursprünglich war geplant, die Besuche von 2019 bis 2021 in regelmäßigen Abständen von etwa 6 Monaten durchzuführen, nun musste das volle Programm in diesem Jahr nachgeholt werden. Den Anfang machte der Trip nach Irland im April, gegen Ende Mai folgte Portugal und vor dem aktuellen Abschluss in Deutschland war Polen noch die vorletzte Destination. Egal ob Müllsammeln am irischen Meer, Surfen im tiefen Süden Europas oder Ende Juni der Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz in Polen, die Schüler hatten dabei viele Gelegenheiten miteinander und mit der jeweiligen Kultur in Kontakt zu kommen. Sehr zur Freude von Andreas Maier hatten sich die jeweils etwa 12-15 Schüler der vier Nationen dabei zunehmend vermischt und waren in ihrer Freizeit immer wieder eigenständig in multinationalen Kleingruppen losgezogen. Bis zum nächsten Besuch standen die Schüler dann jeweils vor der Aufgabe, ihre gewonnenen Eindrücke, Bilder und Videos aufzuarbeiten und beim erneuten Aufeinandertreffen zu präsentieren, so auch am Montagvormittag in Stockach mit Bildern aus Krakau.
Für die Schüler des BSZ war der Umgang mit den »fremden« Nationen zunächst mit Überwindung verbunden. »Aber man kommt schnell rein und die Anderen sind sehr offen«, das habe es ihnen zunehmend leicht gemacht, so Marius Zehnle, einer der Schüler am Wirtschaftsgymnasium. Denn insbesondere die Kommunikation miteinander war zentral bei dem Projekt, das üben zu können habe sie im Umgang mit »fremden Kulturen sicherer gemacht. Aus dem Austausch der Kulturen haben wir auch für uns Einiges mitgenommen«, bestätigt auch sein Mitschüler, Clemens Hirschle.
An der Stockacher Berufsschule wird das Schulprojektquartett - zumindest was den Rahmen unter Erasmus angeht - in dieser Woche seinen Abschluss finden. Gemeinsam besuchen die europäischen Schüler dabei unter anderem die Bodenseewasserversorgung in Sipplingen, das Zeppelin-Museum Friedrichshafen und die Stadt Konstanz. Darüber hinaus wolle man den Kontakt aufrechterhalten und langfristig möglicherweise auch eine offizielle Partnerschaft zwischen den Schulen etablieren.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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